Fußball

Im Bett mit den Ultras: Das Nachspiel zum Derby war für Rapid noch schlimmer

Nicht nur Rapid erlebte einen schwarzen Sonntag. Auch Topnamen quer durch Europa. Bei Pep Guardiola sorgte er durch das k.o. mit Manchester City im Cupsemifinale gegen Arsenal (1:2 nachVerlängerung) dafür, dass er erstmals in seiner Trainerkarriere eine Saison ohne Titel erlebt.  Jürgen Klopp kam mit dem FC Liverpool durch eine 1:2-Heimpleite gegen Crystal Palace in Sachen Qualifikation für die Champions League ins Trudeln. Beide Tore der Sieger an der Anfield Road erzielte der von Klopp aussortierte belgische Teamstürmer Christian Benteke. Real Madrids Topstar Cristiano Ronaldo stand vier Tage nach seiner Champions League-Gala gegen Bayern München im Clasico gegen FC Barcelona im Schatten von Lionel Messi: Der Argentinier erzielte im Beernabeu-Stadion  mit blutender Nase den Ausgleich zum 1:1 und in der Nachspielzeit den Siegestreffer zum 3:2, der zugleich sein 500. Ligator bedeutete. Bei Bayer Leverkusen, mit ähnlichen Zielen und Ambitionen wie Rapid in die Saison gestartet, redete  Sportchef Rudi Völler nach dem 1:2 in Freiburg von einer verfluchten Saison und der Abstiegsangst – nur vier Punkte vor dem Relegationsplatz!

Über die Abstiegsangst wollte Rapids Trainer Goran Djuricin nach der Derbypleite gar nicht reden. Ihm  werden wohl andere Dinge im Kopf herumgespuckt haben.  Etwa, dass von Torhüter Tobias Knoflach statt Ruhe  Hektik ausging, er die Vorderleute verunsichert.  Oder dass Stefan Schwab völlig ausgebrannt wirkt. Aber das Schlimmste für Grün-Weiß war das Nachspiel zum Derby auf „Sky“. Die Abrechnung von Ex-Sportchef Andreas Müller in „Talk und Tore“ fünf Monate nach der  gemeinsamen Beurlaubung mit Trainer Mike Büskens. Unter dem Motto jetzt habe ich die Abfindung kassiert, jetzt kann nichts mehr passieren, jetzt kommt der Rundumschlag. Nicht sehr fein, aber das war ihm nach seiner Devise, auch unbequem zu sein, zwar bewusst, aber offenbar egal. Er lenkte bei einer Saison, die er als verheerend bezeichnete, was auch auf sein Konto geht, geschickt von seinen Fehlern in der Transferpolitik ab. Gestand nur eine Teilschuld ein, dass der nahe Draht zu Zoran Barisic im letzten halben Jahr verloren ging. Behauptete als Nachfolger Fraco Foda favorisiert zu haben, damit aber bei Präsident Michael Krammer auf kategorische Ablehnung  gestossen zu sein. Und an Damir Canadi nie gedacht zu haben, weil er wusste, dass dessen mit Altach praktizierter Spielstil nicht zum Rapid-Kader passe.

Aber fatal für Rapid war seine Behauptung, er sei an den Fans gescheitert. Weil er zum Unterschied von Krammer und Wirtschaftsvorstand  Christoph Peschek nicht mit den Ultras im Bett liege: „Die wollten mich weg haben.“ Er habe Krammer gefragt, wie er seinen Job in den letzten drei Jahren gesehen habe. Als der ihn mit „sehr gut“ bewertete, folgte die Frage, „warum tust du mich dann raus“?  Müller glaubt, er wäre den Fans zu unbequem gewesen. Speziell, weil er sich vor deren Buhmann, Max Entrup, gestellt habe. Weshalb ihm Krammer damals vorwarf, zu emotionell zu sein. Denn er habe in der Causa Ultras mit dem Kopf durch die Wand gewollt: „Für mich ist es fatal, dass bei allem Respekt vor der  Unterstützung durch die Fans sie in Entscheidungen des Klubs eingreifen können. Das ist kompletter Wahnsinn. Keiner hat die Courage, um aufzustehen und dem eine Grenze zu setzen.“

Damit bestätigte einer, der jahrelang zur grün-weißen Führungsetage gehörte, genau das, was Rapids ehemaliger Meistertrainer Ernst Dokupil in den Tagen vor seinem 70. Geburtstag ausgesprochen hatte. Dass er das Gefühl habe, der Klub befinde sich in Geiselhaft der Ultras. Müllers Worte dürfe Krammer eigentlich nicht so stehen lassen. Denn sonst könnte man das als Bestätigung werten.

Gestern mittag nahm Rapid Stellung. Allerdings nicht Krammer, sondern Peschek. Dass er versicherte, die Ultras seien an keiner relevanten Entscheidung Rapids beteiligt gewesen, kam erwartet. Die neuen Begründungen, die Peschek für Müllers Entlassung ausser der sportlichen Situation nannte:  Budget für Kaderkosten massiv überschritten, ausgebliebene konstruktive Mitarbeit an struktureller Zukunftsplanung, sein Führungsstil.  Grün-weiße Insider wissen, das Müller Peschek mehrmals spüren hatte lassen, nicht viel von ihm zu halten. Ruhig wird es bei Rapid in dieser Saison nicht mehr werden.

 

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