Fußball

Der Umsturz im Innviertel vergrößert Rieds Abstiegsgefahr

Der Letzte Mattersburg wechselte mit Stil den Trainer. So wie Vereinsboss Martin Pucher bereits im Jänner würdigte gestern auch  Sportchef Franz Lederer die Arbeit von Ivo Vastic. Aber mitunter gibt es eben Situationen, in denen nichts anders übrig bleibt. So setzt Mattersburg auf den Trainereffekt mit Gerald Baumgartner und das neue „Motivationsmonster“ Stefan Maierhofer. Der Vorletzte St. Pölten, der den Trainerwechsel schon im Herbst veranstaltete, auf sechs Winterkäufe. Beim Drittletzten  Ried kam die Reaktion auf die  sportlich schwierige Situation erst  fünf Tage vor Saisonstart und bedeutete einen Urknall: Zu diesem Zeitpunkt den Langzeit-Sportchef Stefan Reiter zu beurlauben, ist nicht gescheit. Vergrößert sogar die Abstiegsgefahr.  Vor allem, wenn man keine Alternative präsentieren kann. Gerhard Schweitzer, mit den Rieder Verhältnissen durch seine jahrzehntlange Arbeit  im Trainerteam bestens vertraut, lehnte ab. Ob aus Freundschaft zu Reiter oder anderen Gründen, ist letztlich egal.

Mit Jahresbeginn lagerte Ried die Profiabteilung in eine Fussball GmbH aus. Deren Chef, Finanzvorstand Roland Daxl, schätzte Reiters Arbeit nach 13 Jahren am Stück, insgesamt 20 für Ried, nicht mehr, brachte alle Vorstandskollegen auf seine Linie.  Da sich  Reiters Qualitäten in den letzten Wochen nicht dramatisch verändert haben werden, muss man sich schon fragen, warum er diese Aktion nicht früher startete. Reiter konnte das nach der Entwicklung der letzten Monate nicht mehr überraschen. Was der 56jährige in der 11.300 Einwohner-Stadt im Innviertel aber alles geschafft hat, sprich für seine Qualitäten:  Zwei Cupsiege, Europacup, Rückkehr in die Bundesliga, ein neues Stadion, zweimal Herbstmeister. Auch bei seinem Zwischenspiel in Pasching blieb er auf Erfolgslinie, führte den Dorfklub in den Europacup. In diese Zeit fiel Rieds Abstieg.

So mancher Trainer schien unter Reiters mächtigem Schatten zu „verschwinden“, unter ihm zu leiden. Nicht viele konnten sich so freischwimmen wie Paul Gludovatz mit Assistent Schweitzer an seiner Seite in der  erfolgreichen Ära mit dem Cupsieg 2011. Reiter beschäftigte sich nicht nur mit  Ried, sondern blickte über den Innviertler Gartenzaun hinaus. Wann immer es um Reformen, neue Ideen in der Liga ging, er war dabei. Was immer er dazu beitrug, es war nicht zum Nachteil von Ried. Wie die bevorstehende Aufstockung auf die Zwölferliga ab 2018. In der neuen Ligabroschrüe verteidigte Reiter die Reform noch als wirtschaftlich notwendig. Jetzt wird er  sie „nur“ als Aufsichtsrat der Bundesliga begleiten.

Wenn Reiter etwas angreifbar machte, dann Missgriffe in seiner Personalpolitik. Probleme mit der Trainerbesetzung zogen sich mit der Ausnahme von Gludovatz wie ein roter Faden durch die letzten Jahre. Georg Zellhofer warf nach zwei Monaten noch vor Saisonstart hin, es passte nicht mit Heinz Fuchsbichler und Helge Kolvidsson, Oliver Glasner wollte nach einem  Jahr  nicht mehr bleiben. Letzten Sommer engagierte Reiter mit  Christian Benbennek einen aus der vierten deutschen Liga. Ließ auf Kritik die Behauptung fallen, dessen  Qualitäten habe kein österreichischer Trainer.  Ein Satz, der problematisch für einen ist, der als Vertreter der Liga im ÖFB-Sportbeirat sitzt. Die Herbstrealität sah dann in Sachen Benbennek anders aus. Das machte man Reiter zu Vorwurf. Ebenso Neuverpflichtungen von deutschen Drittligisten oder Nürnbergs zweiter Mannschaft, die nicht wirklich halfen. Auch die klubeigene Akademie, in der mit Herwig Drechsel eine ehemalige Rieder Stütze sowie mit Robert Ibertsberger ein ehemaliger Teamspieler als Trainer arbeiten, diente als Kritikpunkt.

Trotzdem: Ried muss erst einmal einen gleichwertigen Nachfolger finden, der mit beschränkten Möglichkeiten,die es nun einmal gibt, so viel bewegen kann. Die Gefahr, dass Ried  Daxls Hauruck-Aktion auf den Kopf fällt, scheint größer als die Aussicht, dass es ohne Reiter besser laufen wird.

 

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