Fußball

Ein offener Brief aus Graz an Kogler und Anschober

Jugendausbildungszentrum Graz-Umgebung Süd, seit neun Jahren Kooperationspartner der Akademie von Red Bull Salzburg. Von St. Peter bei Graz schaffte Ex-Teamspieler Gernot Sick den Sprung in die Scouting Abteilung des Meisters, drei Nachwuchsspieler wechseln im Sommer in die Akademie nach Salzburg, darunter der Sohn von Wolfsberg-Trainer Ferdinand Feldhofer. Möglicherweise auch Ex-Teamspieler Daniel Beichler, der Trainer mit dem prominentesten Namen in der Grazer Nachwuchsschmiede. Von der ging dieser Tage ein offener Brief an Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler, der früher im Nachwuchs von Sturm gespielt hatte, und Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Verfasst vom sportlichen Leiter Magister Martin Wolf, dem Vater des Legionärs von RB Leipzig, früher Richter am  Grazer Landesstrafgericht. Mit dem Inhalt, der auch im ÖFB zu denken geben sollt, sprach er sicher nicht nur vielen Nachwuchstrainern aus der Seele:

 

Sehr geehrte Herren!

Ich bin sportlicher Leiter eines Fußballklubs für Nachwuchsfußballer von 5 bis 17 Jahren und trainiere aktuell selbst eine U-10. Überdies bin ich auch Jurist und kann Gesetze lesen und auslegen. Ich schreibe Ihnen als mündige Privatperson und nicht etwa als Teil eines Vereinsvorstands, weil ich Bedenken habe wie diese meines Erachtens bewusst gesteuerte, mittlerweile angsterfüllte Gesellschaft mit zum Thema covid Andersdenkenden umgeht, sodass ich als Privatperson und nicht mein Verein Ihr vermutliches Feindbild werden möge. Ich möchte auch betonen, dass wir uns als rechtstreuer Verein selbstverständlich an Ihre Vorschriften halten, wenngleich ich persönlich sie in ihrem Sinn hinterfrage. Auch mein Berufsethos zwingt mich, Vorschriften einzuhalten, und seien sie noch so absurd oder menschenverachtend.

Vorausschicken möchte ich, dass es natürlich auch andere und noch wichtigere Kinderrechte gibt, die Sie seit zwei Monaten negieren bzw. mit Füßen treten. Meine Aufgabe aber sehe ich angesichts obiger Beweggründe darin, konkret Ihr Sportverbot möglichst sachlich zu hinterfragen.

Mit ihrem Sportverbot für gesunde Kinder, die im Übrigen nach herrschender medizinischer Meinung und auch gemäß einer Studie selbst im Falle ihrer unwahrscheinlichen Ansteckung so wie ihre Mitspieler nicht mehr gefährdet wären als bei jeder anderen Erkrankung durch Viren, werden aktuell alle Kinder in Österreich seit Mitte März in ihren Grundrechten, die in den Kinderrechten der Vereinten Nationen verankert sind, massiv beeinträchtigt.
Artikel 29 der Konvention sagt, dass die Vertragsstaaten sich verpflichten die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen. Mit ihrem ursprünglichen Sportverbot, aber auch der nunmehrigen „Lockerung“, die das wirkliche Fußballspiel ad absurdum führt, weil man Fußball außer auf der Playstation nicht ohne Zweikämpfe mit 2 Metern Abstand spielen kann, wird den Kindern, und zwar auch jenen Talenten, die eines Tages den Beruf des Profifußballers anstreben, dieses Grundrecht auf Entfaltung (und Berufsausbildung!) gänzlich und seit vollen 2 Monaten und offenbar auf unbestimmte weitere Zeit völlig zu Unrecht und außer Verhältnis und vor allem nicht zu ihrem eigenen Schutze genommen.

Aber auch jene, die nicht dieses berufliche Ziel haben, werden in dem genauso wichtigen Grundrecht nach Artikel 31 verletzt, wonach alle Vertragsstaaten das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit anerkennen, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung. Fußball ist das klassische Spiel für Kinder und gleichzeitig aktive Erholung.

Es steht wohl außer Frage, dass es Covid-19 noch lange geben wird, dass dagegen keine Impfung in absehbarer Zeit zugelassen wird. Und selbst wenn wäre es doch verantwortungslos, Kinder und Jugendliche, denen Covid-19 im Normalfall keinen außergewöhnlichen gesundheitlichen Schaden zuführt, verpflichtend zu impfen. Wie lautet also ihr Plan? Wollen Sie den Fußball in seiner herkömmlichen Form für Kinder und Jugendliche auf Jahre oder für immer verbieten? Oder sollen aktuell 12 Jährige jetzt einfach fünf Jahre ihre Kontaktverbote mit 2-Meter-Abstandsregeln geduldig einhalten und dann mit 17 plötzlich zu den sicher nicht auf sie ungeduldig wartenden Profis wechseln, bei denen man ab 15.Mai endlich wieder normal trainieren darf ? Und welchen Sport schlagen Sie für alle anderen, also 99,9 % der Jungfußballer zukünftig vor ? Rasenschach? Dann gehört wenigstens bald jeder Jugendliche wegen Bluthochdruck mangels Sport zu Ihren Risikogruppen.

Sehr geehrte Damen und Herren! An meinem teilweisen Zynismus trotz der gebotenen Sachlichkeit können Sie meine Entrüstung über Ihre Ungleichbehandlung und Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen ableiten. Für sie wäre die Wiederaufnahme des Fußballspielens wesentlich wichtiger als für erwachsene Amateure, bezeichnenderweise kommen sie aber wie immer in diesem Land zuletzt.
Ich appelliere an Sie, Ihre diese Kinderrechte negierenden Verordnungen und Gesetze umgehend außer Kraft zu setzen und sich auch an die Rechte jener zu halten, die in dieser traurigen Gesellschaft offenbar die kleinste bis keine Lobby haben.

Solange Sie dies nicht tun, trage ich mich mit dem Gedanken Kinder mit Zustimmung ihrer Eltern zu mir nach Hause in den Garten einzuladen und sie auf meinem Privatgrund ganz normal miteinander Fußball spielen zu lassen, wie sie es mit ihren Freunden in den eigenen Gärten hoffentlich schon lange tun, falls ihre Eltern nicht vor lauter Einschüchterung ihrerseits vergessen haben, wie Wahrscheinlichkeitsrechnungen funktionieren, sei es, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich Kinder beim Sport überhaupt anstecken bzw dass die Krankheit für sie oder auch andere, die sie wieder erst anstecken müssten, einen schweren Verlauf nimmt. Die Gefahr, am Weg zum Training zu verunfallen ist wahrscheinlich höher.

Hochachtungsvoll
Mag. Martin Wolf

Foto: JAZ Gu-Süd.

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