Peter Stöger, jetzt Sportvorstand bei der Wiener Austria, führte den 1.FC Köln in vier Saisonen von der zweiten Liga bis in den Europacup, Borussia Dortmund in sechs Monaten von Rang acht in die Champions League. Adi Hütter und Oliver Glasner machen derzeit bei Eintracht Frankfurt und Wolfsburg einen sehr guten Job. Trainer aus Österreich haben in Deutschland einen guten Ruf, jetzt betritt ein neuer die Profiszene: Rolf Landerl (Bild oben) mit dem Traditionsklub Vfb Lübeck, der am 1. Juni seinen 101. Geburtstag feierte, als Aufsteiger in die dritte Liga. Am 1. Juli 2016 hatte Landerl nach drei Trainerjahren bei den Admira-Amateuren im Norden Deutschlands angeheuert. Dorthin hatte er seit einer Spielerzeit (2009 bis 2011) Kontakte. Vier Jahre lang war er in Legionärszeiten nie bei einem Klub geblieben. Aus der ist sein einziges Länderspiel vor 18 Jahren und der Crash mit dem deutschen Jungstar Sebastian Deisler bei Österreichs 2:6 in Erinnerung bleiben. Das schwarze Teamleiberl aus Leverkusen hat sich Landerl bis heute aufgehoben.
Aus 14 Jahren als Legionär, in denen mancher Wechsel notgedrungen, wie etwa wegen Konkursen erfolgte, nahm er sich einiges für die Laufbahn als Trainer mit. Von Österreichs Ex-Teamchef Karel Brückner bei Inter Bratislava dessen Ruhe, „obwohl er innerlich schäumte“, von Hollands späterem Vizeweltmeister Teamchef Bert van Marwijk bei Groningen dessen Konsequenz, von Wim van Hanegem in der Meistersaison bei Alkmaar, wie zielgerichtet er war. Aus dieser Zeit blieben ihm zudem viele Gespräche mit van Hanegem über dessen große Zeit bei Feyenoord mit zwei Wienern, Trainerguru Ernst Happel und Nebenspieler Franz Hasil, in Erinnerung. In Portugal bei Penafiel imponierte ihm wie souverän Luis Castro die Mannschaft führte. Aktuell ist Castro bei Ukraine-Meister Schachtjor Donezk. Von solchen Leuten lässt sich schon einiges mitnehmen oder lernen. Auch von seinen Trainern in Österreich: Der Däne Lars Söndergaard beim GAK, Ernst Baumeister und Hubert Baumgartner bei Admira.
Der gebürtige Wiener Landerl, inzwischen 44 Jahe alt, trat in Lübeck mit einem Vierjahresplan an. Zwei Saisonen zur Entwicklung eines eigenen Spielstils, zwei Saisonen um aufzusteigen. 2019 hatten dazu drei Punkte gefehlt, ein Jahr später klappte es. Offiziell am grünen Tisch wegen des Abbruchs der Saison nach Corona. Aber zu dem Zeitpunkt führte Lübeck mit fünf Punkten Vorsprung auf die zweite Mannschaft von Wolfsburg. Als Landerl begann, lag der Zuschauerschnitt im Stadion an der Lohmühle bei 1500, inzwischen bei 3500. Lübeck ist eine Stadt mit 220.000 Einwohner, 65 Kilometer südwestlich von Hamburg. Ein Ausrufezeichen gab es bereits im Jänner, als Landerls Mannschaft in einem Testspiel den Hamburger SV mit 5:2 abfertigte, kein Luft zum Atmen ließ. Zu seinen Spielern gehört Patrick Hobsch, dessen Vater Bernd Torjäger bei Werder Bremen war, 1993 mit Andi Herzog in Otto Rehhagels Meistermannschaft gespielt hatte.
Auf die Drittligasaison bereitete er sich letzte Woche in Kärnten vor. Radtouren auf dem Berg sind für ihn etwas ähnliches wie für andere Yoga. Um den Kopf frei für klare Gedanken und Visionen zu bekommen. Fußball geht eben nicht aus dem Kopf, jetzt hat er das Ziel nach dem Ziel im Auge. Das heißt Klassenerhalt. Mit Walter Franta hilft ihm ein Landsmann als Tormanntrainer dabei, ein Bekannter aus Admira-Zeiten. Lübecks Gegner werden Traditionsmannschaften wie Eintracht Braunschweig, Kaiserslautern und Magdeburg sein, Klubs mit Bundesligavergangeneit wie 1860 München, Hansa Rostock oder Uerdingen, wahrscheinlich nicht mehr Duisburg und Waldhof Mannheim, die auf Aufstiegskurs sind. Alle sind auch Erinnerungen an Landerls Jugendzeit, als er sie in Wien fast jeden Samstag daheim vor dem TV-Schirm in der ARD-Sportschau verfolgt hatte: „Auf Lübeck und mich wartet eine riesige Herausforderung“. Für die er sich gerüstet fühlt. Lübeck hat dafür ein Budget von 4,5 Millionen Euro, etwa so viel wie etwa Hartberg in Österreichs Bundesliga. Die Saison 2020/21 soll für Landerl der Start in die große Trainerwelt sein, die Rückkehr nach Österreich hat keine Priorität. Landerl nimmt sich das Beispiel eines Landsmanns quasi zum Vorbild: Ralph Hasenhüttl begann 2007 ebenfalls in der dritten Liga, bei Unterhaching. Elf Jahre später schaffte er den Sprung in Englands Premier League zu Southampton, zwei später bekam er von den „Saints“ einen Vertrag bis 2024.