Stadion An der Alten Försterei Berlin, die Kultstätte in der Zweiten deutschen Liga: Ein Feeling wie im neuen Rapid-Stadion in Hütteldorf auch im Südosten der deutschen Hauptstadt bei Union Berlin, seit dem 2:0 über St. Pauli am Montag Abend vor ausverkauftem Haus,sprich 22.100 Zuschauern, auf Platz zwei hinter Eintracht Braunschweig, damit erstmals seit drei Jahren auf einem Aufstiegsplatz. Eine sensationell positive, mitreißende Atmosphäre ohne Beschimpfungen der Gegner, ohne Pfiffe. Die Klubdevise „Eisern Union“ wird über die gesamte Zeit gesungen und geschrien. Sorgt für ein Gänsehautgefühl, wenn minutenlang eine Tribüne „Union“ brüllt, die andere „Eisern“. Und wenn im Finish, sprich die letzten zehn Minuten, das gesamte Stadion steht und das Vereinslied singt. Über unser Stolz, unsere Liebe, unsere Mannschaft, unseren Verein- Eisern Union Berlin.
Das genießen auch drei mit Rapid-oder Austria-Vergangenheit: Christopher Trimmel, Philipp Hosiner, seit 1. Februar Helmut Schulte, drei Jahre nach seiner für Rapid so wichtigen einjährigen Ära in schweren Zeiten, als Sportchef. Eingesetzt von Präsident Dirk Zingler, einen Baustoff-Logistik-Unternehmer, der mit dem Stadionneubau seine Aufstiegsambitionen unterstrich. Der ruhige Schulte soll dafür sorgen, dass die Union-Welt nicht untergeht, wenn es nicht gelingt, sich als zweiter Bundesligaklub der Hauptstadt neben Hertha BSC zu etablieren: „Bei 3,5 Millionen Einwohnern in der Stadt und einem riesigen Einzugsgebiet keine Utopie“, behauptete Schulte, „man darf nur nicht die Nerven verlieren. Wer in einer schwachen Position ist, der verliert leichter die Nerven“. Trifft auf ihn nicht zu. War auch schon zu Rapid-Zeiten so. Er verlor sie auch kurz nach dem Einstieg bei Union nicht, als es das Trainerdrama um den Ex-Leverkusen-Coach Sascha Lewandowski (Rücktritt wegen Burnout, dann Selbstmord) gab. Schulte engagierte Jens Keller, der Schalke mit Österreichs Ex-Teamkapitän Christian Fuchs 2013/14 als Dritter in die Champions League geführt hatte, wenige Monate später aber gehen musste. Von Platz drei kann Schalke derzeit ja nur träumen.
Die Union-Fans träumen jetzt nach vier Siegen hintereinander vom Aufstieg: „Ich fühl mich hier ähnlich wie bei Rapid. Ein Kultklub, der keinen kalt läßt, bei dem der Anhang in den zweieinhalb Jahren, die ich hier bin, auch positiv blieb, wenn es Niederlagen setzte“, beschrieb Trimmel die Eisern Union-Stimmung. Als solider Rechtsverteidiger zählt er zu den festen Größen, Philipp Hosiner will als Torjäger mit seiner Austria-Rückennummer (16) eine werden. Schulte holte ihn in Erinnerung an seine Wiener Zeit, als Hosiner den Erzrivalen Rapids zum Meistertitel schoss. Montag gab´s für Hosiner sozusagen den Neustart: Mit seinem ersten Schuss nach zwölf Minuten die Führung erzielt, sein erstenTor in der zweiten Liga als Ende einer langen, zweijährigen Leidenszeit. Mit großen Ambitionen war er nach der Saison in Köln , in der er seine Chancen nicht nützen konnte, nach Berlin gekommen, verletzte sich aber im Training beim Elfmeterschießen, spielte trotzdem zum Start in Bochum. Das Ergebnis: Muskelfaserriss, drei Wochen Pause. Sein Konkurrent Collin Quaner nützte die Zeit, um sich in die Form seines Lebens zu steigern, sechs Tore zu erzielen, die Führung in der Schützenliste zu übernehmen. Jetzt fällt Quaner mit einer Muskelverletzung wochenlang aus, also zeigte Hosiner auf. Obwohl er weiß, dass ihm noch die Spielfitness fehlt, um zum Torgaranten wie bei Austria zu werden: “ Ich habe immerhin gezeigt, dass auch ich treffen kann. Wenn man aufsteigen will, braucht man mehrere Spieler, die für Tore gut sind. Da wird einer nicht reichen.“ Es taugte ihm sehr, wieder im Mittelpunkt zu stehen. Das merkte man bei seinem emotionalen Torjubel. „Wenn man so viel mitgemacht hat wie ich, war das ein Supergefühl, das man gar nicht beschreiben kann.“ Frust schiebt derzeit hingegen der dritte Österreicher bei Union Berlin: Routinier Emanuel Pogatetz spielt bei Keller keine große Rolle, gilt für den Trainer nur als vierter Innenverteidiger. Was Schulte bedauert, „weil Manu ein guter Junge ist.“
Union Berlin derzeit vor den Aufstiegsfavoriten Hannover und Stuttgart: „Nach sieben Runden nur eine schöne Momentaufnahme“, glauben Hosiner und Trimmel. Was die wirklich wert ist, wird man Freitag in Nürnberg sehen. Für Trimmel ein Wiedersehen mit einem ehemaligen Mitspieler, für Hosiner mit einem früheren Gegner: Guido Burgstaller, mit fünf Treffern der gefährlichste Nürnberger. Von dem Schulte sagt: „Guido ist noch immer für alle so unberechenbar wie ich ihn von Rapid her kenne.“