Es war ein denkwürdiges Match in Österreichs Länderspielgeschichte. Die dritte Niederlage gegen Dänemark hintereinander, die erste im zweiten Spiel der Ära von Ralf Rangnick, das 1:2 (0:1) vor 18.500 Zuschauern im Happel-Stadion, womit die Sieger Österreich auch als Tabellenführer in der Nations League ablösten. Durch das 1:1 (0:0) zwischen Kroatien und Weltmeister Frankreich in Split steht Österreich auf Rang zwei. Immer noch gut. Denkwürdig war das Match vor allem wegen der Umstände: Ein Stromausfall im zweiten Wiener Bezirk betraf auch das Happel-Stadion. Kein Strom, bedeutete kein Flutlicht. Daher Anpfiff erst 90 Minuten nach dem geplanten Beginn um 22.15 Uhr, Schlusspfiff erst um acht Minuten nach Mitternacht. Also bereits am Dienstag. So etwas passierte zum ersten Mal.
Es gab aber einen österreichischen Sieger an diesem Abend: Die Teamstimme Andy Marek. Wie er die Fans eineinhalb Stunden lang bei Laune hielt, Pfeifkonzerte und Unmutsäußerungen verhinderte, als Alleinunterhalter zwischen mehrmals I´m from Austria von Reinhard Fendrich, Radetzkymarsch, Donauwalzer oder Life is Life von Opus, das war wirklich große Klasse. Die Österreichs Spiel später nicht hatte. Rund 45 Minuten nach dem geplanten Anpfiff, als schon die erste Hälfte vorbei gewesen wäre, ertönte als Signal, dass das Licht doch noch brennen wird, als den Lautsprechern „Out of the dark“ von Falco. Der Abend war gerettet. Dank Marek. Er sorgte dafür, dass die Stimmung auf den Rängen positiv blieb. Das zeigte sich in der ersten Hälfte. Da gab es sogar Beifall für Rückpasses auf den Kapitän und ruhenden Pol des Teams, David Alaba, oder auf Tormann Patrick Pentz.
Rangnick würfelte gegenüber dem 3:0 in Kroatien die Mannschaft total durcheinander. War das wirklich nötig? Neun Veränderungen, eine Besetzung, die noch nie in dieser Zusammensetzung zusammenspielte. Im 4-2-3-1, mit der Viererabwehr Christopher Trimmel, Stefan Posch, Alaba und Marco Friedl, davor mit Xaver Schlager und Nicolas Seiwald, hinter der einzigen Spitze Sasa Kalajdzic mit Konrad Laimer, Christoph Baumgartner und Dejan Ljubicic drei Offensivkräfte. Laimer spielte nicht im Zentrum, sondern an der rechten Seite, was man Rangnicks Vorgänger Franco Foda oft zum Vorwurf gemacht hatte. Ljubicic musst es bei seinem ersten Match von Beginn an über links versuchen, beim 1.FC Köln wurde er entweder zentral oder rechts eingesetzt. Auch nicht logisch, dass nur die Laufmaschinen Schlager und Laimer, die bei Wolfsberg und Leipzig fast immer zum Einsatz kamen, am Saisonende als einzige zweimal beginnen mussten. Dänemarks Teamchef Kasper Hjulmland begnügte sich gegenüber dem 2:1 in Frankreich übrigens mit vier Veränderungen.
Kein Wunder, dass bis zur Pause der gefährlichste Ball, den Dänemarks Tormann Kaspar Schmeichel halten musste, ein Eckball war, den Alaba von rechts mit links trat. Denn vor dem Kalajdzic-Stangenschuss stand Passgeber Ljubicic im Abseits. Österreich geriet rascher in Rückstand als beim 0:4 im letzten Jahr. Bereits nach 27 Minuten, als Pierre Emile Höjbjerg mit dem ersten Schuss auf Österreichs Tor traf. Weil zuvor Friedl, der schwache Punkt in der Abwehr, wieder einmal falsch postiert war, den Pass von Salzburg-Legionär Kristensen, den Ljubicic aus den Augen verlor, noch unglücklich abfälschte. Aber anders als im März 2021 zerfiel Österreich nach dem ersten Tor nicht, Vielleicht auch, weil es Unterstützung von den Rängen gab und nicht ein Geisterspielen vor leeren Tribünen.
Frühe Ballgewinnen in allen Ehren, sie sind positiv. Aber was nützen sie, wenn mit dem Ball wenig gelingt, auf Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte zu oft der Rückpass in die eigene, meist auf die Zentrallfigur Alaba, folgt? Rangnick tauschte wie in Osijek zur Pause dreimal, „opferte“ Baumgartner, Ljubicic und Kalajdzic. Schuld war das Trio nicht, dass es offensiv nicht klappte. Es hätte auch andere treffen können. Mit Marcel Sabitzer, Marko Arnautovic in seinem 100. Länderspiel und Michael Gregoritsch und im 4-2-2-2 klappt es besser. Wer von einer unglücklichen Niederlage spricht, sollte nicht vergessen, dass Yussuf Poulsen und Joker Andreas Skov Olsen Sitzer auf das 0:2 ausließen, bevor Österreichs Ausgleich glücklich fiel. Weil der von Gregoritsch mit einem Sliding tackling unter Druck gesetzte Schmeichel den Grazer anschoss, der Ball zu Arnautovic kam, der clever auf Schlager spielte und der ins Tor traf. Wer will, kann den Treffer auch als Erfolg der Pressing-Marschroute feiern.
Danach war es ein offener Schlagabtausch. Bei dem Pentz einen Schuss von Christian Eriksen, der beim Verlesen der Aufstellungen wegen seines EM-Dramas wie kein andere bejubelt wurde, an die Stange lenkte, Arnautovic entsetzt war (Bild oben), weil er Schmeichel schon überspielt hatte, aber dann mit links nur die Stange traf. Hätte er getroffen, wäre Österreich wahrscheinlich der zweite Sieg hintereinander geglückt. Das letzte Wort hatte Ex-Austrianer Jens Stryger Larsen nach 84 Minuten, 18 nach seiner Einwechslung. Der Linksverteidiger zog zur Mitte, traf mit rechts ins lange Eck. Trimmel „vergaß“ den Udinese-Legionär, der sich vor fünf Jahren von Violett verabschiedet hatte, zu attackieren. Gregoritsch kam noch zur Ausgleichschance, doch es sollte nicht sein.
„Wir haben punkto Einsatz, Power und Dynamik alles reingehat, in Ballbesitz klappte zu wenig, fehlte die Ruhe“ hieß das Fazit von Rangnick, „aber wenn schon im zweiten Spiel alles klappt, wäre das nicht normal!“ Lobend strich er den 20 jährigen Seiwald hervor. „Wir müssen daraus lernen, die Enttäuschung ist da“, gestand Alaba, „aber wir sind mitten in einem Prozess, der mich positiv stimmt!“ Hoffentlich auch Freitag gegen Weltmeister Frankreich.
Foto: UEFA.