Die meisten der zwölf Klubvertreter verließen nach achteinhalb Stunden Beratungen fast fluchtartig die Geschäftsstelle der Bundesliga in der Rotenberggasse in Hietzing. Die Dauer der Klubtagung könnte neuer Ligarekord sein. Dem ORF-Interview stellten sich danach nur wenige: Gerhard Stocker, der Präsident der Liga und Chef von Wacker Innsbruck, Ligavorstand Christian Ebenbauer, Rapids AG-Vorstand Christoph Peschek. Stocker (Bild oben) kämpfte von Beginn an darum, es nicht zum großen Krach und Chaos kommen zu lassen. Nach drei Stunden gab es die erste Unterbrechung, mitunter stand alles an der Kippe, bevor man doch noch zu einem gemeinsamen Nenner, zum „Hietzinger Frieden“ kam. „Nach Kampf“ wurden alle Anträge zurückgezogen. Der vom LASK und der Admira nach sofortiger neuer Verteilung der TV-Gelder, bei der die Zuschauerzahlen nicht mehr zählen, Und der von Rapid und Sturm ebenso, nach Ablauf dieser Saison alles zu evaluieren und im Dezember eventuell Änderungen ab der Saison 2020/21 zu beschließen.
Es war ein eigenartiges Szenario das sich da im 13. Wiener Bezirk abspielte. So nobel wie die Gegend war die Gangart im Sitzungssaal nicht. Öfters kamen Klubvertreter aus dem Saal. Um eine Zigarette zu rauchen, dabei den Unmut über die Argumentation und den Tonfall des ein oder anderen Vereins auszudrücken, der sich auf Grund der aktuellen Tabellenlage in einer Machtsituation wähnte. Der LASK war mit Präsident Siegmund Gruber und Ex-Rapid-Anwalt Niklas Belihart gekommen, Sturm Graz mit Präsident Christian Jauk sowie den Geschäftsführern Thomas Tebbich und Günter Kreissl. Austrias Präsident Frank Hensel begleitete AG-Vorstand Markus Kraetschmer zur Bundesliga, für Rapid diskutierte, verhandelte oder stritt außer Peschek noch Vizepräsident Nikolaus Rosenauer als Jurist des Klubs. Eigentlich überraschend, dass am Ende ein Kompromiss zu Stande kam, dem alle, für Salzburg Geschäftsführer Stephan Reiter, zustimmten. Auch dazu, dass er bis zum Ende des TV-Vertrags mit „Sky“ nach der Saison 2021/22 halten soll.
Ob der LASK eine Zweidrittelmehrheit hinter sich gebracht hätte, um alles auf den Kopf zu stellen, war nicht mehr zu eruieren. Hartberg war jedenfalls bei seiner Marschroute, wonach Streit der Liga nichts bringt, geblieben. Wie sieht der von Stocker ausgearbeitete und präsentierte Kompromiss aus? Es bleibt bei den vier Säulen, von denen die Verteilung der TV-Gelder abhängt. Das sind der Sockelbetrag von 30 Prozent für alle Klubs, ebenfalls zu 30 % die sportliche Leitung, zu je 20% die Einsatzminuten österreichischer Spieler und weiterhin die von Gruber, Meister Red Bull Salzburg, Kraetschmer, St.Pölten. Wolfsberg, Mattersburg und Admira bekämpfte Verteilung nach Stadionzuschauern. Was geändert und verringert wurde, ist die sogenannte Spreizung. Bisher durfte der Klub, der am meisten aus den TV-Geldern lukriert, nur 2,3 mal so viel bekommen wie der mit den geringsten Einnahmen aus den TV-Geldern. Dienstag wurde die Zahl auf unter 2,0 gedrückt. Zudem erhält die zweite Liga mehr finanzielle Unterstützung als bisher, nämlich 2,8 Millionen Euro statt 2,3. Da stimmten auch Rapid und Sturm, die dadurch vermutlich das meiste Geld verlieren werden, um des Friedens Willen zu, um die Planungs-und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Sie wählten das geringere Übel, weil sie offenbar durchgerechnet hatten, damit leben zu können. Wie viel ihnen das im Vergleich zum bisherigen Modell genau kostet, wird man erst am Saisonende wissen.
Wer Skepsis zeigte dass der „Hietzinger Frieden“ wirklich bis 2022 halten wird tut dies auf Grund der letzten Vorkommnisse nicht zu Unrecht. Abwarten, wie rasch wieder aus Linz oder der Südstadt wieder der Antrag auf eine Klubtagung kommt. Der größte Verlierer dieser unnötigen Debatten der letzten Monate in Sachen TV-Gelder steht außer Diskussion: Die Liga und ihr Image. Stocker versuchte es natürlich,positiv zu sehen: „Die Liga hat bewiesen, genug Stärke zu haben, um Konflikte selbst lösen zu können.“