Fußball

Die kritischen Fans wollen die Realität nicht verstehen

Eine der fünf europäischen Topligen kann die Meisterschaft nicht auf sportlichem Weg beenden: In Frankreich erklärte Ministerpräsident Edouard Philippe Dienstag die Saison 2019/20 praktisch für beendet. Bis Ende Juli sei Profifußball nicht mehr möglich, dürfen die Vereine nicht in den Trainingsbetrieb zurückkehren. Das bedeutet praktisch viereinhalb Monate Pause. Besonders bitter für Paris St.Germain und Olympique Lyon, die noch in der Champions League vertreten sind. Sollte die wirklich im August weiter gehen, sind die zwei französischen Klubs so gut wie chancenlos.

Am Dienstag meldeten sich in Österreich die Fanklubs von 14 Vereinen, aus der Bundesliga von Rapid, St.Pölten, Sturm Graz, Altach, Admira, Ried, Austria Klagenfurt, Vorwärts Steyr, Blau Weiß Linz, Wacker Innsbruck und Austria Lustenau zu Wort. Mit Kritik an ÖFB, Bundesliga und Klubs, weil Geisterspiele ein fatales Signal seien, der Profifußball sich immer mehr von der Basis entferne. Ganz unter dem Motto: Wenn wir nicht auf der Tribüne sind, darf nicht gespielt werden. Da muss man diese Fans, die sich so wichtig nehmen, schon  fragen: Wären ihnen das französische Modell mit einer Pause bei August, mit Europacupteilnehmern, die statt am Rasen am grünen Tisch bestimmt werden, wirklich lieber? Diese Fans verkennen völlig die Realität. Das fängt damit an, dass weder ÖFB, noch Bundesliga noch Klubs in dieser Ausnahmesituation die Entscheidungen treffen, sondern die Politiker. Ihnen zum Vorwurf zu machen, dass sie Geisterspiele als geringstes Übel für möglich machen, ist geradezu absurd. Was diese Fans auch nicht zur Kenntnis nehmen wollen: Dass die Vereine inzwischen Wirtschaftsbetriebe sind. Die für das Weiterspielen keinerlei Steuergeld beanspruchen.

Jetzt fordern die Fans, das alle Geisterspiele auf einem  TV-Sender zu sehen sein müssen, ohne dafür ein Abo kaufen zu müssen. Auf deutsch: Die Spiele ohne Publikum dürften für Rechteinhaber „Sky“ keine zusätzlichen Einnahmen bringen. Die bemerkenswerteste und positivste Tat in Österreich setzte am Tag des Rundumschlags der Fans ausgerechnet der Klub, denn diese Gruppierungen strikt ablehnen, weil er für sie wie kein andere für die Kommerzialisierung, die sie anprangern, steht: Meister Red Bull Salzburg zeigte sich bereit, allen Besitzern von Dauerkarten, die auch eine für kommende Saison zum gleichen Preis kaufen, den aliquoten Anteil der fünf entgangenen Heimspiele der Meisterrunde davon abzuziehen, den Betrag für die neue erst Ende Jänner 2021 einzuheben. Die Abonnenten, die nicht verlängern, oder die Käufer von Tageskarten für die Schlagerspiele gegen LASK und Rapid können sich den Betrag rücküberweisen lassen oder ihn für eine Aktion des SOS-Kinderdorf spenden. Diese Akzent setzte bisher noch kein anderer Klub in Österreich. Geschäftsführer Stephan Reiter bemerkte, dies sei durch die herausragenden Leistungen und sorgfältiges Wirtschaften in den letzten Jahren möglich gewesen. Was er nicht sagte: Auch durch die rund 200 Millionen Gewinn, die der Meister durch Verkäufe von in Salzburg weiter entwickelten Spielern erzielte. Vielleicht machen auch das die protestierenden Fans dem Vorzeigeklub zum Vorwurf. Auszuschließen ist das in ihrer Verblendung nicht.

Foto: Österreichische Fußball-Bundesliga Geschäftsbericht 2017∕18.

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