Fußball

Als Absteiger zu Iniesta nach Japan: Wie schafft das Thorsten Fink?

Ende Mai bekam Peter Stöger in Wien Besuch aus Hamburg. Ralf Becker, der Sportchef des Hamburger SV, war zu ihm geflogen, um über den Trainerjob beim norddeutschen Traditionsklub, der nach dem verpassten Aufstieg in die Bundesliga Handlungsbedarf  hatte, zu verhandeln. Für Stöger sprach, dass er nach dem Meistertitel mit Austria 2013 den 1.FC Köln aus der zweiten Liga in  drei Saisonen bis in die Europa League geführt, danach Borussia Dortmund in fünf Monaten von Platz acht in die Champions League gebracht hatte. Es sah  auch gut aus, ehe über Nacht überraschend Becker seinen Platz räumen musste. Zum Programm seines Nachfolgers Jonas Boldt gehörte als Trainer Dieter Hecking, den Mönchengladbach trotz Europa League-Qualifikation und laufendem Vertrag nicht mehr haben wollte, Salzburgs Meistermacher Marco Rose den Vorzug gab.

Also wird Stöger auch die neue Saison in Wartestellung beginnen. Ausser es ergibt sich noch etwas in Englands Championship, der zweiten Liga. Da vertraut er seinem Berater Andreas Sadlo von der Agentur Arena 11, der ihm vor sechs Jahren den Wechsel nach Köln ermöglicht hatte. Ein anderer Trainer mit violetter Vergangenheit fand letzte Woche einen neuen Job,obwohl seine Referenzen nicht die besten sind: Thorsten Fink fand als Absteiger mit Grasshoppers Zürich trainiert künftig drei Weltmeister. Die Spanier Andres Iniesta und David Villa sowie den Deutschen Lukas Podolski. In Japans J-League bei Vissel Kobe. Nach 14 Runden nur auf Rang 13 unter achtzehn Klubs, 19 Punkte weniger als Tabellenführer  FC Tokyo. Auf den Fink bei seinem Einstand am nächsten Sonntag treffen wird.

Fink vertraut der deutschen Agentur Inteamsports, die dem ehemaligen Teamspieler Marko Rehmer gehört. Ob Rehmer schon bei der WM 2002 in Japan und Südkorea, bei der als Verteidiger zum Kader von Vizeweltmeister Deutschland gehörte, begann, Kontakte in die J-League zu knüpfen? Es ist jedenfalls sehr bemerkenswert, wie schnell Fink stets neue Klubs findet. Seine beste Zeit hatte der ehemalige Co-Trainer von Giovanni Trapattoni bei Red Bull Salzburg (2007) von 2009 bis 2011 in der Schweiz beim FC Basel mit Double und Champions League. Bei allen folgenden Stationen musste er stets vorzeitig gehen. Beim Hamburger SV, in den vier Minuten auf Zypern bei Apoel Nikosia zwei Runden vor Schluss als Tabellenführer, danach in Wien bei Austria. Erste Saison Platz drei, in der zweite Vizemeister. Der danach ausgerufene Angriff auf Salzburg endete mit einem veritablen Bauchfleck und dem blauen Brief am 25. Februar 2018. Acht Wochen später, am 23. April, heuerte er bei Grasshoppers Zürich an (Bild oben). Sein Image in der Schweiz ist seit Basel-Zeiten gut. Beim Schweizer Rekordmeister, der ihn holte, weil er in Abstiegsgefahr war, schaffte er noch knapp die Rettung. Aber heuer war mit der roten Laterne als Letzter am 4.März Schluss. Die Pause dauerte nur drei Monate. Sensationell, wie das Fink schafft, Künftig trainiert er statt Raphael Holzhauser und Marco Djuricin große Namen wie  Iniesta und Podolski. Da könnte auch sein Assistent bei Vissel Kobe, Masaki Morass, seine Hände gespielt hat. Der spricht perfekt deutsch,und portugiesisch,  betreibt in Innsbruck die Firma Japan Tyrol Connection, trainierte  zuletzt die Damen von Wacker Innsbruck. Morass war daran beteiligt, das seinerzeit die Honda-Dynastie in Horn einstieg und dort von der Champions League träumte. Fink und Morass kennen sich aus der Red Bull-Zeit: 2007 arbeitete Morass als Übersetzer für die Legionäre.

Fink ist in Japans J-League  einer von sieben ausländischen Trainern. Zwei kommen aus Spanien, je einer aus Schweden, Australien, Südkorea  und -Österreich. Als Österreicher gilt der gebürtige Serbe Michael Petrovic wegen seiner Zeit bei Sturm Graz als Spieler (1985-1993) und Trainer (2003-2006). Mit Consadore Sapporo liegt der 61jährige derzeit auf Platz sieben. Den Sprung nach Japan hatte  Petrovi vor 13 Jahren dem damaligen japanischen Teamchef, Sturms Jahrhunderttrainer Ivica Osim, zu verdanken. Sechs Jahre war Petrovic bei Sanfrecce Hiroshima, fünf bei den Urawa Red Diamonds. Den Klub aus der Olympiastadt Sapporo trainiert er die zweite Saison. Ob Fink auch ähnlich lange wie Petrovic in Japan bleiben wird? Bei seinem „Vorleben“ wäre das eine Sensation. Bisher dauerte seine Amtszeit bei einem Klub im Durchschnitt nämlich nur 1,45 Jahre.

Foto: © Grasshoppers Zürich .

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