Vor sechs Jahren war Philipp Hosiner mit 32 Toren bei Austrias letztem Meistertitel unter Peter Stöger Schützenkönig der Bundesliga und Hoffenheim vier Millionen Euro wert. Der violette AG-Vorstand Markus Kraetschmer und Sportchef Thomas Parits beharrten damals auf fünf Millionen Ablöse, wehalb der Transfer platzte. Montag war Sturm Graz froh, für den inzwischen 30jährigen Hosiner mit Chemnitz, dem Vorletzten der dritten deutschen Liga einen Abnehmer gefunden zu haben. Das ging sich wohl ohne Abfertigung für den Burgenländer, dessen Vertrag noch bis 2021 lief, nicht ganz aus.
In den letzten sechs Jahren lief für Hosiner fast alles verkehrt, wobei zweimal Riesenpech dabei war. 2014 hatte der Wechsel ins Ausland doch geklappt, wenn auch nicht mehr in die Bundesliga, sondern nach Frankreich zu Rennes. Dort kam er nicht zurecht. Im Winter 2015 hätte Stöger Hosiner nach Köln geholt. Doch beim medizinischen Check stellte man einen Tumor an der Niere fest. Die musste entfernt werden. Köln holte Hosiner mit einem halben Jahr Verspätung auf Leihbasis. Doch es klappte nicht so, wie es sich Stöger und wohl auch Hosiner vorstellten. Kein Vergleich zu Austria-Zeiten. Im Sommer 2016 tat sich eine Tür beim damaligen Zweitligisten Union Berlin auf. Weil der Sportchef Helmut Schulte hieß und der ins einer Rapid-Zeit 2013 Hosiners Torjägerqualitäten kennengelernt hatte. Die kamen jedoch auch bei den „Eisernen“ in der Alten Försterei nicht mehr so richtig zum Vorschein. Zudem musste Hosiner einen Lungeninfarkt verkraften. Er traf in zwei Jahren nur achtmal bei 47 Einsätzen.
Als bei Sturm Graz im Sommer 2018 Handlungsbedarf in Sachen Stürmer bestand; weil Torjäger Deni Alar die Ausstiegsklausel nützte, zu Rapid wechselte, erinnerte sich Sportchef Günter Kreissl an Hosiner. Acht Monate später kommunizierte Sturms Trainer Roman Mählich, dass Hosiner keine Zukunft in Graz habe, trotz laufendem Vertrag wechseln soll. Mählichs Nachfolger Nestor el Maestro sah es nicht viel anders. Daher Chemnitz. Wohl der tiefste Fall in der Karriere des fünffachen Teamstürmers Hosiner.
Nicht nur, dass Chemnitz insolvent ist, vom Masseverwalter Klaus Siemon, einem Kölner Rechtsanwalt, geführt wird, der im August eine Insolvenz innerhalb der Insolvenz anmeldete. Die Profimannschaft agiert unter dem Dach einer ausgegliederten Kapitalgesellschaft. Ein Konstrukt auf sehr wackligen Beinen. Es gibt dort massive Probleme mit rechtsradikalen Fans. Kapitän Daniel Frahn wurde wegen Verbindungen zu dieser Szene gekündigt. Der Geschäftsführer musste deshalb rassistische Beleidigungen mit antisemitischen Tönen über sich ergehen lassen. Das ist der ehemalige Rapid-Legionär Thomas Sobotzik. In dieser Umgebung soll Hosiner nochmals aufblühen? Kann man sich eigentlich nicht vorstellen. Rieds Trainer Gerald Baumgartner wollte Hosiner haben. Sieht fast so aus, als wäre das die vernünftigere Lösung für ihn gewesen.
Sturm Graz trennte sich von Hosiner, holte zuvor einen U20-Teamspieler aus Mali namens Dante Amadou, um ihn bis Saisonende an den steirischen Lokalrivalen Hartberg zu verleihen. Dort soll der Linksverteidiger Spielpraxis bekommen. Die anderen zwei Neuen, die Sturm Montag unter Vertrag nahm, bleiben hingegen in Graz. Der Jubel über den Bulgaren Kiril Despodinov als neue Offensivwaffe ist groß. Da hatte el Maestro die Hände im Spiel, da der 22jährige im Herbst 2018 bei ZSKA Sofia zu seinen Spielern gehört hatte. Da war Despodinov Bulgariens Fußballer des Jahres. Kreissl schwärmt bereits von dessen Dynamik und Scorerqulitäten. Letzten Jänner übersiedelte die neue Sturm.Hoffnung in Italiens Serie A zu Cagliari. Dort blieb er allerdings nur ein Mitläufer. Sonst wäre er nicht an Sturm verliehen worden.
Der zweite Last Minute-Neue der Grazer hat auch eine Italien-Vergangenheit: Der 24jährige Ghanaer Isaac Donkor wurde im Nachwuchs von Inter Mailand ausgebildet, kennt von dort Sturm-Kapitän Lukas Spendlhofer. Danach spielte der Offensiv-Allrounder bei Cesena, Bari und Avellino, zuletzt in Rumänien bei Craiova. Für Kreissl bringt er genau das Profi mit, das Sturm nach den Abgängen von Dario Maresic und Markus Lackner in der Defensive fehlte.