Fußball

Krokodilsuppe und Spucknapf: Was ein China-Legionär erzählt

Mit einer Ablöse von 80 Millionen Euro will  laut „Daily Telegraph“ ein chinesischer Klub Diego Costa aus seinem bis 2019 laufenden Vertrag bei Chelsea herauskaufen. Das wäre ein neuer Rekord. Antonio Conte, der Trainer des englischen Tabellenführers, nannte aber einen anderen Grund, warum der spanische Torjäger beim 3:0 in Leicester nicht im Kader stand: „Er beendete Dienstag wegen Rückenschmerzen das Training, pausiert seither. Sonst gab es nichts.“ Aber  Costa-Manager Jorge Mendes wird wohl nicht ohne Grund nach China geflogen sein. Wo Günther Bitschnau von der Rapid-Pressestelle bei seinem Asien-Urlaub vergangene Woche in Shanghai den Hype um die neuen Stars aus Südamerika, den brasilianischen Chelsea-Reservistem Oscar und Argentiniens Oldie Carlos Tevez hautnah miterlebte.

Wer in China groß abkassiert, muss auch einiges in Kauf nehmen. Wie der ehemalige bosnische Teamspieler Zvjedzvan  Misiovic, 2009  unter Felix Magath deutscher Meister mit Wolfsburg, dieser Tage in der deutschen „SportBild“ erzählte. Bei aller Freundlichkeit der Chinesen zähle bei ihnen nur Leistung, sonst sei man als Ausländer schnell unten durch. Misimovic spielte ab 2013 in China, löste jetzt seinen Vertrag bei Zweitligist Peking Renhe auf. Beim Lokalrivalen Peking Enterprises steht Österreichs Ex-Teamstürmer Rubin Okotie unter  Vertrag.

„An die kulturellen Unterschiede kann man sich nur schwer gewöhnen“, erzählte Misimovic. Beim Essen im Trainingslager gibt es mitunter Krokodil-Suppe. Einige einheimische Spieler gehen auch in Restaurants, in denen Hundefleisch serviert wird.  Alle Vorschläge von europäischen Trainern, Ernährungsberater zu engagieren, scheitern.  In den Kabinen  hat jeder Spieler einen eigenen Spucknapf, denn Rotzen zählt in China zur Normalität. Die einheimischen Spieler  stört es nicht entscheidend, wenn die Duschen in den Stadien häufig kalt bleiben. Wenn die Legionäre auf den bis zu fünf Stunden langen Flügen zu Auswärtsspielen ein Upgrade in die Business Class wollen, müssen sie das aus eigener Tasche finanzieren. Bei ihren Millionen-Gagen wird das kein Problem sein. Fast die gesamte Mannschaft wohnte zusammen in einem Hotel. Für den Bosnier fühlte sich die ganze Saison wie ein einziges Trainingslager an. An das Abspielen der chinesischen Nationalhymne vor jedem Spiel kann man sich gewöhnen, die Legionäre summen halt die Melodie mit. Die Verständigung läuft meist über Dolmetscher, da die wenigsten Chinesen Englisch sprechen.

Mitunter kann es passieren, dass der Klubpräsident vor dem Match plötzlich mit brennender Zigarre in die Kabine kommt, um eine Ansprache zu halten.  Und das Niveau? Obwohl  die je 16 Klubs der ersten und zweiten Liga das Ausländerkontingent voll ausschöpfen (bis zu drei dürfen gleichzeitig eingesetzt werden, dazu noch einer, der  aus einem anderen Land Asiens kommt) liegt es für Misimovic um Lichtjahre hinter den fünf Topligen Europas this content. Etwas anderes wäre auch überraschend gewesen.

Conte wird am Tag nach dem Sieg in Leicester aber das Thema China, wenn überhaupt, nur am Rande  beschäftigt haben. Obwohl der Italiener Europa vor der chinesischen Geldoffensive gewarnt hatte. Aber viel mehr interessierte   Conte wohl das 0:4-Debakel von Manchester City am Sonntag Nachmittag im Goodison-Park von Liverpool gegen Everton. Damit liegt Chelsea zehn Punkte vor der Mannschaft von Pep Guardiola, auf den schwere  Zeiten  warten. Inklusive beissender Kritik und Spott der englischen Yellow Press. Der FC Liverpool führte in Old Trafford gegen Manchester United bis zur 84. Minuten, ehe Zlatan Ibrahimovic per Kopf mit seinem 14. Saisontor das 1:1 gelang, womit er Diego Costa in der Schützenliste einholte. Damit hat Chelsea hat Chelsea je sieben Punkte mehr als der Zweite (Tottenham) und Dritte (Liverpool). Das wird Conte viel wichtiger sein als Diego Costas möglicher Abgang nach China.

Foto: Wikimedia Common/Instagram.

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