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Der neue Bulle in Grün-Weiß kann noch mehr Millionen bringen

Zweifelsohne war es das bisher wichtigste Tor dieses Jahres von Rapid, das Ercan Kara Mittwoch Abend in Zagreb erzielte. Und damit auch das wichtigste seiner bisherigen Karriere, das den Aufstieg des 24 jährigen, in Ottakring aufgewachsenen Türken zum neuen „Bullen“ in Grün-Weiß unterstrich. Wer hätte das gedacht, als ihn Sport-Geschäftsführer Zoran Barisic im Jänner als Winterkauf von Zweitligist Horn präsentierte? Erwarten durfte man nicht, dass dies so funktioniert. Aber offenbar hatten Rapids Scout Martin Hiden und Franz Maresch den richtigen Blick, als sie im Herbst 2019 abwechselnd Kara mehrmals beobachteten. Und vielleicht erinnerte sich Barisic an das Frühjahr 2008, als er als Assistent von Peter Pacult auf der Trainerbank sass. Denn vom Typ her erinnert Kara sehr an Stefan „Major“ Maierhofer, der vor zwölf Jahren als Winterkauf Rapid zum bisher letzten Meistertitel verholfen hatte. Auch wenn Kara zehn Zentimeter fehlen, um so groß wie Maierhofer sein. Aber viele sehen ihn jetzt schon besser als das „Original“. Weil er beweglicher, technisch besser ist.

Karas Karriere ist auf eine andere Art ähnlich ungewöhnlich wie die von Maierhofer. Vor zwei Saisonen stürmte er in der Regionalliga Ost für Mauerwerk, davor in der Wiener Liga bei Karabakh nach zwei Saisonen bei den Austria-Amateuren, bei denen wenig passte. Bei Karabakh spielte er mit seinem Berater Sertan Günes zusammen. 35 Tore in 30 Spielen der Wiener Liga brachten ihn in die Regionalliga. 22 Treffer in 28 Spielen ebneten ihn den Weg in die zweite Liga zu Horn. Dort traf er weiter. 16 Tore standen nach 21 Partien in zweiter Liga und Cup auf seinem Konto, als Rapid zugriff. Und dies nicht bereute.Schon vor dem Tor von Zagreb. Er kann auch in sogenannten „Drecksspielen“ treffen, der neue Bulle aus Hütteldorf: „Ich bin bereit, hart zu arbeiten und hab mich dafür belohnt“, meinte Kara bescheiden nach seinem vierten Treffer für Rapid in zehn Pflichtspielen. Sein Trainer Didi Kühbauer schätzt an ihm unter anderem, dass er weiß, seine körperlichen Stärken zur Geltung zu bringen. Max Hofmann versichert, Kara wolle in jedem Training die Tornetze zerschießen.

Dazu kommt offenbar der Instinkt, den Torjäger brauchen, und eine Schusskraft, die er mit einem 20 Meter-Kracher im Testspiel gegen Liberec unter Beweis gestellt hatte: „Er ist richtig gierig, darauf, sich weiter zu entwickeln und zu verbessern. Und er weiß es zu schätzen, bei Rapid zu sein“, versichert Günes. Der Vertrag läuft bis 30. Juni 2022. Und könnte für Rapid noch einiges wert sein. Irgendwann werden die türkischen Medien drauf kommen, dass in Wien einer mit türkischen Wurzeln spielt, der ähnlich agiert wie der frühere türkische Klassestürmer Hakan Sükür. Irgendwann kann er ein Kandidat für den türkischen Teamchef Senol Günes, für türkische Klubs interessant werden.  Das heißt, er könnte Rapid noch mehr Millionen bringen als durch das Tor von Zagreb, durch das er Rapid in der Qualifikation für die Champions League hielt und auf jeden Fall die 2,9 Millionen Euro Startgeld für die Gruppenphase der Europa League sicherte.

„Nur Zukunftsmusik, kein aktuelles Thema“, versichert Günes. Für Kara kommt vorerst einmal das  Cupspiel gegen St, Johann am Sonntag in Hütteldorf, dann die Auslosung der dritten Runde am Montag. Egal, ob Benfica Lissabon, Dynamo Kiew oder Gent, gegen alle drei hat Außenseiter Rapid in einem Spiel mehr Chancen zum Aufstieg als in zwei. Ein Heimvorteil in Hütteldorf wäre hilfreich, auch wenn keine Zuschauer ins Allianz-Stadion dürften. Eines wird im Vergleich zu Zagreb auch wegfallen: Rapid steht nicht mehr unter Druck, hat nichts zu verlieren, kann nur gewinnen.

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