Um Platz eins, wie zu Erfolgszeiten des Wiener Fußballs, geht es schon seit einigen Derbys zwischen Rapid und Austria nicht mehr. Sonntag nur um Platz vier. Und trotzdem gibt es in Hütteldorf ein ausverkauftes Haus mit 26.000 Zuschauern. Denn es stehen für Grün-Weiß und Violett richtungweisende Wochen an, die bei Rapid etwas intensiver ausfallen, da Austria nicht im Europacup vertreten ist: Fünf Spiele innerhalb von 13 Tagen in drei verschiedenen Bewerben stehen am Rapid-Programm. Für das neue Kraft getankt wurde, genug Energie vorhanden ist, um nicht ängstlich zu agieren, sondern für ähnliche Jubelszenen wie in den starken Heimspielen gegen Slovan Bratislava und Steaua Bukarest (Bild oben) zu sorgen. Ein Versprechen von Kapitän Stefan Schwab zwei Tage vor dem 327. Wiener Derby. Und dass keiner den Eindruck haben wird, die Mannschaft könnte gegen den Trainer spielen. Aber das gehört nicht zu den von ihm angesprochenen Kapiteln Tugend und Wille, sondern eigentlich zu den Selbstverständlichkeiten.
Sportchef Fredy Bickel ließ allerdings auch mit einem Geständnis aufhorchen. Nämlich, dass in den letzten zwei, drei Monaten auch einiges falsch gelaufen ist. Welche Fehler passierten, konkretisierte er nicht. Aber bei der internen Analyse dürften die zu große Anzahl der Muskelverletzungen vom Beginn der Vorbereitung, sprich Andrija Pavlovic, bis zur letzten von Boli Bolingboli vor der Länderspielpause das Thema gewesen sein. Die verkündete Überwachung des Trainings mit einer Art GPS kann nicht der Weisheit letzter Schluss gewesen sein. Denn die gab es bereits seit Jahren. Also muss am „Programmieren“ etwas geändert worden sein. Wie man hört, gilt mehr als bisher auch die Herzfrequenz der Spieler als entscheidendes Faktum für die Belastung. Nur auffällig, dass bei diesem Thema der Name von Fitnesschef Toni Beretzki nie fiel
Von 27 Spielern stehen aktuell 21 zur Verfügung. So hieß Bickels Bestandsaufnahme. Was wiederum bedeutet, dass während des Intensivprogramms sich die Möglichkeiten für Djuricin, zu rotieren, in Grenzen halten. Die gibt´s bei den Innenverteidigern, im zentralen Mittelfeld mit Philipp Malicsek und bei den Offensivpositionen mit der Wahl zwischen dem schnelleren, spielerisch besseren Andrij Ivan oder dem kämpferisch wertvolleren Veton Berisha. Pavlovic steht vorerst für Kurzeinsätze zur Verfügung, aber nicht für die Startelf. Über den mit sicher zu vielen Vorschusslorbeeren geholten Schweizer Stürmer Jeremy Guillemenot fiel auch bei Bickel und Djuricin kein Wort.
Natürlich fehlten auch vor dem Derby, das laut Prognose von Austrias Trainer Thomas Letsch von beiden Seiten mit offenem Visier geführt werden wird, nicht die Fragen nach möglichen Aktionen des Fanblocks gegen Djuricin. Der schwor sich, zum letzten Mal dazu Stellung zu beziehen, sagte etwas vernünftiges: Solange es erst nach dem Spiel wie zuletzt in Graz die „Gogo raus“-Rufe und Transparente geben wird, nimmt er das zur Kenntnis, ohne dass er verständlicherweise gut damit leben kann. Aber während der Spiele erhofft und erwartet er auch die Unterstützung der Fans für die Mannschaft wie zuletzt.
Den Rapid-Fans fehlt diesmal ihre violette Reizfigur namens Raphael Holzhauser. Also kann die grün-weiße Chefetage mit der Erwartung leben, dass es ohne Zwischenfälle und Konsequenzen durch die Bundesliga abgehen wird. Die grün-weiße Hoffnung: Unter Djuricin gab es in den fünf Derbys der vergangenen Saison in Bundesliga und Cup keine Niederlage. Aber auch keinen Heimsieg. Darum wäre mit einem Unentschieden am Sonntag keiner zufrieden. Bei Violett sieht das etwas anders aus. Denn dann bliebe Austria trotz des siebenten Auswärtsspiels hintereinander ohne Sieg noch immer in der Tabelle vor dem Wiener Erzrivalen.