Fußball

Der Taktgeber beim formstärksten Team Europas heißt Lienhart

Auch wenn es  nicht glaubwürdig klingt, so ist es doch wahr: Das aktuell formstärkste Team in den europäischen Top 5-Ligen kommt aus dem Schwarzwald. Denn weder in der englischen Premier League noch in Italiens Serie A, der La Liga in Spanien und der Ligue 1 in Frankreich verlor eine Mannschaft keines der letzten sieben Spiele, gewann die letzten fünf. Da schaffte in der deutschen Bundesliga nur der „kleine“ SC Freiburg. Der zuletzt am 22. November verlor. Das 1:3 im Schwarzwaldstadion gegen Mainz bedeutete nicht nur den bisher einzigen Saisonsieg von Schusslicht Mainz, sondern auch den Freiburger Tiefpunkt. Der Abstand zum Tabellenende betrug nur noch drei Punkte. Daher folgte eine Umstellung im System. Von Vierabwehr zu drei Innenverteidigern. Danach gab es nach  zwei Unentschieden gegen Augsburg und Mönchengladbach erstmals in der Vereinsgeschichte fünf Siege hintereinander: Jeweils 2:0 gegen Bielefeld und Schalke, 4:1 gegen Hertha BSC Berlin, 3:1 in Hoffenheim und letzten Samstag 5:0 gegen Köln. Freiburg stürmte auf Rang acht, nur zwei Punkte fehlen derzeit auf einen Europa League-Platz. Zwischen Freiburg und Mainz liegen nach der Erfolgsserie 15 Punkte.

„Mir geht´s nicht um Rekorde, sondern um die Entwicklung“, sagte Freiburgs Langzeit-Trainer Christian Streich in seiner sehr bestimmenden Art, „und die ist sehr gut“. Auch beim Österreicher in seiner Mannschaft: Philipp Lienhart, der 2018 nach einem Jahr bei Real Madrid in eine entscheidend beschaulichere Atmosphäre wechselte. Jetzt mit 24 kann er sagen, dass dies der richtige Schritt war, zu dem er sich mit seinem Berater Walter Künzel entschied. Denn das dritte Jahr in Freiburg ist das klar beste des Niederösterreichers. In allen 15 Partien durchgespielt, 93 gewonnene Zweikämpfe, 34 gewonnene Kopfballduelle, 158,7 Kilometer gelaufen, Durchschnittstempo 32,8 km/h, 188 Sprints. Ganz sensationell für einen zentralen Abwehrspieler, dass er nur sechs Fouls in 1350 Minuten beging. Da heißt  deutlich weniger „Wackler“ als bisher. Und zudem avancierte er auch zum Taktgeber, der immer mehr bestimmt, wie der Spielaufbau aus der Abwehr heraus passiert. Die Entscheidung, ob mit langen Bällen oder Kombinationen, fällt meist Lienhart.

Nicht geändert hat sich Lienharts ruhige, staubtrockene Art. Vielleicht auch eine Art Selbstschutz.  Denn Streich, seit 2. Jänner 2012 im Amt, führt ein strenges Regiment. Mit ziemlich forschen Tönen. Mitunter wirkt das fast schon etwas cholerisch. Spieler, die nach außen hin selbstbewusst auftreten, nicht leise und bescheiden, werden gar nicht gerne gesehen, sondern eher „gestutzt“. Interviews dürfen erst nach Genehmigung durch die Pressestelle geben werden, müssen vor der Veröffentlichung zur „Zensur“ vorgelegt werden. Die berühmte „Message Control“ in Schwarzwald-Version. Typisch dafür war eine Antwort von Kapitän Christian Günter auf die Frage eines „Sky“-Reporters zur Erfolgsserie: „Wenn ich dazu jetzt etwas öffentlich sage, kann es passieren, dass ich beim nächsten Spiel nicht dabei bin!“

Kommenden Sonntag gastiert Freiburg in München bei Meister Bayern. Taktgeber Lienhart bei Taktgeber David Alaba. Das Ende der Freiburger Erfolgsserie wäre eigentlich logisch. Einen Vorteil hat Lienhart: Drei freie Tage. Die genehmigte Streich nach dem Rekordsieg gegen Köln erstmals der Mannschaft. Bei Bayern wäre dies derzeit ein Ding der Unmöglichkeit. Mittwoch fliegt die Mannschaft zum Pokalspiel beim Dritten der zweiten Liga, Holstein Kiel, in den Norden. Bei der Pressekonferenz ärgerte Bayerns Trainer Hansi Flick die Frage, warum er nicht Frankreichs Weltmeister Lucas Hernandez statt Alaba einsetzte.

Foto: SC Freiburg.

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