Fußball

Das Uruguay-Rätsel der Austria: Franz Wohlfahrt setzt sich zur Wehr

Endlich daheim ein positives Resultat erzielen, gemeinsam ans Limit gehen, den Eindruck aus der Welt schaffen, dass die Spieler nicht alles für die Austria geben. Das sind Worte von Trainer Christian Ilzer für das Heimspiel gegen Altach am Sonntag Nachmittag: „Jeder noch so kleine Erfolg bringt uns weiter“, weiß der Steirer, der für Kritik Verständnis hat, aber zugleich überzeugt ist, dass es nichts hilft, jede Woche wieder alles über Bord zu werfen. Aber dennoch drängt sich eine Ursachenforschung auf, warum es  bei Violett so weit kommen konnte, dass man der realistischen Gefahr ins Auge sehen muss, nach 22 Runden nicht unter den ersten sechs zu stehen, im Frühjahr nicht in der Meisterrunde zu spielen. Da stößt man auf einige Details, die nicht nachvollziehbar sind. Etwa auf zwei vermeintliche Roh-Diamanten aus Uruguay, die nie zum Glänzen kamen, sondern bisher nur Geld kosteten.

Facundo Perdomo und Lucas Ribeiro sind die Namen. Der jetzt 20jährige Mittelfeldspieler Facundo kostete 2017 laut dem Internetportal Transfermarkt 110.000 Euro Ablöse, bekam einen Vertrag bis 2022. Ein Jahr später folgte Mittelstürmer Lucas Ribeiro. Sie wurden in der Akademie getestet, bekamen ein glänzendes Zeugnis von Akademie-Leiter Ralf Muhr, jetzt Sportchef. Ihre Einsätze bisher? Bei Perdomo zwei Spiele in der U 18 und drei bei den Young Violets, bei Ribeiro drei in der zweiten Mannschaft. Wer glaubt, dass die Südamerikaner um  das selbe Geld spielen wie die anderen violetten Jungprofis bei ihren ersten Verträgen, der ist ein Träumer. Die Flops Perdomo und Ribeiro verursachen garantiert mehr Kosten. Beide kamen in der Ära von Sportchef Franz Wohlfahrt, die von 16.  Jänner 2015 bis 12.Juni 2018 dauerte, in der die Austria Dritter und Zweiter war, zweimal in de Gruppenphase der Europa League spielte, das Cupfinale gegen Salzburg erst in der Verlängerung verlor. Hat also Wohlfahrt seinen Anteil an einer der größten Krisen der violetten Vereinsgeschichte? Wer das den mittlerweile 55jährigen ehemaligen Klassetormann fragt, der macht ihn wütend: „Ich lass´mich nicht für Dinge verantwortlich machen, die nicht auf meinem Mist gewachsen sind. Da muss ich mich entschieden verteidigen, da geht´s um meinen Ruf!“ Dass die Talfahrt unter ihm im Herbst 2017 begann, gibt er zu, sagt aber: „Nicht vergessen, wir hatten damals zehn Verletzte, Das war nicht wegzustecken.“ Aber Austria habe in eineinhalb Jahren damals, von Sommer 2016 bis Jänner 2018, brutto 18 Millionen eingenommen. Durch die Europa League und die Verkäufe von Larry Kayode an die Organisation von Manchester City, Petar Filipovic an Konyaspor und Jens Stryger Larsen an Udinese.

Er setzt sich zur Wehr. Gibt zu, dass es sein Fehler war, nicht beim Test der vermeintlichen Jungstar aus Uruguay anwesend gewesen zu sein, eile er für den Klub unterwegs war. Aber er versichert, dass in diesen dreieinhalb Jahren, in denen er 14 Hoffnungen aus der eigenen Akademie unter Vertrag nahm, Spieler zur Austria kamen, die er nicht wollte. Die Namen zählt er bereitwillig auf. Beispielsweise Mohamed Kadiri und Ibrahim Alhassan. Einer (Alon Turgeman) steht im derzeitigen Kader. Auch, dass die Trainerentscheidungen, speziell in der Zeit nach Thorsten Fink, nicht seine waren. Weil die in der violetten Hierarchie nicht an ihm lagen, sondern am Präsidium und am Aufsichtsrat. Im Präsidium saßen Ex-Präsident Wolfgang Katzian, die Vizepräsidenten Raimund Harreither und Rudi Reisner, AG-Vorstand Markus Kraetschmer und der frühere Innenminister Charly Blecha. Wie das passieren konnte? Wohlfahrt war nicht Sportvorstand wie vor ihm Thomas Parits und seit Juli Peter Stöger, damit auf Augenhöhe mit Kraetschmer, sondern nur Sportchef. Und stellt fest, dass vom ersten Budget, das er von Parits übernahm, für die folgende Saisonen jeweils mindestens zehn Prozent abgezogen wurden, er zuletzt nur noch 8,2 Millionen zur Verfügung hatte, in denen die Kosten für die Berater der Spieler inkludiert waren. Dass er für das Scouting keine sechsstellige Summe zur Verfügung hatte, insgesamt nur neun Spieler holte, die eine Ablöse kosteten, insgesamt fünf Millionen. Die finanzielle Bilanz der Transfers seiner Ära brachten ein Plus von sechs Millionen. Das hätte sogar höher sein Können: Als im Jönner 2018 es ein schriftliches Angebot für Tarkan Serbest von Konyaspor für zwei Millionen Euro gab, scheiterte das Okay von Wohlfahrt am Veto des Vereins. Der rund die doppelte Ablöse kassieren wollte.

Er sei an Spielern dran gewesen, die jetzt bei Salzburg Erfolg haben oder in der deutschen Bundesliga spielen. Wie Karim Onisiwo, Patrick Farkas, Stefan Lainer, noch zu dessen Ried-Zeit, oder Zlatko Junuzovic: „Ich war bei ihm in Bremen. Aber wir konnten keinen von ihnen finanziell stemmen. Schon damals.“ Und daher erntet man auf die Frage an Wohlfahrt, ob er mit der Austria in ihrer derzeitigen Situation leidet, nur ein mitleidiges Lächeln. Er bäckt kleinere Brötchen als Sportchef beim burgenländischen Landesligaklub Oberwart, der als derzeit Zweiter um den Aufstieg in die Regionalliga Ost kämpft, für den er derzeit ein Winter-Trainingslager in der Türkei organisiert. Und er bewegt sich mit seiner reaktivierten Consulting-Agentur in internationalen Gewässern. Bei acht Klubs der nordamerikanischen Major Soccer League. Von denen hat er den Auftrag, bis zur Jänner-Transferzeit Spieler für 14 Positionen zu finden. Ob ein Austrianer darunter sein wird?

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