Fußball

Die Fragezeichen beim Versuch, Mattersburg zu sanieren

Die erste Reaktion von Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer auf die Stellungnahme von Mattersburg gegenüber dem für Lizenzierung zuständigen Senat fünf über die finanzielle Situation des Klubs nach der Pleite von Hauptsponsor Commerzialbank läßt auf Skepsis schließen. Ob der Versuch, via Sanierungsverfahren in der Bundesliga weiter zu spielen und die Saison 2020/21 auch zu beenden, erfolgreich sein kann. Man kann einerseits Ebenbauers Skepsis verstehen, weil die Lage für die oberste Spielklasse nicht einfach, sondern sogar bedrohlich ist. Es könnte ein Szenario geben, dass bei einem Rückzug von Mattersburg Absteiger WSG Swarovski Tirol auf Grund der Tiroler Aufregungen um die 2000 Kündigungen im Swarovski-Werk in Wattens auf eine zweit Saison in der Bundesliga verzichtet. Ohne Mattersburg und Wattens müssten wohl der Erste und Zweite der zweiten Liga aufsteigen, also Ried und Austria Klagenfurt. Womit der zweithöchsten Spielklasse zwei Vereine zur Fortsetzung der 16 er Liga fehlen würden.

Andererseits muss man  Mattersburgs zweiten Vizepräsidenten Hans Georg Deischler und den verbliebenen Funktionären, die sich um den Fortbestand des burgenländischen Traditionsklubs und seiner Nachwuchsakademie bemühen, Respekt zollen. Sie hätten sich wie andere ebenfalls aus dem Staub machen können. Die Generalversammlung mit Neuwahlen ist für 5. August terminisiert. Bis dahin sind alle Rücktritte statutarisch nicht vollzogen. Der Senat fünf der Liga unter Thomas Hofer-Zeni wird vermutlich Anfang der  Woche über die von Deischler abgegebene Stellungnahme Mattersburgs beraten. Die bereits erteilte Lizenz Mattersburg wieder zu entziehen, wäre knapp vor einem Sanierungsverfahren gefährlich. Damit würde sich auch die Liga in Haftung begeben.

Mattersburg wird das Sanierungsverfahren in der kommenden Woche beantragen. Der Verein hat gar keine hohen Verbindlichkeiten, es dreht sich in erster Linie um die Mattersburger Profisport-GmbH. Damit das Verfahren eingeleitet wird, müssen 4000 Euro hinterlegt werden. Das wird kein Problem sein. Sicher ist, dass es ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverantwortung sein wird, sondern mit einem Masseverwalter, den die Insolvenzrichterin Andrea Scheidl bestimmt. Bei einem Masseverwalter beträgt die Quote für die Gläubiger 20 Prozent, in Eigenverantwortung zehn mehr. Der Masseverwalter ist künftig Herr der Dinge und wird bestimmen, ob es gewährleistet ist, dass Mattersburg ab 11.September weiter in der Bundesliga spielt. Das kostet Geld, das nicht die Profisport-GmbH aufbringen kann, sondern von Dritten kommen müsste. Mattersburg hat über österreichische Kontaktleute zwei seriöse, schriftliche Angebote von Investoren in Händen.  Deischler hofft auf ein erfolgreiches Ende der Verhandlungen, die über das Wochenende weiter gehen, bevor noch das Sanierungsverfahren beantragt wird.

Ein heikler Termin wäre nach 90 Tagen oder drei Monaten Ende Oktober die sogenannte Sanierungsplan-Tagsatzung. Da geht es darum, ob die Mehrzahl der Gläubiger dem Plan zustimmt. Da gibt es sowohl eine Kopf- als auch eine Summen-Mehrheit. Angenommen, es gäbe zehn Gläubiger, müssten sechs zustimmen und die gemeinsam auf mehr als die Hilfe der eingebrachten Forderungen kommen. Finden sich keine Mehrheiten, dann wäre der Sanierungsplan gescheitert, das Verfahren abrupt zu Ende. Und könnte Mattersburg nicht mehr weiter spielen. Das wäre ein Horrorszenario für die Liga, das Ebenbauer unbedingt vermeiden will.

Es könnte ähnlich laufen wie beim Zwangsausgleich  von Sturm Graz in den Jahren 2006 und 2007. Damals gelang die Auszahlung der Quote erst dank der Ablöse, die Red Bull Salzburg damals für den Wechsel von Sturms Mittelfeldspieler Christoph Leitgeb zahlte. Die große Unbekannte bedeutet,  wie hoch die Forderungen der Commerzialbank an die Profisport GmbH sein werden. Juristen sind der Meinung, der Masseverwalter der Bank, könnte alle in den letzten zwei Jahren geleisteten Zahlungen an die GmbH zurückfordern, da diese durch Martin Puchers Personalunion als Obmann des Klubs und Vorstand der Bank von der Schieflage des Geldinstituts gewusst haben musste. Aber es gibt noch keinen Masseverwalter. Die Commerzialbank wird derzeit weiter von einem Regierungskommissär geführt.

 

Foto: SV Mattersburg.

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