Am Weg zum Champions League Titel holte der FC Liverpool letzte Saison im Semifinale an der Anfield Road gegen den FC Barcelona einen 0:3-Rückstand auf, kam durch ein 4:0 ins Endspiel. Da wird es doch Mittwoch kein Problem sein, gegen Atletico Madrid ein 0:1 in den Aufstieg ins Viertelfinale zu verwandeln. Oder doch? Beim Hinspiel im Stadio Wanda Metropolitano funktionierte das Defensivkonzept von Trainer Diego Simeone mit zwei Viererketten so perfekt, dass Liverpool eigentlich zu keiner klaren Torchance kam. Atletico liegt derzeit in der La Liga mit 15 Punkten Rückstand auf Barcelona nur auf Rang fünf, war in der acht Jahren unter Simeone noch nie schlechter. Aber kassierte in den 27 Runden dennoch nur 21 Tore, zehn weniger als Tabellenführer Barcelona. Nur Real Madrid war defensiv noch stärker, bekam zwei Treffer weniger.
„Für einen Verteidiger gibt es keinen besseren Verein als Atletico Madrid“. behauptete Ex-Tottenham-Abwehrspieler Kieran Trippier nach seinem Wechsel zu den „Colchoneros“ im letzten Sommer. Die Leidenschaft des Trainers überträgt sich auf die Mannschaft: „Gegen Kollegen Simeone bin ich in der Coaching Zone geradezu ein ruhiger Typ“, behauptete Liverpools „Erfolgsvulkan“ Jürgen Klopp. Wird sich wohl auch Mittwoch Abend bestätigen.
Wenn Trippier, Stefan Savic Teamverteidiger des Montenegro, der Brasilianer Felipe Monteiro, der Spanier Mario Hermoso oder der Kroate Srne Vrsaljko sich dem Sturmlauf des Titelverteidigers entgegenstemmen werden. Und hinter ihnen steht immer noch Jan Oblak (Bild oben). Der 27 jährige slowenische Klassekeeper kassierte im Herbst in den sechs Gruppenspielen gegen Juventus Turin, Leverkusen und Lok Moskau nur fünf Tore. In den vergangenen vier Jahren gewann er jede Saison die „Trofeo Zamora“ der La Liga für den Torhüter mit den wenigsten Gegentoren. Er braucht kein Siegerteam, um selbst gut auszusehen, rettete mit unfassbaren Reaktionen Atletico viele Punkte. Die Mitspieler adelten ihn zu besten Tormann der Welt, Simone sagt fast regelmäßig, wie phantastisch Oblak ist. Wird er gegen Lievrpools Angriffsmaschine auch sein müssen.
Die allerdings seit dem 0:1 in Madrid etwas ins Stottern kam. Auch das 2:1 gegen Bournemouth am letzten Samstag wirkt nach den Niederlagen gegen Watford und Chelsea nicht wirklich überzeugend und prickelnd. Raubt Oblak auch dem Ex-Salzburger Sadio Mane, Mo Salah und Roberto Firmino den Nerv, weil er schneller als andere Torhüter sieht, wenn er springen muss, egal, ob der Ball hoch oder flach kommt? Von Österreichs Team ließ sich Oblak letztes Jahr in der EM-Qualifikation in beiden Partien je einmal bezwingen. In Klagenfurt von Guido Burgstaller, in Laibach durch den Kopfball von Verteidiger Stefan Posch.
Wer schafft das von den „Reds“, die Tormann Alisson und Kapitän Jordan Henderson vorgeben müssen? Eigentlich steht in Liverpool alles im Banne des bevorstehenden ersten Meistertitels in der Premier League seit 30 Jahren, auf den nur noch zwei Siege, im „Merseyside-Derby“ gegen Everton und am 21.März an der Anfield Road gegen Crystal Palace fehlen. Aber Klopp versichert: „Wir sind total auf Atletico Madrid fokussiert“. Für die Fans würde der 19.Meistertitel allerdings mehr zähen als der siebente Triumph in der Königsklasse.
53.000 Zuschauer werden an der Anfield Road sein, keine im Pariser Parc de Prince, wo Paris St. Germain ein 1:2 gegen Borussia Dortmund aufholen will. Das Geisterspiel wegen des Corona-Virus bedeutet natürlich Wettbewerbsverzerrung. Dortmund siegte daheim mit dem Rückhalt von 80.000 Fans durch zwei Tore des Ex-Salzburgers Erling Haaland 2:1, in Paris wird es eine Atmosphäre geben, die einem Freundschaftsspiel ähnelt. Leidtragender könnte Thomas Tuchel, der deutsche Trainer des französischen Meister sein: Scheitert Paris St, Germain wie die letzten Jahre im Achtelfinale, dann ist wohl seine Ära spätestens im Sommer vorbei.