Fan-Nähe gehört zur Fußballkultur! Dieser Leitsatz zählt er nicht mehr überall: Die Fans leiden unter Liebesentzug. Die Chancen, ihre Stars und Liebling öffentlich zu treffen, reduzieren sich immer mehr. Weil immer mehr hinter verschlossenen Toren als öffentlich trainiert wird. Der Weg zu begehrten Autogrammen oder Selfies wird rund um die Trainings immer schwieriger. Die deutsche SportBild brachte erst aktuell einen Sechsseitenreport zum Thema verbotene Liebe. Bei Peter Stöger in Köln ist es noch nicht so krass: Mindestens drei Trainings pro Woche sind offen. Vor dem Sonntags-Hit gegen RB Leipzig wird nur an den zwei Tagen davor unter Ausschluss der Öffentlichkeit trainiert. Einige deutsche Bundesligaklubs beschäftigen sogar aktuell Trainingscouts, um alle aktuellen Pläne des kommenden Gegners auszuspionieren. Wenn „zugesperrt“ ist, versuchen sie von irgendeinem Erdhügel in Nähe des Trainingsgeländes mit Hilfe von Fernstechern oder Kameras wichtige Details zu erspähen.
Ausgerechnet beim deutschen Elite-Klub Bayern München macht sich die Chefetage, sprich Vorstandschef Karl Heinz Rummenigge sowie speziell Uli Hoeneß für Fan-Nähe stark. Was auch der neue Trainer Carlo Ancelotti akzeptierte. Ein, zwei öffentliche Trainings sind für den Italiener kein Problem, zumal die meist 1000 Fans, die dann an die Säbener Straße kommen, manierlich und diszipliniert sind, sprich weder pfeifen noch grölen, nachher geduldig an der Tiefgaragen-Ausfahrt auf ihre Stars warten, die sich in der Regel auch Zeit nehmen. In Ancelottis Heimat Italien gibt es bei den Topklubs nie öffentliche Trainings. Gilt auch für Spanien und England. Die Argumente der Großmeister des Wegsperrens der Fans, zu denen auch Österreichs Teamchef Marcel Koller zählt, heißen quer durch Europa ähnlich: Es geht um die maximale Ruhe für Spieler und die Arbeit, um den Fans den bestmöglichen Auftritt der Mannschaften zu bieten. Dass man speziell bei Varianten für Standardsituationen seine Karten nicht auf den Tisch legen will, das nur vor verschlossenen Türen ohne eingeschaltete Kameras einstudieren will, ist aber das gute Recht jedes Trainers.
Wie läuft´s in Österreich? Da war der Frust einiger Fans im Juni bei der Europameisterschaft sehr groß. Weil sie bis in den Süden Frankreichs nach Mallemort fuhren, dort aber beim Trainings vor verschlossenen Türen standen, an die Spieler nicht herankamen. Nur an den Tagen nach den Spielen gab es Ausnahmen. Auch in der Vorbereitung für die nächsten Qualifikationsspiele gegen Wales und Serbien wird es nicht anders sein: Nur das erste Training in der Vorbereitung mit Fans, damit ist Schluss. An den folgenden Tagen sind nur die ersten 15 Minuten für die Medien geöffnet. Aber etwas relevantes bekommen sie dabei nie zu sehen, nur das Aufwärmen. Das wird auch so bleiben. Die Situation bei den Spitzenklubs: Meister Salzburg veröffentlicht wöchentlich auf seiner Homepage, welche Trainings in Taxham öffentlich oder geschlossen sind. Oscar Garcia möchte zumindest einen Tag, mitunter auch zwei vor dem Match, keine Fans dabei haben. Ähnlich hält es Rapid seit der Trainerära von Peter Schöttel. Der Trainingsplatz beim Happel-Stadion war da noch nicht so wie jetzt eingezäunt und mit grünen Vorhängen verhüllt.
Schöttel bat einmal sogar, den Berater einiger seiner Spieler (Reiner Tichy) das Training zu verlassen, da er auch beim nächsten Gegner Klienten hatte. Tichy kam fassungs-und verständnislos dem Wunsch nach. Bei Rapid gab es aber auch Zeiten, wo man mit den Nachteilen zu großer Fan-Nähe leben musste: denn in Zeiten, in denen es nicht gut lief, es negative Ergebnisse gab, kam es nicht nur einmal dazu, dass einige Unverbesserliche am Trainingsplatz (damals noch beim Hanappi-Stadion) auftauchten, Spielern und Trainer praktisch Prügel androhten, sollten sie nicht wieder Siege liefern. Passierte speziell vor Derbys gegen Austria.
Bei Austria stellte sich diese und kommende Saison die Frage nach öffentlichen und geschlossenen Trainings nicht so richtig: Durch den Umbau der Generali-Arena übersiedelte die Austria ins Burgenland nach Steinbrunn, ins VIVA-Sportzentrum von Bernd Dallos. Die Fahrten von Wien dorthin und wieder zurück sind selbst eingefleischten violetten Fans zu viel.