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Der Schweizer Triumph zwingt Österreich zum Nachdenken

Fußball-Österreich freut sich zu Recht darüber, bei der Europameisterschaft Geschichte geschrieben zu haben. Teamchef Franco Foda meinte Samstag kurz nach dem Schlusspfiff beim 1:2 in Wembley, jetzt hätten die Kritiker Pause. Kurzum, es gibt nicht zu kritisieren. Das kann man durchaus so sehen. Aber eigentlich dauerte es nur zwei Tage, bis die „bösen“ Kritiker einen rund hatten, darüber nachzudenken, ob nicht zu laut über die Niederlage gegen Italien gejubelt wird, ob nicht doch mehr möglich gewesen wäre. So wie für die Nachbarn Tschechien und Schweiz.  Kann man bei den Tschechen noch als Argument anführen, dass ihnen die rote Karte für Hollands Innenverteidiger Matthijs de Ligt entscheidend half, ins Viertelfinale zu kommen, so muss man sich nach dem Schweizer Triumph über Weltmeister Frankreich doch fragen, warum die Eidgenossen auf einem höheren Niveau spielen als Österreich.  Das muss zum Nachdenken zwingen, vor allem auch im Fußballbund, speziell in der Sportdirektion unter Peter Schöttel und beim Teamchef. Die Schweizer Nati schrie noch mehr Geschichte als Österreich, machte sich sogar unsterblich.

Die Schweiz ist seit längerem bei jeder Endrunde dabei, für Österreich ist es schon ein Grund zur Riesenfreude, sich zu qualifizieren. Etwas übertrieben. Denn mit diesem Kader sollte das eine Selbstverständlichkeit sein. Der Schweizer Teamchef Vladimir Petkovic wechselte sicher besser und risikofreudiger als Foda gegen Italien. Die Belohnung war der Ausgleich von Joker Mario Gavranovic, der die Schweiz ins Nachspiel und ins Elfmeterschießen brachte. Beim ersten Gruppenspiel gegen Nordmazedonien hatte Foda einen ähnlich großen Mut wie Petkovic, holte bei 1:1 die entscheidenden Torschützen Michael Gregoritsch und Marko Arnautovic rechtzeitig von der Bank. Gegen die Squadra Azzura verließ ihn dieser Mut. Da kam Sasa Kalajdzic erst, als Österreich schon in Rückstand war, Louis Schaub erst, als es 0:2 stand. „Mit mehr Mut und Überzeugung, einen Rückstand aufzuholen, kann man nicht spielen“, behauptete Tormann Yann Sommer, der Held des Schweizer Sommermärchens, weil er in seinem 65. Länderspiel den Elfmeter von Frankreichs Topstar Kylian Mbappe abwehrte. Einige österreichische Teamspieler kennen Sommer gut:  Stefan Lainer und Valentino Lazaro spielen mit ihm bei Borussia Mönchengladbach. Früher beim FC Basel war Aleksandar Dragovic der Abwehrchef vor Sommer.

Vor dem Triumph von Bukarest lieferte die Schweizer mehr Negativschlagzeilen als Österreich. Der Lamborghini von Xherdan Shquiri war der größere Aufreger als der goldene Rolls Royce von Marko Arnautovic, dann folgten neue Tattoos trotz Blase, der von Kapitän Granit Xhaka nach Rom eingeflogene Friseur, der ihm und Manuel Akanji die Haare blondierte. Wäre gegen den Weltmeister nicht gelungen, das 1:3 aufzuholen und sensationell aufzusteigen, härte sich Petrovic einiges anhören müssen. Weil er Ricardo Rodriguez wieder den Elfmeter schießen ließ, obwohl er die letzten drei vergeben hatte. Rodriguez scheiterte wieder, aber die Schweiz steckte auch das weg. Nur eines trübte die Freude: Xhaka ist Freitag in St. Petersburg beim Viertelfinale gegen Spanien gesperrt. Petkovic sprach vom Willen, noch mehr zu leisten: „Ich werde das von der Mannschaft auch einfordern“.

Foto: UEFA.

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