Fußball

Bei Marcel Kollers Ende ging es auch um den Sportdirektor

„Knall bei unsren Nachbarn“ titelte der Schweizer  „Blick“ zum Ende von Marcel Kollers Teamchefära in Österreich nach sechs Jahren mit Ende Dezember. Und schrieb, der Entscheidung des ÖFB-Präsidiums  am Freitag in Gmunden sei ein Riesenkrach vorangegangen. Präsident Leo Windtner sprach auch von einer intensiven Sitzung, die länger als erwartet dauerte. Die Pressekonferenz, auf der Windtner die mehrheitliche Entscheidung des Präsidiums, Kollers auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern, verkündete, begann fast mit zweieinhalb Stunden Verspätung. Windtner fand bei seinen leisen Versuchen, nochmals für Koller Stimmung zu machen, zu wenig Mitstreiter, keine Mehrheit. Da ließen einige Landeschefs Windtner die geänderten Machtverhältnisse, die seit seiner Wiederwahl im Juni herrschen, spüren.

In Wahrheit ging es aber nicht nur um Koller, sondern auch um dessen Vorgesetzten, den Sportdirektor. Für Willi Ruttensteiner muss es schon ein Alarmzeichen gewesen sein,  als ÖFB-Angestellter bei der Debatte des Präsidiums nicht im Raum gewesen zu sein. Er musste ihn zuvor verlassen  Das traf mit Ausnahme des Schriftführers (Thomas Hollerer) auch alle anderen.  Ruttensteiner sass mehr als drei Stunden vor verschlossenen Türen, wurde nur einmal zu einer Befragung hineingebeten. Wie man aus Ligakreisen hörte, stellten einige die Frage, warum man nur im Teamchef den Schuldigen an der Talfahrt seit eineinhalb Jahren sehen sollte, ob nicht auch der Sportdirektor  daran ein gerüttelt Maß an Schuld trägt. Ruttensteiner soll zwar noch in einer fundierten Analyse ein neues Anforderungsprofil für Kollers Nachfolger erstellen, zugleich darlegen, wie der „Turnaround geschafft werden kann“. So stand es in der offiziellen ÖFB-Aussendung.  Ob er  danach die Kandidaten aussuchen kann, ist nicht mehr so gewiss. Die Front gegen Ruttensteiner war ziemlich breit. Mit ein Grund, warum auch kein Wort über Nachfolgekandidaten für Koller geredet wurde. Denn mit denen soll ja der Sportdirektor die ersten Sondierungsgespräche führen. Aber der wackelt derzeit. Viel wird darauf ankommen, wie stark sich Windtner in den nächsten Wochen für Ruttensteiner macht.

Im Oktober tagt das Präsidium nach den letzten zwei Qualifikationsspielen gegen Serbien und Moldawien erneut. Geplant ist derzeit, dass Koller auch im November beim Freundschaftsspiel gegen Uruguay, das wohl nicht im Wiener Happel-Stadion stattfinden wird, auf der Bank sitzen soll. Ausser der Schweizer will das selbst nicht mehr, dann spart der Verband sein Gehalt. Die Landespräsidenten versuchten Windtner davon zu überzeugen, das für November gelante Trainingslager des Teams im Süden Europas wegen Sinnlosigkeit abzusagen. Die Entscheidung ist noch nicht gefallen. Sieht man von Kollers Ende ab, blieb  vieles noch in Schwebe. Ausser Diskussion steht, dass der neue Teamchef billiger als sein Vorgänger Koller sein soll. Das betrifft nicht nur  das Gehalt. Es sollen auch Kosten gespart werden, indem das Betreuerteam künftig nicht mehr so groß wie derzeit sein darf. Das heißt: Vieles rund um das Team wird 2018  anders aufgestellt sein.

Zweieinhalb Stunden nach Koller Ende eroberte ein Teamspieler erstmals die Tabellenspitze in der deutschen Bundesliga. Martin Harnik sprang mit Aufsteiger Hannover 96 durch ein 2:0 gegen den Hamburger SV auf Platz eins, bleibt dort erstmals seit 48 Jahren zumindest bis Sonntag.  Harnik erzielte mit einem dritten Saisontreffer die Führung, spitzelte den Ball über die Linie. Tore gegen den Klub aus seiner Geburtsstadt zu schießen, freute Harnik schon zu seinen Stuttgarter Zeiten besonders.

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