Kritik am Fußballbund, seinem Präsidium mit den Landesverbandspräsidenten, Zweifel an möglichen Nachfolgern von Franco Foda, aus dem Ruder gelaufene und auch falsche Diskussionen um die Spielphilosophie der Nationalmannschaft begleite die Suche nach dem neuen Teamchef, der vor zwei Herausforderungen steht: Den Klassenerhalt in der Nations League gegen Weltmeister (Frankreich), Vizeweltmeister (Kroatien) und EM-Semifinalist Dänemark zu schaffen, danach die Qualifikation für die Europameisterschaft 2024. Die Kritik kommt auch von Ex-Teamspielern wie Marc Janko, Florian Klein oder Stefan Maierhofer. Sie haben gemeinsam ein Problem: Sie vergessen zu schnell.
Wenn Klein Montag Abend bei Servus TV als Vorwurf an Foda behauptete, bei Vorgänger Marcel Koller konnte man eher einen Spielstil herauslesen, dann hat er wohl unter anderem auf die verpatzte EM-Endrunde 2016, bei der sowohl er als auch Janko dabei waren, vergessen. Wo war da der Spielstil? Unter Koller gelang kein Sieg, unter Foda zwei, mit denen Österreich ins Achtelfinale aufstieg. Ungarn und Island waren 2016 sicher keien entscheidend schwereren Gegner als 2021 Nordmazedonien und die Ukraine. Der Spielstil reichte auch zu keiner WM-Qualifikation. Zudem zweifelte Klein, ob der mögliche Foda-Nachfogler Peter Stöger zum Team passe. Er könne zwar für gute Stimmung sorgen, aus den Spielern etwas herauskitzeln, lasse aber eher defensiv agieren. Das behauptet Klein, obwohl Stöger nie sein Trainer war. Ferngutachten, nicht seriös.
Auch die Forderung, das ÖFB-Präsidium dürfe nicht mehr bestimmen, wer Teamchef wird, weil dort die Fachkompetenz fehle, geht etwas an der Realität vorbei. Denn zum Unterschied von den Landesverbänden hat im Präsidium die Bundesliga als Vertretung des Spitzensports nicht eine, sondern drei Stimmen. Die kommen von Ligapräsident Philip Thonhauser, Ligavorstand Christian Ebenbauer und dem erfahrenen Kapfenberg-Boss Erwin Fuchs als Vertreter der zweiten Liga. Dass die Liga kein „Schwergewicht“ wie in Deutschland Dortmund-Boss Hans Joachim Watzke in die Verbandsgremien schickt, kann man nicht dem ÖFB-Präsidium vorwerfen. Dass Thonhauser aus beruflichen Gründen mehr an den USA als Österreich ist, weiß man. Ebenso, dass er als Präsident der Admira nicht wirklich maßgeblich an den Entscheidungen, die dort getroffen werden, beteiligt ist.
Die Bundesliga ist in der auf zehn Mann aufgestockten Sportkommission des ÖFB, die sich im April mit dem Teamchefthema befassen wird, mit fünf Mann vertreten. Zwei Jahre ist es her, dass auf Initiative von Tirols Präsident Josef Geisler die Kommission auf acht Mitglieder verkleinert wurde, die Chefs der Landesverbände nicht mehr dazu gehörten. Jetzt sieht es wieder anders aus. Zehn statt acht Mitleider, ein Landsverbandspräsident (Klaus Mitterdorfer aus Kärnten) als ÖFB-Vertreter dabei. Die anderen sind Präsident Gerhard Milletich, Sportchef Peter Schöttel, Isabel Hochstöger für die Damen und Andreas Kopf als Sportdirektor des Vorarlberger Verbands. Die Vertreter der Bundesliga: Wieder Thonhauser und Ebenbauer, von den Klubs Salzburgs erfolgreicher Sportchef Christoph Freund (Bild oben), der neu dazu gekommene Andreas Schicker, der Sturm Graz auf Erfolgskurs brachte, sowie der erfahrene Stefan Ebner von Rapid. Ebenbauer sucht bereits einen Termin für eine „Klausur“ der Bundesliga-Vertreter zum Teamchefthema. Freund gilt sozusagen als Hoffnungsträger, weil er bei der Auswahl der Trainer in den letzten Jahren nie falsch lag.
Foto: ServusTV/Neumayr.