Fußball

Lieber enger Kader als zu großer: Peter Stöger denkt anders

Über Weihnachten rechnete „Bild“ mit der Bundesliga ab, sezierte geradezu die ersten 16 Runden. So wenige Fouls wie nie, aber so viele rote Karten wie nie, nämlich 17. Bereits jetzt zwei mehr als der gesamten letzten Saison. Nur 63 % der Elfmeter verwandelt. Die schlechteste Quote seit zehn Jahren.   Auch nur 52 Kontertore,  der Schnitt seit 1993 liegt bei 74.  Für neun sorgte Ralph Hasenhüttls Sensationszweiter Leipzig. Auch mit anderen Ergebnissen  haben österreichischen Legionäre etwas zu tun: David Alaba schlug mit 66 die zweitmeisten Flanken nach Hamburgs Serben Filip Kostic (70). Der Vorletzte Ingolstadt kam dank Markus Suttner (je zwei Tore und Assists) auf die drittmeisten Tore nach Standardsituationen (sieben),   Hasenhüttl sorgte bei Leipzig durch clevere Einwechslungen für die bisher meisten Jokertore – sieben von insgesamt 61, die einen neuen Rekordwert bedeuten. Nach Pässen erzielte Leipzig ex aequo mit Leverkusen die drittmeisten Tore (19)  nach Dortmund (28) und Bayern (24).

Auch Peter Stögers Spieler beim 1.FC Köln scheinen in den Rekordlisten: Jonas Hector, in Stögers Ära zum festen Bestandteil des deutschen Nationalteams gewachsen,  kam bei der Gesamtlaufleistung  mit 181,15 km auf Rang vier. Ein Suttner-Mitspieler bei Ingolstadt hat den Höchstwert: Pascal Groß mit 194,29 km, pro Spiel 12,14. Ein Dauerläufer. Zwei Stöger-Legionäre scheinen auch in den Spitzenwerten der begangenen Fouls auf: Der Däne Sörensen und der Japaner Osako mit je 32 auf Rang fünf. Aber herausragend ist Kölns Torjäger Anthony Modeste: 13 Tore, Rang zwei in der Schützenliste hinter Dortmunds Sprintrakete Pierre-Emerick Aubameyang (mit 16 ist der beste Scorer aller europäischen Ligen), die meisten Kopfballtore (vier) und mit 58 die zweitmeisten Torschüsse der Liga nach Bayerns Goalgetter Lewandowski (70).

Wer glaubt, Peter Stöger derzeit auf den Skipisten rund um Saalbach zu erkennen, der liegt richtig. Am 2. Jänner beginnen die Vorbereitungen für die letzten 19 Partien, die erste am 21. Jänner in Mainz. Andere Vereine fliegen ins Trainingslager nach Dakar, Dubai, Florida, Spanien oder Portugal, Stöger bleibt  in Köln: „Bei drei Wochen Vorbereitung wäre das  zu viel  Aufwand“, glaubt er. Wieder ein Beweis mehr des Klubslogans, der  „1.FC Köln spürbar anders“ heißt. Stöger tickt anders als viele Kollegen. Er zerbricht sich im Urlaub auch nicht den Kopf darüber, wer den nach Hamburg abgewanderten  Innenverteidiger Mergim Mavraj ersetzen könnte. Er plant, keinen zu kaufen. Sondern von den zehn Millionen, die für Winterkäufe zur Verfügung stünden, einiges auf die hohe Kante zu legen. So hielten es Sportvorstand Jörg Schmadtke und er schon letzten Sommer. Mavrajs Abgang  sieht Stöger emotionslos: „Im Sommer endet sein Vertrag, also können wir nur noch im Winter eine Ablöse kassieren.“ Zudem verstehe er, dass der Albanier mit 30 Jahren ein finanziell lukrativeres Angebot annehme: „Ich freu´mich für ihn, weil er sich nach einere schweren Verletzung so gut entwickelte, dass er lukrative Angebote  bekommt. So viel werden wir ihm nicht bieten können.“ Also setzt Stöger  lieber auf die Rückkehr von Verletzten, sprich des Abwehrchefs Dominic Maroh: „Ich setzte nicht gerne Spieler mit Qualität auf die Bank oder gar auf die Tribüne. Da gehe ich lieber mehr Risiko mit einem kleineren Kader als einen größeren mit mehr Konfliktpotenzial zu haben.“ Wieder eine der strategischen Stöger-Entscheidungen, mit denen er bisher gut lebte.

So hilft er auch Köln beim Abbau der Verbindlichkeiten. Mavraj kam vor zwei Jahren ablösefrei von Zweitligist Fürth, jetzt kassiert  Köln mindestens 1,8 Millionen Euro. Noch mehr, wenn Hamburg den Klassenerhalt schafft. Stöger: „Ja, mitunter gelingt uns etwas.“ Auch mit einem Video über das klubeigene TV viel Applaus zu bekommen. Wie jetzt um Weihnachten, übrigens nicht zum ersten Mal. Das Thema: Letztes Training vor den Feiertagen, Stöger dankt für die gute Hinrunde, gibt für das Frühjahr die Parole aus, die Europacupplätze anzugreifen.  Daraufhin umarmt ihn Torwart Kessler, es folgen die innige Umarmungszene der ganzen Mannschaft mit der Devise schenkt euch Liebe. Schnitt. Danach sind nur Stöger, sein Assistent Manfred Schmid und Tormanntrainer Alexander Bade zu sehen. Schmid fragt Stöger: „Denkst Du wirklich, die Spieler glauben das mit dem Europacup?“ Bades Einwurf? „Wieso? Die glauben doch auch an den Weihnachtsmann!“ Das letzte Wort hat Stöger: „Europa mit der Karnevalstruppen?“ Es folgt zu ein schallendes Gelächter des Trainertrios. Stöger: „Wir zeigen damit, dass wir uns selbst verarschen können. Schon ein Zeichen, weil das in unserem Geschäft nicht alltäglich ist.“  Wer will, kann via youtube.com mitlachen.

 

Foto: © FOTObyHOFER/CHRISTIAN HOFER.

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