Fußball

Ein bisschen Jogi würde Koller und Österreich sehr gut tun

Wer Dienstag etwas Neues von Marcel Koller bei der Bekanntgabe des Kaders für Österreichs Spiel der letzten Chance in der WM-Qualifikation gegen Wales am 2. September in Cardiff erwartet, wird enttäuscht sein. Es wird im gleichen, ähnlichen Trott weiter gehen, auch wenn der seit der  starken Qualifikation für die EURO 2016 nicht mehr erfolgreich war.  Keine neuen Reize durch neue Namen, neue Methoden. Alles so wie bisher. Natürlich kann man einwenden, dass es in der speziellen Situation nicht gut wäre, etwas Neues auszuprobieren, von dem keiner weiß, ob es sich bewähren wird. Aber eigentlich kann es nur besser als zuletzt werden, wenn man neue Wege sucht. Die darüber hinaus gehen müßten, zwischen drei Innenverteidigern und Viererabwehr zu variieren.

Wie es im Weltmeisterland Deutschland Jogi Löw tut. Der sich auch  zu interner Konkurrenz bekennt, die  nicht erst seit dem Sieg in Confed-Cup mit  einer „zweiten Garnitur“ ohne Weltmeister und Leistungsträger geschürt hat.  Löw behauptete, der Misserfolg  sei geradezu programmiert, wenn er versuchen würde, mit dem Aufgebot vom WM-Triumph 2014 in Brasilien nächstes Jahr in Russland den Titel zu verteidigen. Das geht nur mit einer Frischzellenkur: „Selbst die Weltmeister müssen sich dem Leistungsprinzip unterziehen. Wenn wir unser Niveau verbessern wollen, dann ist der Konkurrenzkampf auch für sie unumgänglich. Nur wenn sie den internen Druck spüren, gehen sie permanent an die Leistungsgrenze. Wir wollen nicht bequem werden.“ Sicher hat Löw ein weit größere Reservoir als Koller zur Verfügung, um diesen internen  Konkurrenzkampf  zu schüren. Aber Koller  hätte auch die Möglichkeiten besessen, dies in einer kleineren, rot-weiß-roten Version zu tun. Er verzichtete eigentlich darauf.

Löw hatte  sich für den Confed-Cup mit seinem Trainerstab und Manager Oliver Bierhoff etwas ganz Neues einfallen lasen. Er führte eine teaminterne App ein, in der die Spieler unter acht „Menü-Punken“ mit englischen Oberbegriffen,  etwa United Player Performance Analysis and Scouting, wählen konnten. Der Trainingsplan stand ebenso zur Verfügung wie die Video-Analysen des kommenden Gegners oder die der eigenen  Trainings und der Spiele, die aus der  Vogel-Analyse aufzeigten, wie alle ihre Laufwege und das Stellungsspiel verbessern können. Mit einem Knopfdruck schickt Löw seine Nachricht auf die Handys der 21 Spieler: „Wie gewohnt hier die Clips zu den Standards, Toren, Torchancen und den vermutlichen Hauptelfmeterschützen unseres nächsten Gegners.“ Die bekamen sie alle einen Tag vor der Mannschaftsbesprechung, in der Löw persönlich die Details erklärte. Die Spieler nahmens Jogis App gut an und nutzten sie. „Sport Bild“ schrieb von einem Start Up-Unternehmen.

Etwas  Jogi würde also Marcel Koller und Österreich sicher gut tun. Einen Start-Up braucht es in Cardiff, sonst gibt es keinen heißen Herbst, sondern nur einen mit viel Frust. Interessant, was Sebastian Prödl mit der Erfahrung seiner 63 Länderspiele  im Juli während des Trainingslagers mit Watford beim Stanglwirt in Going zur  „Tiroler Tageszeitung“ über dieses Thema sagte: „Es wäre der falsche Zeitpunkt, jetzt jeden einzelnen Stein umzudrehen. Es ist aber auch der falsche Zeitpunkt, keine Kritik zuzulassen. Vor allem  Selbstkritik, interne Kritik. Es wäre schlimm, wenn wir zur Tagesordnung übergehen. Wir müssen uns hinterfragen und analysieren, sonst haben wir eine schlimmere Einstellung als himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, nämlich Gleichgültigkeit. Die darf es in Österreich nie wieder geben.“

 

Foto: Instagram.

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