Fußball

Der Rückfall in den „alten“ Arnautovic

Leverkusens Trainer Heiko Herrlich scheint spät, aber doch draufgekommen zu sein, was er an Österreichs Teamkapitän Julian Baumgartlinger hat: Sein zweiter Einsatz über 90 Minuten in neun Runden endete mit dem 5:1 (0:1)-Triumph im Nachbarsduell bei Mönchengladbach. Erstmals seit 17 Jahren schoss Leverkusen in einem Bundesligaspiel wieder fünf Treffer. Beim ersten „Vollzeit-Baumgartlinger“ dieser Saison gab es ein 3:0 gegen den Hamburger SV. Heißt: Zweimal auf den soliden Mittelfeldspieler Baumgartlinger, der für Stabilität sorgt, gesetzt, sechs der bisher zwölf Leverkusen-Punkte geholt, Torverhältnis 8:1.

Ein anderer österreichischer Teamspieler könnte hingegen am Montag seinem Trainer zum Verhängnis werden: Marko Arnautovic. Vor zwei Wochen gab es noch in Wien nach Österreichs 3:2 über Serbien zurecht Lobeshymnen für ihn. In der kurzen Zeit kann der 28jährige sicher nicht seine Form total verloren haben. Aber offenbar fühlte sich Arnautovic  Marcel Koller bei dessem letztem Heimspiel als Teamchef mehr verpflichtet als  West Ham-Trainer Slaven Bilic, der sich im Juli für seinen Kauf stark gemacht hatte: Beim Londoner Traditionsklub gab´s bisher wieder den „alten“Arnautovic zu sehen. Nicht den mannschaftsdienlichen Teamplayer, der für entscheidende Impulse sorgt, sondern den launischen Individualisten, der nicht den Eindruck macht, alles für den Sieg zu tun. Etwa Freitag bei der 0:3-Heimniederlage gegen Brighton&Hove. Der Aufsteiger, bei dem Markus Suttner zum zweiten Mal hintereinander auf der Bank sass, feierte seinen ersten Auswärtssieg in Englands höchster Spielklasse seit über 30 Jahren, 60.000 Zuschauer buhten Arnautovic bei seinem Austausch nach 74 Minutn aus, im Internet folgte ein Shitstorm. Eher unerwartet, dass die „alten“ Arautovic-Zeiten wieder fröhliche Urständ´ feiern.

Englische Fußballgrößen wie Gary Neville, der immerhin 85 Länderspiele, acht Meistertitel mit Manchester United und zwei Triumphe in der Champions League aufzuweisen hat, oder Jamie Carragher watschten Arnautovic auf den TV-Kanälen verbal ab. Tenor: Er denkt, er ist besser, als er tatsächlich ist. Härter kann man den Vorwurf der Überheblichkeit  nicht mehr formulieren. Montag werden die West Ham-Besitzer David Sulivan und David Gold entscheiden, ob sie die Ära des ehemaligen kroatischen Teamchefs Bilic und seines Assistenten, des ehemaligen Salzburg-Torjägers Nikola Jurcevic, nach zwei Jahren beenden. Denn nur acht Punkte aus neun Spielen und Rang 17, gerade einen vor den drei Abstiegsplätzen, die der Ex-Klub vonArnautovic, Stoke, nach dem 1:2 gegen Bournemouth, bei dem Kevin Wimmer nicht zum Zug kam, anführt, sind kein gutes Szenario. Die West Ham-Erwartungen waren bedeuten höher, als im Sommer Englands Teamtorhüter Joe Hart, der mexikanischen Torjäger Chicharito, der von Leverkusen kam, sowie Arnautovic engagiert wurden. Chicharito und Arnautovic kosteten zusammen 41 Millionen Euro, 23 gingen auf das Konto von Arnautovic. Der somit zum zweitteuersten Einkauf der Vereinsgeschichte, zum bisher teuersten Österreicher avancierte. Bisher sein Geld nicht wert war.

Daher denken Bilic und Jurcevic drei Monate später über Arnautovic nicht mehr so positiv wie damals. Kein Wunder. Schon in der zweiten Runde beim 2:3 in Southampton der erste Eklat. Rote Karte und zwei Spiele Sperre. Von den sechs Partien mit Arnautovic in der Premier League gewann West Ham keine einzige. Letzten Freitag die aufreizende Darbietung gegen Brighton. Wird spannend, wie sich Arnautovic in  zwei Wochen dem Nachfolger von Koller, egal wie er heißt, beim Trainingslager in Marbella und danach gegen Uruguay präsentieren wird.

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