Fußball

Nach Aus für „Gogo“ kann nur Kühbauer bei Rapid für Ruhe sorgen

Rund 60 Minuten nach Schlusspfiff beim ersten Bundesligasieg von St. Pölten über Rapid, dem 2:0 (1:0) im Allianz-Stadion vor 15.800 Zuschauern, verließ der siegreiche Trainer mit Rapid-Vergangenheit, Didi Kühbauer, zufrieden die Stätte seines Triumphs. Zu diesem Zeitpunkt war sein Kollege Goran Djuricin bei Rapid schon Vergangenheit. Das ahnte man bereits, als er sich nach den deprimierenden 95 Minuten noch am Spielfeld emotionell von jedem Spieler verabschiedete, ihn umarmte. Das wiederholte er nachher in der Kabine. Er schien bereits zu wissen, dass die dritte Niederlage in der Bundesliga hintereinander, davon die zweite daheim, für ihn das Ende bedeutete. Auch wenn offiziell die Entscheidung erst in einem Sechsaugengespräch nach der Pleite zwischen Präsident Michael Krammer, Sportchef Frey Bickel und Djuricin fiel. Danach sagte Krammer ins Ö3-Mikrofon: „Bei dem Druck, der sich aufgebaut hat, ist es sinnlos, in dieser Konstellation weiter zu machen. Auch wenn das ungerecht sein mag. Durch den Druck ist auch die Mannschaft verunsichert. Das sah man schon in Mattersburg und auch wieder gegen St. Pölten.“

Dabei begann alles ungewohnt ruhig in Hütteldorf. Der Fanblock tat via Transparent kund, in den ersten 15 Minuten zu schweigen. Weil bei ihnen die Nerven blank liegen, die Akkus leer sind. Das schien auch für die Mannschaft zu gelten. Schon in den ersten zehn Minuten prophezeite Mattersburgs Trainer Klaus Schmidt auf der Tribüne: „Das wird ein langes Geduldspiel für Rapid, diesen Riegel zu knacken.“ Kühbauer hatte seine Mannschaft  sehr gut eingestellt. Stets neun Mann hinter dem Ball, sehr diszipliniert. Glück brauchte St. Pölten nur, als der als Rechtsverteidiger wieder falsch eingesetzte Mert Müldür Rapids Führungschance nach einem Eckball nicht nützte, an Tormann Christoph Riegler scheiterte. Der Ex-Rapidler Rene Gartler nützte hingegen St. Pöltens erste Chance knapp vor der Pause zur Führung. Davon erholte sich Rapid nicht. In der zweiten Hälfte kam zunächst nur St. Pölten zu klaren Chancen. Schon vor Gelb-Rot für Rapids Andrij Ivan, ehe Husein Balic, der den verletzten Gartler ersetzte, vier Minuten später aus einem Konter für das zweite Tor und die Entscheidung sorgte. Nach nur 59 Minuten sollte eine in Unterzahl spielende Mannschaft nicht so unsortiert und bei Kontern total hilflos sein wie Rapid bei der Notbremse von Ivan, dem keine andere Wahl blieb.  Erst bei 0:2 klangen „wir haben die Schnauze voll“-Sprechchöre aus dem Fansektor Rapids. Und nach dem Schlusspfiff wieder „Gogo raus“-Rufe. An diesem Samstag konnte nur die Ex-Rapidler in Hütteldorf jubeln: Kühbauer, der zuvor auch mit Admira und Wolfsberg Rapid besiegt hatte, Tormanntrainer Jürgen Macho, Gartler, der im Finish eingewechselte Dominik Hofbauer oder Osarenren Okungbowa, der nur aufwärmen durfte. Robert Ljubicic durfte sich über das gewonnene Bruderduell gegen den älteren Dejan freuen. Bei nur 36 Prozent Ballbesitz hatte St. Pölten aber 17 Torschüsse, nur einen weniger als die Heimmannschaft. Jetzt stehen die Chancen für den Dritten St.Pölten, unter den ersten sechs zu landen, viel besser als die vom Siebenten  Rapid bei blamablen elf Punkten Rückstand auf die Sensationstruppe der Liga, bei 18 auf Tabellenführer Red Bull Salzburg, der mit dem 4:1 (1:0) in  Wolfsberg den neunten Sieg in Serie feierte, einen neuen Startrekord aufstellte. Dabei auch von der roten Karte für Wolfsbergs Tormann Alexander Kofler nach 20 Minuten profitierte.

Rapids Niederlage verstärkte mit Ausnahme von Marvin Potzmann und auf Grund seiner Europa League-Tore Christoph Knasmüller die Zweifel an den Sommereinkäufen von Bickel, die alles andere als billig waren. Von keinem Neuen kamen positive Impulse für das Rapid-Spiel, das erschreckend ideenlos blieb. Ob man einen wie Innenverteidiger Mateo Barac wirklich für einen siebenstellige Summe verpflichten musste? Leute, die Stützen sein sollten, wie Kapitän Stefan Schwab, erwiesen sich als Schwachpunkte. Als Einheit, die gemeinsam das Glück zwingen wollte, wirkte Rapid. Es machte auch keinen guten Eindruck, dass nach Ende der „Gogo raus“-Rufe einige Spiele auf den Rasen kamen und in Richtung Fanblock applaudierten, von dort Applaus bekamen. Machte den Eindruck, dass einige in erster Linie auf sich statt auf den Verein schauen.

Viel Arbeit, die auf Djuricins Nachfolger wartet. Montag wird sich Rapids Präsidium um Krammer (Bild oben) damit befassen, von Bickel auch Vorschläge hören.  Der behauptet, bisher mit keinen Kandidaten gesprochen zu haben. Wenn das stimmt, Rapid keinen aktuellen „Plan B“ hatte, wäre das geradezu fahrlässig. Aber wer wird der neue Trainer? Die Personalentscheidungen des Präsidiums waren in letzter Zeit nicht die glücklichsten. Einige aus der Gremium sollen eine Tendenz zu Wolfsberg-Trainer Christian Ilzer haben.  Rapid braucht aber jetzt keinen „Trainerlehrling“, sondern einen erfahrenen, der  zudem weiß, wie es bei Grün-Weiß zugeht. Peter Pacult, vor zehn Jahren der letzte grün-weiße  Meistermacher, wäre so einer. Er sah da letzte Djuricin-Spiel live, glaubt aber selbst, kein Thema zu sein, ohne das zu verstehen. Kühbauer  versicherte, bisher nicht kontaktiert worden zu sein. Er sprach mit Bickel aber im Frühjahr, bevor der die  Vertragsverlängerung mit seinem „Favorit“ Djuricin durchsetzte.

Kühbauer scheint aber im Moment der einzige zu sein, der bei Rapid für die dringend nötige Ruhe sorgen könnte. Ob er dem Ruf nach den zwei Absagen an ihn seit Herbst 2016 folgen würde, ist wieder eine andere Sache. Auf jeden Fall müsste das Präsidium mit Kritik leben, wenn es zum Kühbauer-Comeback in Hütteldorf 22 Jahre nach seinem Abschied als Spieler  kommt. Nämlich, dass für einen Trainer, der zweimal am Markt war, gratis zu haben gewesen wäre, jetzt eine hohe sechsstellige Summe bezahlt werden müsste, um ihn aus dem Vertrag in St. Pölten herauszukaufen. Aber diese Kritik müsste die grün-weiße Chefetage im Interesse des Klubs in Kauf nehmen. Kühbauer bewies bei Admira, Wolfsberg und in St. Pölten, eine Mannschaft in kurzer Zeit nach vorne pushen zu können. Und nichts braucht Rapid jetzt dringender als das.

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