Fußball

2016 das schlechteste Jahr in der Ära von Marcel Koller

David Alaba konnte nach Schlusspfiff schwer enttäuscht nicht rasch genug in der Kabine verschwinden, ging nicht mehr  in die Kurve zum  Fansektor. Teamchef Marcel Koller sah man am Rasen mit seinem Assistenten Thomas Janeschitz Ursachenforschung über die spielerische Pleite beim 0:1 betreiben. ÖFB-Präsident Leo Windtner ging von der Ehrentribüne hinunter auf die Laufbahn, stand vor dem Gang in die Kabinen, ging vier Schritte in Richtung Spielfeld, dann wieder zurück. Schüttelte den Kopf. Ob er überlegte, seinen Urlaub wegen des ausgebrochenen Notstands um die WM-Qualifikation nicht anzutreten? Österreichs  erste Heimniederlage gegen Irland läßt darauf schließen, dass Koller in seiner Ära zum zweiten Mal die WM-Qualifikation nicht schaffen wird, die WM-Teilnahme  1998 in Frankreich Österreichs  letzte bleiben wird. Egal, wie das Spiel gegen die Slowakei am Dienstag, bei dem im Happel-Stadion ein Zuschauerdebakel droht, ausgeht, 2016 wird das bisher  schlechteste Jahr in der Ära des Schweizers.

Je zwei Siege (2:1 gegen Albanien und Malta) und Niederlagen in Länderspielen. In der EURO-Endrunde ein Remis und zwei Niederlagen, danach in der WM-Qualifikation in vier Partien nur Georgien  in Tiflis geschlagen, gegen Wales in Wien zwei Punkte liegen gelassen,  danach in  Serbien und gegen die biederen Iren  keinen geholt. Kollers frühere Jahre waren besser: 2012 in Länderspielen drei Siege, je ein Remis und Niederlage, in der WM-Qualifikation vier  Punkte aus drei Partien. 2013 13 Punkte aus sieben Matches  in der Qualifikation, von drei Länderspielen eines gewonnen, zwei verloren. 2014 erst das letzte Spiel (daheim gegen Brasilien 1:2) verloren, davor 10 Punkte in vier Partien zur Qualifikation, in Länderspielen ein Sieg und zwei Unentschieden. 2015 dann sensationell: In der Qualifikation das Punktemaximum mit 18 aus sechs Spielen, in den zwei Tests ein Unentschieden und eine Niederlage. Das 1:2 gegen die Schweiz konnte die Jubelstimmung nicht  stören.

Jetzt herrscht Katzenjammer. Nach einem Jahr ohne überzeugende Leistung, keiner positiven Entwicklung, nur einer negativen. Ein Rückschritt statt das Niveau von 2015 zu halten oder sogar verbessern. Und da kann man den Teamchef nicht von Schuld freisprechen. Seine Gesten in der Coaching Zone  zeigten gegen  Irland schon nach einer Viertelstunde, was er vermisste:  Mehr  Ballbesitz, Ballstafetten statt sich dem Kampfstil der Iren mit hohen Bällen anzupassen.  Von außen etwas zu korrigieren probierte er erst in den letzten 16 Minuten mit dem  dritten Austausch, als er Linksverteidiger Kevin Wimmer für einen Mittelfeldspieler (Ilsanker) opferte. In der Szene zeigte sich, wie sehr die Hektik schon regierte: Der Beste, Julian Baumgartlinger, übergab seine  gelbe Kapitänsschleife Alaba. Weil er dachte, dass  der Teamchef wegen der  Gelb-Rot-Gefahr nicht seinen Ausschluss riskieren wollte, ihn austauschen wird. Aber Koller tat das, was eigentlich schon zu Beginn der zweiten Hälfte hätte tun müssen.

Nämlich  Wimmer draussen zu lassen. Es geht nicht darum, wegen des Verlusttors den Totetenham-Legionär zum Sündenbock zu machen. Zumal ein Ballverlust an der linken Flanke in Nähe des irischen Strafraums nicht zwingend ein Kontertor über Österreichs rechte Abwehrseite hervorrufen muss. Aber  Koller holte zwei Linksverteidiger (Suttner, Stangl) in sein Aufgebot, überließ diese Position  trotzdem  zum dritten Mal in Serie einem Innenverteidiger. Obwohl dies schon gegen Wales und Serbien mit Wimmer nicht wirklich gut funktionierte. Er auf dieser Position seit dem 2:3 in Serbien nicht mehr spielte, bei Tottenham nur zweimal im Abwehrzentrum zum Einsatz kam. Koller mag an Wimmer festgehalten haben, weil er den körperbetonten britischen Stil kennt. Aber dann hätte er doch in der ersten Hälfte erkennen müssen, dass über die linke Seite viel Raum frei gewesen wäre, die Möglichkeit bestanden hätte, für die Offensive entscheidende Akzente zu setzen.  Der zurückgetretene Kapitän Christian Fuchs hätte das beherrscht, Alaba sicher auch. Er wäre über links  möglicherweise sogar zur spielbestimmenden Figur gewachsen, mehr als im zentralen Mittelfeld. Wie Alabas zwei gefährliche Vorstöße über links im Finish bewiesen. Der zweite sorgte für Österreichs letzte Ausgleichschance.

Der Teamchef  konstatierte nachher, dass es eng wird,man enger zusammenrücken muss. Da hat er recht, aber das wird nicht reichen.  Sechs Siege in sechs Partien, mit denen man sich noch ins Play-off retten kann, sind nur möglich, wenn sich Koller ändert.Bereit ist, wieder für interne Konkurrenz zu sorgen, auf negative Entwicklungen auch personell zu reagieren, statt frühere Verdienste über alles zu stellen. Das muss die Konsequenz aus dem schlechtesten Jahr seiner Ära  sein. Und es muss sich irgend jemand an der Verbandsspitze finden, der ihm das auch offen sagt, ohne es an die große Glocke zu hängen. Egal, ob dass der Präsident oder der Sportchef ist. Es kann keinen  Grund geben, der es rechtfertigt,  mit Guido Burgstaller den Führenden der Torschützenliste der zweiten deutschen Liga einfach zu ignorieren.

Bleibt alles so wie es jetzt ist, dann war West Browmich-Stürmer James Mc Clean der Killer von Österreichs WM-Hoffnugnen. Mit seinem dritten Tor im vierten Qualifikationsspiel. Zuvor traf er  in sieben Minuten zweimal gegen Moldawien in Chisinau, verwandelte so ein 1:1 in ein 3:1. Eigentlich unfassbar, dass diese Iren schon sechs Punkte mehr als Österreich haben. Wie es aussieht, war die  rot-weiß-rote Suche nach einem WM-Quartier in Russland zwar hochprofesionell, aber leider vergebliche Liebemüh.

 

 

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