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Nur das Happy End fehlte bei Salzburgs bester Leistung

Wer Salzburgs 3:1 (1:1) gegen Napoli nicht gesehen hat, speziell live in der prickelnder Atmosphäre des ausverkauften Stadions, aber auch vor den TV-Schirmen, der hat etwas versäumt. 29.000 Zuschauer verabschiedeten nach 94 heroischen Minuten die Salzburger, als wären sie aufgestiegen, hätten sie gerade Italiens Vizemeister eliminiert und sich nicht im Achtelfinale mit einem Gesamtscore von 3:4 verabschiedet. Sie haben sich diesen Beifallsorkan auch verdient, obwohl die Enttäuschung am Ende riesengroß war. Munas Dabbur (Bild oben) sass minutenlang am Boden, bei Hannes Wolf flossen sogar die Tränen. Wer weiß, ob er nächste Saison bei RB Leipzig einen solch mitreißenden Abend erleben wird. In dem viel mehr mit reißende Szenen, Leidenschaft und Dramatik, drinnen waren als am Abend zuvor beim großen Champions League-Schlager zwischen Bayern München und Liverpool. Salzburgs Trainer Marco Rose nannte  45 Minuten nach Schlusspfiff trotz aller Enttäuschung über das Ausscheiden im Stolz über die tolle Leistung das Ziel für den Rest der Saison: „Über die Meisterschaft für die Champions League qualifizieren.“

Nachkarten hilft nicht. Ob Salzburg daran gescheitert ist, in Neapel nicht eine der Chancen auf das Auswärtstor genützt zu haben oder beim Retourspiel am schnellen Rückstand statt dem raschen Führungstor, bleibt am Ende egal. Jedenfalls stand Napolis Trainerstar Carlo Ancelotti bereits nach drei Minuten mit hoch erhobenen Händen in seiner  Coaching Zone, weil sich seine Mannschaft des Salzburger Pressing kaum erwehren konnte. Elf Minuten später setzte er sich nieder, schmiss Rose wütend seine Jacke weg: Ein Ballverlust von Enock Mwepu leitete Napolis Konter ein, beim Rettungsversuch traf Andreas Ulmer unglücklich Jerome Onguene, was via Tormann Alexander Walke zur idealen Vorlage für den Polen Arkadius Milik wurde, der diese auch nützte. Nach 25 Minuten zog Rose die Jacke wieder an, denn Munas Dabbur sorgte nach idealer Vorarbeit des 18jährigen Debütanten Dominik Szoboszlai für den Ausgleich. Der bestätigte die Vorschusslorbeeren, die er erhielt, mit einer starken Vorstellung: „Ich bin nie nervös. Wenn das Stadion voll ist, gibt mir das neue Energie“, erklärte er nachher ganz gelassen in der Mixed Zone. Der spielte vor zweieinhalb Jahren noch bei MTK Budapest sozusagen vor der Wiener Haustür. Weder Austria noch Rapid wussten von ihm oder erkannten sein Talent. Egal warum: Das zeigt wieder,wie schwach das Scouting der Wiener Klubs im Vergleich zu Österreichs Meister ist.

Auch wenn die Salzburger wussten, dass weitere vier Tore für das Aufstiegswunder Illusion waren, ließen sie nie nach, verteidigte so ihren Heimrekord in der Festung Salzburg, 18 Europacupspiele ohne Niederlage.  Darauf hatte Rose die Truppe schon vor dem Spiel eingeschworen. „Wir wollten nach der Pause das Resultat nur verwalten. Ein Fehler, der menschlich verständlich ist“, meinte Ancelotti. In Wahrheit ließ aber Salzburg den Italiener keine Luft zum Atmen. Speziell nach dem 2:1 von Joker Fredrik Gulbrandsen, der in Salzburg das nachholte, was er im Stadio San Paolo versäumt hatte. Waagrecht in der Luft liegend traf Dabbur spektakulär im Finish nur die Stange, in der 92.Minute sorgte mit dem nach 78 Minuten eingewechselten Christoph Leitgeb noch der 33jährige Oldie für das 3:1, das ihm  alle von Herzen vergönnten. Rose erklärte warum: „Er weiß, dass wir die jungen Speiler forcieren, lässt sich im Training nie hängen, gibt Gas, hilft den jungen Spielern mit seiner Erfahrung. Ich freu mich für ihn, dass ihm noch dieses Tor gelang.“ Sein erstes und vermutlich letztes in der Europa League unter Rose.

Ancelotti lobte Salzburg als eine „starke Mannschaft mit vielem jungen Spielern, die einen hohen Rhythmus hat.“ Rose antwortete auf die Frage des italienischen Journalisten, was er Napoli noch in der Europa League zutraue, selbstbewusst: „Wer uns ausschaltet, der muss schon etwas drauf haben. Der kann alles schaffen, auch die Europa League gewinnen. Das würde uns noch aufwerten.“ Der Frage, ob dieses Match seine Zukunft mitbestimmt habe, wich er aus: „Diese Leistung ist für den Rest der Saison der Maßstab, an dem wir uns selbst messen werden.“ Unvorstellbar, dass diese Salzburger Mannschaft nicht zum sechsten Mal hintereinander  Meister wird.

Salzburgs leidenschaftliche Vorstellung sollte auch Vorbild für Österreichs Team zum Start in der EM-Qualifikation gegen Polen sein, für den Philipp Lienhart nach seiner Gehirnerschütterung ausfällt. Franco Foda war Augenzeuge des Salzburger 3:1. Ebenso Red Bull-Boss Didi Mateschitz, der sich in seiner Absicht bestärkt gefühlt haben wird, Rose nicht gehen zu lassen. Auch Israels Sportchef Willi Ruttensteiner sah live Salzburgs Prestigesieg. Er wird sich Dabbur in dieser Form auch in Israels Teamdress gegen Slowenien und Österreich wünschen.

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