Eigentlich hätte alles gepasst, wenn Rapid Mittwoch Abend zum dritten Band der grün-weißen Chronik auch die Rückkehr von Louis Schaub präsentiert hätte. Aber der 25 jährige flog Donnerstag früh von Wien nach Hamburg, um seinen Wechsel in die zweite deutsche Liga zu finalisieren. Der Hamburger SV plant, Österreichs Teamspieler bis Sommer vom 1.FC Köln auszuleihen. Gelingt im Kampf gegen Winterkönig Arminia Bielefeld, dessen „Ösi“ Manuel Prietl der „Kicker“ zum besten defensiven Mittelfeldspieler der zweiten Liga kürte, und den VfB Stuttgart der Aufstieg, dann werden die Hamburger Schaub fix verpflichten. Ansonst nicht. Um den Kaufpreis gibt es noch Diskussionen. Der 1.FC Köln, der Schaub quasi vom Hof jagte, wollte ihn trotzdem nicht unter 2,5 Millionen Euro hergeben, die Hamburger boten nur zwei Millionen. Es gab auch unterschiedliche Ansichten, wie viel von Schaubs Gehalt Köln weiter bezahlen soll. Eigentlich ist es schon ein Widerspruch, dass Köln für einen angeblich nicht mehr benötigten Spieler abkassieren will. Andererseits sind auch 2,6 Millionen, auf die sich Hamburg und Köln geeinigt haben, für einen Spieler mit Schaubs Qualitäten bei der aktuellen Preisentwicklung geradezu ein „Schnäppchen“. Egal, Freitag Abend meldete „Bild“ den Wechsel als perfekt. Schaub bestand den medizinischen Test, sah live die 0:4 (0:1)-Niederlage gegen Schalke mit zwei Österreicher-Toren. Michael Gregoritsch erzielte das erste. Alessandro Schöpf das dritte. Wenn Hamburg mit Schaub aufsteigt, Köln ohne ihn absteigt, dann werden in der Domstadt die Fans auf die Barrikaden gehen.
Ist Hamburg für Schaub die richtige Wahl? Bei Rapid hätte er um die Qualifikation für die Europa League gespielt, in Hamburg nur um den Aufstieg in die erste Liga. Aber in größeren Stadien als in Österreich, vor mehr Zuschauern. Das stimmt alles schon, wenn viele sagen, die Heimkehr nach Österreich wäre ein Rückschritt gewesen. Andererseits ist es auch einer,von der ersten in die zweite Bundesliga zu wechseln. Aber ein Typ wie Schaub braucht nach dem ersten großen Tiefschlag seiner Karriere viel Rückhalt. Der wäre ihm bei Rapid auch von den Fans sicher gewesen. Auch in Hamburg? Dort ist bei allen das katastrophale Frühjahr 2019 im Hinterkopf, als der Topfavorit im Kampf um den Aufstieg gescheitert war. Jetzt hat der HSV nach 18 Spielens sechs Punkte weniger als in der letzten Saison. An Trainer Dieter Hecking, der im Sommer bei Mönchengladbach trotz Europa League-Platz Marco Rose hatte weichen müssen, zweifelt dennoch niemand. Die zweite Liga ist mittlerweile so ausgeglichen, dass der Anspruch der Favoriten, einfach durchzumarschieren, völlig unrealistisch ist. In Hamburg fühlt sich die zweite Liga wie ein Abstiegskampf an. Dort herrscht immer die Angst, nicht unter den ersten zwei oder drei zu sein, daher gibt es früher als bei anderen Klubs Krisensymptome. Das macht das Arbeiten deutlich schwerer. Auch für Schaub. Der aber letzte Saison in Köln bewies, mit einer ähnlichen Situation klar zu kommen.
Das zusätzliche Problem in Hamburg könnte Aaron Hunt heißen. Er gilt als bester Spieler im Kader, sozusagen als Platzhirsch. Aber er läuft von einer Verletzung in die andere, kann wahrscheinlich nicht ins Trainingslager mitfliegen, Wird aber Hunt einmal fit, könnte es zu Diskussionen kommen, ob Neuzugang Schaub oder der Routinier spielt. Im Moment setzen Hecking und Sportchef Jonas Boldt total auf Schaub als dritten Österreicher zu Lukas Hinterseer und Martin Harnik, von dem Hecking mehr als bisher fordert. Für die Hamburger geht es am 30. Jänner mit dem Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg weiter. Rapid wäre sicher der ruhigere Hafen für Schaub gewesen, den er jetzt braucht. Es ist schon etwas enttäuschend, dass sich Grün-Weiß so bald geschlagen gab, sich hinter der Behauptung „nicht zu finanzieren“ versteckte, nicht mehr versuchte. Da machte man es sich zu leicht. Auch wenn Red Bull Salzburg in letzter Zeit alles richtig machte, ist es nicht ganz nachvollziehbar, warum Schaub für den Meister kein Thema wurde.
Wenn es um 2,6 Millionen ging, dann hat Rapid nach der Eröffnung des Allianz-Stadions vor drei Jahren schon für schlechtere Spieler mehr Geld ausgegeben. Da waren die handelnden Personen zwar andere als jetzt, aber dennoch, wäre Schaub die Chance für Grün-Weiß gewesen, eine Aufbruchstimmung zu signalisieren. Was auch gar keine Abweichen vom eingeschlagenen Kurs bedeutet hätte. Weil Schaub ja ein Kind von Grün-Weiß ist. Die verpasste Chance, sich wirklich zu verstärken, lässt anderseits den Schluss zu, dass Rapid durch die Fehlkäufe der letzten Jahre nicht mehr die Mittel wie früher hat. Oder die finanzielle Situation nicht so sorgenfrei ist, wie sie im November im Zuge der Generalversammlung präsentiert wurde.