Fußball

Hat Teilzeit-Teamchef Rangnick als Trainer eine Strahlkraft? Darüber kann man streiten

Jubelstimmung im Fußballbund über den neuen Teamchef, den Präsident Gerhard Millletich und Sportchef Peter Schöttel Freitagmittag präsentierten. Den 63 jährigen Ralf Rangnick, der Mittwoch Mittag seine Zusage gab. Das war bereits Donnerstag durchgesickert: „Es waren sehr dynamische Wochen“, blickte Schöttel auf die Teamchefsuche zurück. Für die er Lob von Milletich bekam, weil alles sehr professionell und strukturiert ablief. Fünf Mann standen auf der Shortlist, ab dem Zeitpunkt war auch der für wirtschaftliche Belange zuständig. Geschäftsführer Bernhard Neuhold in die Gespräche involviert. Mit dem Management von Rangnick, der im letzten Juli eine Berater-Agentur gemeinsam mit Lars Kornetka und dem deutschen Journalisten Raphael Honigstein gründete und ankündigte, nur noch in Ausnahmefällen Trainer oder Sportchef sein zu wollen. Sechs Monate später gab es mit dem Job als Interimstrainer als Teamchef die erste Ausnahme, vier Monate darauf die nächste als Österreichs neuer Teamchef. Mit einem Zweijahrs, der sich bei der Qualifikation für die EM 2024 um zwei Jahre verlängert. Rangnick habe, so versichert Schöttel, richtig Bock auf die Aufgabe mit einer jungen, dynamischen Mannschaft: „Das reiz ihn extrem!“

Rangnick wird der erste Teilzeit-Teamchef Österreichs. Den zweijähriger Beraterjob bei Manchester United, der mit Juli beginnt, darf er behalten. Er sieht sich in dieser Rolle als Erneuerer des Topklubs. Sechs Tage pro Monat muss er Manchester United zur Verfügung stehen. Das akzeptierten Schöttel und Neuhold. Anders wäre das Engagement vermutlich nicht zu finanzieren gewesen. In England bezweifelte die United-Legende Gary Neville, ob beide Jobs unter einen Hut zu bringen sind, wenn man sie gewissenhaft mache. Die Teamchefgage finanziert nur der ÖFB, sie ist laut Neuhold nicht höher als die letzte von Koller. Rangnick darf so wie seien Vorgänger Franco Foda und Marcel Koller einen persönlichen Sponsor haben. Sein früherer Arbeitgeber Red Bull kann es nicht sein, da er in einer Konkurrenzsituation zu einem Teamsponsor (Coca Cola) steht. Der offizielle Teamchefsponsor war bei Koller und Foda tipp 3.

„Für die aktuelle Spielergeneration der richtige Teamchef zum richtigen Zeitpunkt“, begründeten Milletich und Schöttel die Entscheidung für Rangnick und gegen die österreichischen Lösungen Peter Stöger und Andi Herzog, bei dem Martin Stranzl Co-Trainer gewesen wäre. Wenn man die Chance bekomme, einen Mann mit einer internationalen Reputation und Strahlkraft wie Rangnick zu bekommen, dann müsse man sie nützen. Die Chance sah Schöttel noch nicht, als er vor vier Wochen Rangnicks Telefonnummer von Salzburgs Sportchef Christoph Freund bekam. Die wurde mit jedem Gespräch größer. Die Abstimmung im ÖFB-Präsidium für Rangnick war einstimmig. Alle neun Landesverbandspräsidenten waren aber nicht dabei.

„Es tut weh, jemanden absagen zu müssen, von dem man hundertprozentig überzeugt ist“, sagte Schöttel in Richtung seiner ehemaligen Mitspieler Stöger und Herzog. Aber das gehöre zum Job eben dazu. Rangnick begleitet  der Ruf, ein besserer Sportdirektor als Trainer zu sein. Ob Schöttel gar seinen eigenen Nachfolger holte? Vorerst ist Rangnicks Aufgabengebiet die Nationalmannschaft. Aber Schöttel selbst würde es gerne sehen, dass sich Rangnick „alles anschaut“. Ob die Strahlkraft von Rangnick als Trainer wirklich so groß ist, wie es Milletich und Schöttel glauben, weil er von Manchester United kommt, darf bezweifelt werden. Aufstieg mit Hoffenheim und RB Leipzig, mit den Bullen in der Bundesliga zwei Jahre nach Rang zwei unter Ralph Hasenhüttl Dritter, dazu im Pokalendspiel. Das waren Klubs, bei denen Geld keine Rolle spielte. Dazu Cupsieg mit Schalke im Finale gegen Zweitligist Duisburg. Beim Semifinalsieg gegen Bayern hieß der Trainer noch Felix Magath.  Bei Manchester United gab´s mit Rangnick keinen Trainereffekt. Dagegen die Stöger-Bilanz: Mit Austria zweimal Meister (einmal als Sportchef, einmal als Trainer), den 1. FC Köln in die Bundesliga geführt und dann bis in die Europa League, Borussia Dortmund als Neunter übernommen und noch in die Champions League gebracht.  Milletich und Schöttel hoffen und glauben, dass mit Teamchef Rangnick eine neue Euphorie entfacht werden kann.

Rangnicks erster Teamkader wird aus England, von der Insel kommen. Denn er steht dem ÖFB erst ab 28. Mai, fünf Tage vor dem ersten Spie l der Nations League gegen Kroatien in Osijek zur Verfügung. Als Assistent nimmt er den 44 jährigen Koretka mit. Der war schon Rangnicks Video-Analyst bei Hoffenheim, später wieder in Leipzig, dazwischen  2013/14 bei Bayern München unter Pep Guardiola, vier Jahre in Leverkusen, letzte Saison beim  Salzburg-Trainer Roger Schmidt in Eindhoven. Die anderen Betreuer übernimmt Rangnick aus dem Foda-Stuff. Egal, ob Jürgen Säumel, Robert Almer oder Stefan Oesen. Interessant wird die zweite Partie der Rangnick-Ära gegen Weltmeister Frankreich. Da trifft er auf zwei seiner Spieler bei Manchester United, auf Raphael Varane und Paul Pogba.

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