Fußball

Leicester unterwegs zum Nürnberg-Schicksal

Tabellenführer Chelsea unterwegs zur Einstellung des Premier League-Rekords von 13 Siegen hintereinander. Bisher allein gehalten von Arsene Wengers Arsenal-Meistertruppe  in der Saison 2001/02. Mit den Abwehrbollwerken Adams und Campbell, Fußballkünstlern wie Vieira, Bergkamp und Henry. Samstag  kann Chelsea die Marke   an der Stamford Bridge gegen  Stoke einstellen. Auch Meister Leicester ist unterwegs zu einem Rekord. Allerdings zu einem einmalig negativen. Nämlich als Meister abzusteigen. Gelungen ist das unter österreichischer Beteiligung in Deutschland dem 1. FC Nürnbeerg zwischen 1968 und 1969. Nur Schwarzmalerei? Mitnichten.

Leicester ist nach der 0:2-Heimpleite gegen Everton nur noch zwei Punkte vor den Abstiegsrängen. Am auffälligsten war die Protestaktion von Klubbesitzer Srivaddhanaprabha.Der verteilte im King Power-Stadion  32.000 Pappen mit dem Konterfei von Torjäger Jamie Vardy. Als Protest gegen die  Dreispielesperre von Vardy nach einer umstrittenen roten Karte in Stoke. Auch Österreichs Ex-Teamkapitän Christian Fuchs , der seine Gelbsperre absaß, setzte  in der VIP-Loge neben dem thailändischen Milliardär, Vardy und dem ebenfalls gesperrten deutschen Innenverteidiger Huth die Vardy-Maske auf. Das war zwar eine beeindruckende Demonstration, half aber auch nichts.  Leicester hat bisher nur vier von 18 Spielen gewonnen. Mehr Siege feierte in der Abstiegssaison auch der 1.FC Nürnberg in der Hinrunde nicht.

Aufstieg und Fall hingen im Frankenland eng mit dem Namen Max Merkel zusammen. Am 1. Jänner 1967 überahm der damals 48jährige Wiener mit seinem Landsmann Robert Körner den „Club“, wie ihn die Fans nennen. Zuvor wurde er bei 1860 München nach großen Erfolgen (Meister, Cupsieger, Europacupfinale der Cupsieger) durch eine Spielerrevolution unter dem späteren Salzburg-Star Peter Grosser und Stargoalie Petar Radenkovic mit 14:3-Stimmen aus dem Amt gefegt. Merkel rettete Nürnberg  vor dem Abstieg, führte den „Club“ auf Platz zehn.  Da gab´s täglich vier Stunden Training sowie ein neues Prämienysem mit der Devise, dass Geld der beste Psychologe ist. Eine Saison später folgte der unerwartete Marsch zum neunten und bisher letzten Meistertitel des Traditionsvereins. Mit einem Landsmann als Spieler: Gustl Starek kam auf 24 Einsätze mit fünf Toren, verabschiedete sich dann als Meister nach München zu Bayern. Schon zu den ersten vier Heimspielen waren 200.000 Zuschauer gekommen, Vorverkaufsstellen mussten bewacht werden, um Schlägereien um die begehrten Tickets zu verhindern.  Das Geld floss in Strömen, Merkel verdiente die dafür damalige Verhältnisse horrende Summe von 160.000 Euro netto, machte das Buch „Mit Zuckerbrot und Peitsche“ zum Beststeller.

Aber er baute zur Verjüngung die Meistertruppe rigoros um, verzichtete mit dem Kopfballspezialisten Brungs auf ein Aushängeschild, holte 13 Neue. Das klappte nicht. Nürnberg fiel bis ans Tabellenende zurück. Im März verabschiedete sich Merkel. Zunächst wurde Körner der Nachfolger, dann der knorrige Deutsche Kuno Klötzer. Aber nichts ging mehr. Abstieg -bis jetzt einmalig in Deutschland. Erst neun Jahre später gelang der Weg zurück. Merkel betonte zwar bis zu seinem Tod, nicht er sei abgestiegen, sondern Klötzer -aber in Wahrheit verließ er ein bereits sinkendes Schiff. Ist dies jetzt auch Leicester?

Trainer Claudio Ranieri veränderte an der  Meistertruppe zum Unterschied von Merkel in Nürnberg wenig, verlor  mit den französischen Mittelfeldmotor Konte, der jetzt bei Chelsea ein wichtiger Bestandteil des Höhenflugs ist, auch eine Stütze. Die Neuen, wie der von Sporting Lissabon um 30 Millionen Euro geholte algerische Stürmer Islam Slimani oder der Nigerianer Ahmed Musa, mit 18,5 Millionen Ablöse für Spartak Moskau, auch nicht gerade ein Schnäppchen, oder der französische Mittelfeldspieler Mendy machten Leicester bisher  nicht entscheidend besser. „Wir haben genug Qualität, um unten herauszukommen“ prophezeite Fuchs, zu dessen Devise es ja gehört, immer positiv zu denken. Aber allzulange glauben, dass nichts passieren kann, ist auch schlecht.

In Wahrheit haben die  Großklubs als Reaktion auf die Jahrhundertsensation groß aufgerüstet, alle stellten sich auf Leicesters Stil ein. Dem algerischen Spielmacher Mahrez stehen meist zwei Gegner auf den Füßen.Nur in der Champions League klappte es mit einer Ausnahme bisher. Für die Premier League muss sich Ranieri aber rasch etwas Neues und Besseres einfallen lassen. Sonst wird er nach der letzten Runde am 21. Mai in einem Atemzug mit Max Merkel genannt werden.

Foto: Wikimedia Common.

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