Fußball

Jogi verwaltet nur das deutsche WM-Elend

In Österreich liefert die gelbe Kapitänsbinde von Marko Arnautovic Schlagzeilen,, in Deutschland die bisher schlechteste Jahresbilanz von Jogi Löw als Teamchef. Die 0:3 (0:1)-Abfuhr in der Nations League gegen Holland in der Ajax-Arena von Amsterdam bedeutete die fünfte Niederlage im zehnten Spiel nach dem 0:1 gegen Brasilien, 1:2 gegen Österreich in Klagenfurt, 0:1 gegen Mexiko und 0:2 gegen Südkorea bei der WM in Russland. Fünf Niederlagen musste vor Löw zuletzt Franz Beckenbauer vor 33 Jahren verantworten.  Aber nach der historischen WM-Pleite im Sommer, dem ersten k.o. nach der Vorrunde löst der letzte Platz in der Nations League hinter Frankreich und Holland, der auch eine Abstiegsgefahr signalisiert, ein mediales Erdbeben aus: „Der Glaube an Löw schwindet“, stellte „Bild am Sonntag“ fest. Quer durch Europa regiert die Schadenfreude über die deutsche Krise. „Deutschland weiß nicht mehr wie man gewinnt und kann nicht verhindern, zu verlieren“, schrieb die französische L´Equipe. In Spanien spottete die „AS“ über eine Karikatur des Weltmeisters von 2014. In Italien erklärte die „Gazzetta“ Deutschland für körperlich und mental kaputt.

In Deutschland geht´s viel ärger her. „Bild“ vergibt neuerdings in jedem Match auch an die Trainer Noten, strafte Löw nach dem Debakel mit der schlechtest möglichen ab, nämlich einer sechs. Weil er die jungen Wilden wie Leroy Sane und Julian Brandt zu Beginn auf der Bank ließ, auf die routinierte Achse mit Manuel Neuer, dessen Fehler zum 0:1 führte, Jerome Boateng, Mats Hummels, Toni Kroos und Thomas Müller setzte. Er solle sich gefälligst ein Beispiel an Hollands neuem Teamchef  Ronald Koeman nehmen, der total auf die Jugend setzte. Es stimmt zwar, mit Matthijs de Ligt spielte ein 19jähriger im Abwehrzentrum, dazu mit Denzel Dumfries und Steven Bergwijn zwei Debütanten von Meister PSV Eindhoven, 22 und 21 Jahre jung. Löws Debütant, Schalke-Stürmer Mark Uth, ist schon 27. Aber andererseits bot Löw keinen 31jährigen auf wie Koeman Besiktas-Legionär Ryan Babel. Und trafen die jungen Wilden auch nicht, als sie Löw nach der Pause einwechselte. Sane verschleuderte sogar den Sitzer zum Ausgleich. Das brutale „Bild-Fazit“ heißt: Jogi verwaltet nur das deutsche WM-Elend. Und das will keiner sehen.

Tatsächlich erinnerte die Pleite von Amsterdam an die Niederlagen in Russland: Viel Ballbesitz, aber kaum Chancen, keine Lösungen in der Offensive, anfällig auf Konter. Hummels führte die Niederlage in erster Linie auf die schlechte Chancenverwertung zurück, weshalb ihn „Bild“ als Chef-Schönredner abwatschte. Das ließ sich Hummels nicht bieten, legte sich mit den Medien an: „Es geht immer gegen die gleichen fünf Spieler, die man als ahnungslose Amateure hinstellt.“ Damit meinte er die Routiniers. Löws Bestandsaufnahme: „Es lag nicht nur an den vergebenen Chancen. Wenn wir in Rückstand geraten, fehlt uns die Selbstsicherheit früherer Tage. Und es darf nicht passieren, dass wir im Finish auseinanderbrechen, in den letzten zehn Minuten in zwei Konter laufen.“ Dass er jetzt auch einiges auf die „Fresse kriegen“ wird, wie er es ausdrückte, gab sich da aber im ZDF-Sportstudio gelassen: „Das muss man als Trainer ein Stück weit ausblenden. Darum kann ich mich nicht kümmern, ich muss mich um die Mannschaft kümmern“. Die Dienstag im Stade de France von Paris ohne den verletzten Boateng auf Weltmeister Frankreich trifft. Nur ein Sieg würde die Chance auf den Gruppensieg zurückbringen, die Abstiegsgefahr reduzieren. Aber wer traut Deutschland schon diesen Sieg zu?

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