Wolfsberg präsentierte Montag den endgültigen Nachfolger für Gerhard Struber. Wie man hört soll Präsident Dietmar Riegler nicht so großzügig mit der Ablöse für Trainer gewesen sein wie es sein Kollege von Barnsley vor sieben Wochen. Dabei ging es um den 40 jährigen Ex-Rapidler Ferdinand Feldhofer, der seinen ersten Bundesligajob als Trainer bekam, und den steirischen Zweitligisten Lafnitz, derzeit auf Platz vier. Als Innenverteidiger kann der Steirer Feldhofer auf 277 Bundesligaspiele mit Sturm, Rapid und Wacker Innsbruck, drei Meistertitel und zwei Cupsiege mit Sturm, einen Meistertitel mit Grün-Weiß und 13 Länderspiele zurückblicken. Aber Wolfsberg und Struber waren, als es um seine Ablöse ging, nach dem 4:0-Paukenschlag in der Europa League bei Borussia Mönchengladbach europaweit im Gespräch, als sich der 42 jährige Salzburger entschloss, das „Himmelfahrtskommando“ beim Letzten in Englands Championship, der zweiten Liga, auf sich zu nehmen.
Aber er ist in seiner neuen Fußballwelt gut angekommen wie die ersten sieben Spiele zeigen. Barnsley in der Grafschaft South Yorkshire hat mit 73.000 Einwohner 48.000 mehr als Wolfsberg, das Oakwell Stadium ist mit 23.009 Zuschauern Fassungsraum mehr als doppelt so groß wie die Lavanttal-Arena. Barnsley ist 144 Kilometer von Liverpool, der Stadt des Siegers in Champions League und Weltpokal entfernt, nur 60 von Manchester, der Stadt von Englands Meister. Bei City spielt mit Innenverteidiger John Stones der berühmteste Spieler, den Barnsley bisher hervorgebracht hat. Der Kader, den Struber zur Verfügung hat, besitzt samt seiner zwölf Legionäre aus zehn Ländern laut „transfermarkt“ einen Wert von 13,10 Millionen Euro. Nur zwei seiner Schützling stehen mit einer Million im Kurs: Mittelstürmer Cauley Woodrow, früher bei Fulham, und Kevin Cavare, Teamverteidiger von Guadeloupe, zuvor in Frankreich bei Rennes.
21 der 24 Klubs der Championship haben eine Premier League-Vergangenheit. Darunter Barnsley in der Saison 1997/98, als dort mit Jan Age Fjörtoft ein ehemaliger Rapid-Torjäger stürmte und die prominenten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt. Wie Wigan, der mit Paul Scharner 2013 Englands Cupsieger war, Stoke, Ex-Klub von Marko Arnautovic und Kevin Wimmer, wie Middlesbrough Ex-Klub von Emanuel Pogatetz oder Huddesfrield, erst letzte Saison aus der Premier League abgestiegen. Auf Platz eins steht mit West Bromwich auch ein Klub, bei dem Scharner früher in der Premier League sehr gutes Geld verdient hatte. Die Verfolger sind Leeds United, Sheffield Wednesday und Fulham. Die Duelle gegen Leeds und Sheffield sind für Barnsley bei Entfernungen von nur 19 und 27 Kilometern praktisch Lokalderbys.
Daheim im Oakwell-Stadium sind die „Tykes“. zu deutsch Kröten, unter Struber in drei Spielen ungeschlagen, besiegten Hull 3:1 und die Queens Park Rangers 5:3, schafften gegen Reading ein 1:1. Auswärts begann Struber mit drei Niederlagen (2:3 Blackburn, 0:1 Middlesbrough, 2:3 Cardiff) ehe es Samstag in London gegen Milwall im „The Den“ mit 2:1 den ersten Auswärtssieg der Saison gab: „Gut für die Seele und das Selbstvertrauen“, freute sich Struber, bevor er auf einen kurzen Weihnachtsurlaub in die Salzburger Heimat flog. In seiner Startelf gegen Millwall standen fünf Engländer, je ein Legionär aus Österreich (Tormann Samuel Sahin Radlinger), Senegal, Dänemark, Kenia, Finnland und Deutschland. Den Siegestorschützen wechselte er mit Ex-Admira-Stürmer Patrick Schmidt knapp vor Schuss ein. „Mit dem Ball haben wir mitunter Probeme, da gibt es zu einfache Ballverluste. Auch das Positionsspiel klappt nicht immer“, sah Struber selbst beim ersten Auswärtssieg vor der Pause Defizite. In der zweiten Hälfte erkannte er die Mentalität,gewinnen zu wollen: „Man braucht Teamgeist, den richtigen Charakter und Disziplin. Dann schaffen wir es!“ Das klingt fast nach Wolfsberg-Erfolgsrezept.
Am Boxing Day wartet auf Struber im Oakwell-Stadium das Duell mit dem Tabellenführer aus Birmingham, West Bromwich. Nach 23 der 46 Runden trennen den Drittletzten vom Ersten 31 Punkte. Aber so wie sich Strubers Mannschaft zuletzt präsentierte, wirkte der Unterschied am Rasen nicht so groß. Bei Birmingham sitzt einer der prominentester Trainer, der sich die als Knochenmühle verschriene Championship, die allgemein für Kick and Rush, also für Horuck-Fußball steht, antut: Slaven Bilic, von 2006 bis 2012 Kroatiens Teamchef, darunter bei zwei Europameisterschaften. Danach Trainer bei Lok Moskau, Besiktas Istanbul (auch von Veli Kavlak) und West Ham (auch von Arnautovic). Weitere Ex-Teamchefs in der Championship: Marcelo Bielsa, der Argentinien und Chile bei Weltmeisterschaften coachte, bei Leeds. Die Stationen davor hießen Bilbao, Olympique Marseille und Lille. Michael O´Neill, mit dem Vorletzten Stoke einer von Strubers Konkurrenten im Abstiegskampf, war Nordirlands Teamchef bei der Europameisterschaft 2016 und noch danach in der Nations League gegen Österreich, Nottinghams Trainer Sabri Lamouchi war mit der Elfenbeinküste bei der WM 2014 in Brasilien, Ex-Barcelona-Legionär Philipp Cocu gehörte zum Trainerstab bei Hollands Team, war Chef bei Fenerbahce Istanbul und PSV Eindhoven, ehe er den Job bei Derby County als Nachfolger von Frank Lampard übernahm. Ein ehemaliger Mitspieler von Pogatetz trainiert Middlesbrough: Jonathan Woodgate, in aktiven Zeiten ein Jahr Legionär bei Real Madrid. Struber ist also in sehr prominenter Gesellschaft. Die es in der Form in Österreichs Bundesliga nicht gab.