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Geisterspiele bleiben auch für die Wettszene ein riesiger „Feldversuch“

Nach 66 Tagen rolle am vergangenen Wochenende wieder der Ball in der deutschen Bundesliga. Danach wurde genau Bilanz gezogen. Die hieß: Es gab fast so viele Zweikämpfe wie vor der Unterbrechung durch Corona. Der Rückgang von 0,9 pro Spiel war minimal, aber diese Zweikämpfe sorgen für mehr gelbe Karten (4,1 pro Match) als vor der  Corona-Krise (3,7). Dafür rollte der  Ball länger.  gab es mehr Nettospielzeit. Im Schnitt 58:17 Minuten, 1:12 Minuten länger als in den 25 Runden davor. Ein Offensiv-Feuerwerk blieb beim Neustart eigentlich aus, da regierte zunächst die Vorsicht. In der ersten Geister-Runde fielen nur 2,75 Tore im Schnitt, davor waren es noch 3,25. Das lag aber sicher nicht an der Laufleistung: Die Spieler liefen minimal weniger (nur 700 Meter pro Mannschaft), auch der Rückgang bei den Sprints (2,2 pro Team) blieb im Rahmen.  Die Laufmaschine hieß Joshua Kimmich von Bayern München mit 12,93 Kilometern. Den Schiedsrichtern unterlief kein gravierender Fehler. Möglicherweise, weil der Druck von den Rängen fehlte.

Die signifikanteste Änderung: In neun Spielen nur ein Heimsieg. Knapp über zehn Prozent. Vor Corona gab es noch 43,3 Prozent Heimsiege. Dazu passt: Es fielen nur zehn Heimtore, aber 17 Auswärtstreffer. Die Durchschnittswerte: 1,1 Prozent gegenüber fast 1,9. Die Rechnung heißt offenbar: Keine Fans, keine Punkte. Es zählt offenbar nichts, wenn man als Gastgeber an die Umgebung gewöhnt ist. Die Ausnahme hieß Borussia Dortmund beim 4:0 im Revierderby,aber das kann auch an der kaum vorhandenen Gegenwehr von Schalke gelegen haben. Mönchengladbach, die Mannschaft von Ex-Salzburg-Trainer Marco Rose und Österreichs Teamverteidiger Stefan Lainer entwickelte sich zum Geister-Spezialisten: Zwei Spiele, zwei Siege (2:1 im März gegen den 1.FC Köln, letzten Samstag 3:1 in Frankfurt). Adi Hütters Eintracht, eine Mannschaft, die normalerweise von den Emotionen der Fans getragen wird, bezog daheim vor leeren Frankfurter Rängen zwei Niederlagen. Im März 0:3 in der Europa League gegen den FC Basel, dann auch gegen Gladbach (Bild oben mit Stefan Ilsanker)

Die Tendenzen beeinflussen natürlich auch die Wettszene, speziell die Quoten für die Spiele. Sie waren am letzten Wochenende schon anders als für die gleichen Partien im März vor dem Abbruch. Die Erfahrungen von der ersten Geister-Runde fließen für die zweite, die Freitag mit dem Berliner Derby zwischen Hertha BSC und Union beginnt, natürlich ein. Bis auf Bayern München gibt es bei tipp 3 (siehe unten) keinen ganz klaren Favorit. Bayern hat auch in der Vereinsgeschichte noch nie daheim gegen  Frankfurt verloren, feierte Mittwoch die Vertragsverlängerung mit seinem Weltklassetormann und Kapitän Manuel Neuer bis 2023.  Die Partien werden derzeit so eingeschätzt, als würden sie auf neutralem Terrain stattfinden. Eigentlich ein riesiger Feldversuch, welchen Einfluss die Fans auf die Leistungen ihrer Mannschaften haben. Oder ob die Qualität der Mannschaft doch der alles entscheidende Faktor bleibt.

Das wird auch ab Anfang Juni für Österreichs Bundesliga gelten. Speziell bei Rapid, in Österreich mehr als jeder andere Klub daheim im Allianz-Stadion durch die Emotionen der Fans nach vorne gepeitscht, mehr als der LASK, Red Bull Salzburg oder Sturm Graz. Viel weniger trifft das natürlich auf Mannschaften wie Wolfsberg, Hartberg, Admira oder Mattersburg zu.

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