Fußball

Flucht vor Peps Sexvorschrift: Sevilla lebt von Aussortierten

In den letzten drei Jahren  dominierte der FC Sevilla die Europa League. Jetzt wuchs er zum Titelkandidaten in Spanien, verringerte den Abstand zu Real Madrid und Barcelona, überholte in der Tabelle Atletico Madrid.  Mit ein Werk des neuen Trainers: Jorge Sampaoli, 56jähriger Argentinier, bekannt geworden als Chiles Teamchef bei der WM 2014 in Brasilien, der ein Jahr später mit den Chilenen die Copa America gegen seine Landsleute gewann. Er outete sich als Fan des auf Ballbesitz ausgerichteten Marcelo Bielsa (künftig Trainer in Frankreich bei Lille, 2016 bei Lazio Rom zwei Tage nach der Präsentation zurückgetreten, zuvor bei Marseille und Bilbao, Teamchef in Chile und Argentinien) und schaltet bei Spielen immer auf absoluten Kampfmodus. Darum ist der temperamentvolle Sampaoli stets rotgefährdet, muss öfters auf Befehl der Referees auf die Tribüne.

Jetzt gilt  Sevilla im Achtelfinale der Champions League als Favorit auf den Aufstieg gegen Leicester.  Das hat nicht nur mit der Krise von Englands Meister zu tun. Es wäre  geradezu sensationell, sollte das Tief  von Jamie Vardy, Riyad Mahrez, Christian Fuchs, Robert Huth etc. vier Tage nach der Cupblamage beim Drittligisten Millwall ausgerechnet im Estadio Ramon Sanchez Pizjuan vor 45.000 fanatischen Zuschauern zu Ende gehen. Dort, wo Toni Polster von 1988 bis 1991 mit Toren am Fließband, insgesamt 55,  zum  Publikumsliebling avanciert hatte, wo der Wiener Startrainer  Max Merkel mit dem Aufsteiger FC Sevilla ab 1967 vier Saisonen lang  für Schlagzeilen gesorgt hatte. Jetzt steht dort Samapaolis Truppe für Offensivfussball, brachte zahlreiche Spieler, wie den Franzosen Steven Nzonzi, der früher mit Marko Arnautovic bei Stoke spielte, dort nicht mehr gebraucht wurde, dessen Landsmann Wissam Ben Yedder im Angriff oder den spanischen Flügelflitzer Vitolo einen Schritt nach vorne.

Die Spezialität von Sampaoli: Er „revitalisiert“ sozusagen anderswo aussortierte Spieler, die der geschickte Sportdirektor Ramon Rodriguez, genannt Monchi, zu Dumpingpreisen holte.  Das Rezept nennt  Sampaoli „Amateurismo“. Ungewöhnlich in einer Fußballwelt, in der nur mehr Professionalität zählt. Damit meint der Argentinier Hingabe für den Klub, auch gegen übermächtige Gegner nicht nur rennen und kämpfen, sondern auch tricksen und dribbeln. Also Leidenschaft pur zu wecken.

Bestes Beispiel: Der 29jährige Franzose Samir Nasri (Bild oben). Warum er  Manchester City, das ihn 2011 für 38 Millionen Euro von Arsenal geholt hatte, lieber verließ, vertraute er Frankreichs Fußballbibel L´Equipe an: „Wer daheim Sex haben wollte, musste das vor Mitternacht machen. Pep Guardiola hat darauf bestanden, dass wir vor den Spielen lange schlafen.“Das Leben mit „Bruder Pep“schien Nasri  zu kompliziert zu werden, also floh er auf Leihbasis ins bunte Andalusien, lebte dort wieder auf. Guardiola dementierte zwar umgehend die von ihm erlassenen Sexvorschriften, aber Nasri steht dazu. Andere meinten, das Übergewicht des lebenlustigen Franzosen, der auf der Insel den Ruf eines verlotterten Talents mit sich trug, habe dem strengen Guardiola gar nicht gefallen. Noch ein Beispiel für einen Aussortierten, der bei Sevilla zu einem Trumpf wird: Montengro-Stürmer Stevan Jovetic, bei Inter Mailand überzählig, im Winter verliehen.Er beendete mit zwei Toren gegen Real Madrid die Superserie des weißen Balletts von Zinedine Zidane nach 40 Matches ohne Niederlage.

Das zweite Mittwoch-Spiel wird zum Duell von  zwei ehemaligen Real Madrid-Stars: Beim FC Porto die Ikone „San Iker“ Casillas im Tor, bei Juventus der argentinische Torjäger Gonzalo Higuain. Mit dem deutschen Juventus-Mittelfeldmotor Sami Khedira wurde Casillas bei Real Champions League-Sieger.  Die 162 Spiele von Casillas in der Champions League für Real und Porto mit 95 Siegen sind unerreicht. Die Torhüter, die im Dragao-Stadion zwischen den Pfosten stehen, sind miteinander 74 Jahre alt: Casillas ist 35,  Juventus-Kapitän Gianluigi Buffon seit 28.Jänner 39!

 

 

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