Fußball

Auf Stinkefinger folgte Stanis glückliches Händchen: Putin rief an

Es gab noch keine Eröffungsfeier bei einer Fußball-WM, bei der ein Popstar den Stinkefinger in die TV-Kameras zeigte. Im Luschniki-Stadion von Moskau war es Donnerstag so weit. Da sorgte Robbie Williams für die unübersehbare Premiere und für langes Rätseln, wen er damit meinte. Es waren die Kritiken in seiner englischen Heimat, die ihn wegen des Auftritts vor Wladimir Putin, der von einem Feiertag des Weltsports sprach, verurteilten. Das Verhältnis zwischen England und Russland gilt derzeit als sehr gespannt. Putin konnte nicht nur mit der Eröffnungsshow zufrieden sein, sondern auch mit dem Eröffnungsspiel: Er sah neben FIFA-Präsident Gianni Infantino am Ende lächelnd den ersten russischen Sieg bei einer WM seit 16 Jahren, seit dem 2:0 gegen Tunesien am 5.Juni 2002 im japanischen Kobe. Damals sass Teamchef Stanislaw Tschertschessow als Ersatzkeeper mit der Nummer 12 auf der Ersatzbank. Es war für den russischen Nationalstolz ein viel zu langes Warten auf einen WM-Sieg. Der  fiel mit 5:0 (2:0) gegen Saudiarabien  höher aus, als vorher alle glaubten. Seit es ein offizielles WM-Eröffnungsspiel gibt, seit 1966, schoss noch keine Mannschaft dabei fünf Tore. Deutschland kam 2006 in München gegen Costa Rica auf vier, Brasilien vor vier Jahren in Rio de Janeiro gegen Kroatien auf drei. Einen höheren Sieg im ersten Match einer Weltmeisterschaft gab es zuletzt vor 84 Jahren bei Italiens 7:1 gegen die USA.

Für das erste WM-Tor sofrgte Mittelfeldspieler Yuri Gazinsky vo Krasnodar per Kopf. Nach dem 3:0 sah man  Tschertschessow mit erhobenen Händen, geballten Fäusten, Blick zur Tribüne jubeln. Als der Torschütze Arytom Dzyuba zu ihm lief, salutierte „Stani. Er reagierte auf die sieben Spiele ohne Sieg vor der WM als Teamchef ebenso mit stoischer Ruhe wie früher im Tor des russischen Teams, bei Dynamo Dresden oder beim FC Tirol: „Wir haben uns gezielt auf diesen Tag vorbereitet, es hat gepasst. Aber das Turnier geht weiter“ meinte er ganz gelassen vor den ARD-Kameras. Zu Wünschen wäre es ihm, dass er auch weiterhin so viel Glück mit seinen Jokern hat; Denis Cheryshev von FC Villarreal, einer von zwei Legionären im WM-Kader, musste den als Regisseur eingeplanten Alan Dzagoev schon nach 24 Minuten ersetzen. Für Dzagoev könnte mit einem Muskelfaserriss die WM schon vorbei sein. Linksfuss Cheryshev erzielte das 2:0 und 4:0. Dzyuba köpfelte wenig Minuten, nach dem er für den russischen Schützenkönig Fedor Smolov gekommen war, das 3:0. Aber Saudiarabien war viel zu schwach, um ein gültiger Gradmesser für die wahre russische Stärke zu sein. Das wird der nächste Gegner Ägypten eher sein. Zu dem Match nach St. Petersburg lud Tschertschessow seinen Tiroler Freund Ralph Schader ein, der ihm bei der Organisation des WM-Trainingslagers im Stubaital geholfen hatte.

Von gespannter Stimmung wie in den Tagen des Trainingslager (Bild oben) war nach dem 5:0 keine Rede mehr. 81.000 Zuschauer skandierten „Malatzi, Malatzi“. Das bedeutet Prachtkerle. Tschertschessow musste vor Beginn der Pressekonferenz kurz den Raum verlassen. Denn Putin rief höchstpersönlich an, versicherte dem Teamchef, sehr zufrieden zu sein. Und bat ihn, der Mannschaft in seinem Namen zu gratulieren. Tschertschessow versprach, dies zu tun: „Ich arbeite gerne mit diesen Burschen.“ Möglicherweise entscheidet die Tordifferenz über den ersten russischen Aufstieg ins WM-Achtelfinale. Dafür tat das Tschertschessow-Team bei der Eröffnung einiges.

Meist gelesen

Nach oben