Nur noch neun Wochen bis zum Start in die Qualifikation zur Europameisterschaft 2016: Teamchef Franco Foda sowie seine Assistenten Thomas Kristl und Imre Szabics werden am Wochenende beim Rückrundenstart der Bundesliga in Deutschland unterwegs ein, um einige Kandidaten zu beobachten. Einer der fünf Gegner Österreichs, Lettland, sucht noch einen Teamchef. De ehemalige finnische Teamstürmer Mixa Paatelainen, der erst letzten Mai den Job übernahm, ist nach der sieglosen Nations League, in der nur vier Unentschieden gegen Kasachstan und Andorra gelangen, es zwei Niederlagen gegen Georgien setzte, seit Dezember wieder Geschichte. Auf der Suche nach dem Nachfolger ist der neue Verbandschef, der ehemalige Teamspieler Kaspars Gorkss, und Generalsekretär Edgars Pukinskas, auch in Österreich gelandet. Bei Zoran „Zoki“ Barisic. Der überlegt noch. Aber viel Zeit bleibt ihm dazu nicht mehr.
Wie Lettland auf Barisic als Kandidat kam? Durch seinen 42fachen Teamspieler Vitalis Maksimenko, von 2015 bis 2017 Legionär bei Mattersburg. Derzeit steht der Verteidiger bei OIimpija Laibach unter Vertrag, wo er im Herbst die Qualitäten von Barisic schätzen lernte, ehe es Anfang Dezember zur überraschenden Trennung kam, weil Präsident Milan Mandaric und der Finanzchef glaubten, Barisic vorschreiben zu können, welche Spieler er im Interesse des Klubs aufstellen sollte. Daher wurde der Vertrag, der bis 2021 gelaufen wäre, aufgelöst. Barisic ist wieder am Markt. Und die EM-Qualifikation hätte ihren emotionellen Reiz für ihn: Gegen seine Heimat Österreich, gegen Israel mit Teamchef Andreas Herzog, mit dem er früher im Rapid-Nachwuchs zusammengespielt hatte und gegen Slowenien, das Land seines letzten Klubs. Die Qualifikation beginnt für den krassen Aussenseiter im März mit den Auswärtsspielen gegen Mazedonien und Polen. Im September gastiert er in Österreich, wahrscheinlich in Salzburg. Es gibt Legionäre in der Schweiz, in Polen, Slowenien, Kasachstan und Zypern. Der 38jährige Tormann Andris Vanins, fünfmal Lettlands Fusballer des Jahres, spielt beim renommiertesten Klub. Aber er ist beim Schweizer Cupsieger FC Zürich nicht die Nummer eins.
Lettland besten Zeiten im Fußball liegen schon 15 Jahre zurück. Das war die Teilnahme an der Europameisterschaft 2004 in Portugal, bei der gegen Deutschland ein überraschendes 0:0 gelang, es gegen Tschechien (1:2) und Holland (0:3) Niederlagen setzte. Neun Jahre zuvor schlugen die Letten in der Qualifikation zur EM 1996 nach einem 0:5 in Salzburg Österreich in Riga 3:2, verloren zwei Jahre später in der Qualifikation für die WM 1998 in Wien 1:2 und daheim 1:3. In Österreich spielten auch lettische Legionäre: Jewgeni Milewskij von 1989 bis 1991 bei Austria, danach bei St. Pölten, Teamkapitän Vitalis Astafjevs, der 167 Länderspiele bestritt, 1996/97 bei Austria, 2003/04 bei Admira. In der Südstadt übrigens gemeinsam mit Barisic. In Lettland gilt Eishockey ganz klar als die Nummer eins im Sport. Österreich bestreitet im Mai sein erstes Spiel bei der Eishockey-WM in Bratislava gegen die Letten.
Jeder Punkt, den Lettlands Fußballer in der Gruppe G der EM-Qualifikation gegen Polen, Österreich, Israel, Slowenien, und Mazedonien erkämpfen sollten, würde als Erfolg gelten. So gesehen müsste Barisic ja sagen. Denn er kann nur gewinnen, hat nichts zu verlieren, würde dabei neue Erfahrungen sammeln, die ihm später nützen konnten. Warum er zögert? Weil er mit seinen erst 48 Jahren doch lieber täglich mit seiner Mannschaft auf dem Platz arbeitet als sie nur zwölf Mal im Jahr zur Verfügung zu haben, ansonst mit Spielerbeobachtungen beschäftigt sein würde.