Fußball

Am Beispiel Dragovic: Was er zum Horror-Abend sagt

Dienstag-Torparty in der Champions League. Sowohl in Manchester als auch in Leverkusen. 14 Tore  in beiden Partien. Acht beim 5:3 von Manchester City im Wahnsinnsspiel gegen Frankreichs Tabellenführer Monaco, sechs bei Leverkusens 2:4-Heimpleite gegen Atletico Madrid, die praktisch wieder den Abschied im Achtelfinale bedeutet. Allerdings entstand die Torflut sowohl auf der Insel als auch in Leverkusen durch einen Horror-Abend für Defensivspieler. Citys Trainerguru Pep Guardiola stand bei den Schnitzern seiner Innenverteidiger aus Argentinien und England, Nicolas Otamendi und John Stones, ebenso das Entsetzen ins Gesicht geschrieben wie Kollegen Leonardo Jardim bei den Patzern des Italieners Andrea Raggi und des Polen Kamil Glik. Dazu sahen die Torhüter, der Argentinier Willy Caballero sowie Kroatiens Teamkeeper Daniel Subasic alles andere als gut aus. So entstand der irre Schlagabtausch: 1:0, 1:1, 1:2 zur Pause. Dann vergab Monacos Stürmerstar Falcao einen Elfmeter, folgte das 2:2, hieß es nach Falcaos Superheber, seinem zweiten Tor, vor dem er Citys 22jährigen  56 Millionen-Kauf Stones wie einen Anfänger stehen ließ 2:3, ehe Manchester dreimal traf. Das 4:3 gelang ausgerechnet Stones.Da flippte Guardiola aus.

In Leverkusen blieb fast alles an Aleksandar Dragovic hängen. Zwei der vier Tore verschuldet, bei einem nicht gut ausgesehen und das alles im Österreicher-Rekordspiel: Auf 72 Europacupeinsätze wie er kam bisher kein anderer Fußballer aus der Alpenrepublik. Diesen Abend, auf den er sich so freute, hätte er sich im Nachhinein gesehen, liebend gerne erspart. Wer den Ehrgeiz von Dragovic kennt, weiß, dass er jetzt als sein schärfster Kritiker einige Tage praktisch unansprechbar sein, sich mit Selbstvorwürfen noch mehr geisseln wird. Eine Negativstimmung ähnlich der nach Österreichs k.o. bei der Europameisterschaft in Paris nach dem 1:2 gegen Island, als Dragovic  einen Elfmeter vergeben hatte

Schon zur Pause urteilte auf Sky der frühere Torjäger von Leverkusen, der Holländer Erik Meijer: „Tut mir leid für den Jungen. Aber das ist ein Abend, an dem er besser nicht Fußball gespielt hätte.“ Jener Meijer, der letzten September nach Leverkusens 1:1 beim zweiten Gruppenspiel in Monaco Österreichs Teamkapitän Julian Baumgartlinger total unsachlich durch den Kakao gezogen hatte. Dienstag stellte Meijer fest, dass Dragovic  den perfekten Schlenzer von Saul zum 0:1 nicht verhindern konnte, den Ball sogar noch leicht abfälschte, aber die schwereren Fehler schon zuvor passierten. Beim 0:2 lud Dragovic doppelte Schuld auf sich: Mit einem Querschläger im Mittelfeld leitete er den Konter ein, dann attackierte er  gemeinsam mit Kapitän Toprak den Franzosen Gameiro, verlor Griezmann total aus den Augen. Dragovic und Toprak  konnten Gameiros perfekten Assist für Griezmann nicht verhindern.

Der kapitale Dragovic-Bock in der zweiten Hälfte passierte  bei 1:2, als Leverkusen begann, auf den Ausgleich zu drängen: Ein Elferfoul an Gameiro, als er außerhalb des Strafraums begann, ihn zurückzuhalten, aber zu spät losließ. Gameiro verwandelte den Penalty selbst. Die Schuld am vierten Atletico-Tor zum Endstand musste Toprak, der andere  Innenverteidiger, auf sich nehmen, weil er Torres sträflich allein ließ.

In „Bild“ gab´s für Dragovic und den Ex-Salzburger Kevin Kampl die schlechteste Note. Sechs  bedeutet: Er hat das Geld nicht verdient. Und natürlich wurden die 18 Millionen, die Leverkusen an Dynamo Kiew für Dragovic zahlte, erwähnt. Fair und korrekt verhielt sich Trainer Roger Schmidt. Der nannte zu viele Eigenfehler als Grund für die  bittere Niederlage: „Aber die können passieren. Atletico hat leider so glänzende Spieler, die das abgezockt ausnützen.“ Ein Austausch von Dragovic gegen den Kroaten Jedvaj zur Pause oder nach dem Elfmeter sei für ihn nie ein Thema gewesen: „Wir dürfen das alles nicht an Drago festmachen“.

Der meldete sich rund 19 Stunden nach dem Schlusspfiff, redete über den Horror-Abend: „Bitter es so zu vergeigen. Es tut mir wirklich leid. Für den Verein, die Mannschaft und die Fans“. Den Spott in den sozialen Medien bekam er mit, aber er weiß: „Den Kopf in den Sand stecken, bringt nichts. Man muss wieder aufstehen und nach vorne schauen.“ Eine Erklärung dafür, warum praktisch alles daneben ging, wusste er nicht: „Ich fühlte mich vorher gut. Jetzt muss ich alles selbstkritisch analysieren, aufarbeiten und es künftig besser machen.“

 

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