Fußball

Schwitzen tut nicht weh: Rapid braucht so wie früher einen dominanten Kühbauer

Nur 15 Stunden und 29 Minuten lagen zwischen  Rapids Bekanntgabe vom Engagement Didi Kühbauers als Trainer und der offizieller Präsentation am Dienstag Mittag (Bild oben). Bei der er sich so gab, wie man ihn kennt: Bodenständig, realistisch und optimistisch zugleich. Der weiß, was  auf ihn, beginnend am Donnerstag Abend mit dem Europa League-Hammer bei den Glasgow Rangers im Ibrox Park, der live auf Puls4 zu sehen ist zukommen wird: „Wenn es nicht aufwärts geht, dann hilft mir meine Rapid-Vergangenheit auch nicht“. Mit aufwärts meinte  er nicht nur die nächsten Wochen, sondern die nächsten Jahre. Und da ließ er sich zu einem ersten  gewagten Versprechen hinreißen: „Wir werden näher an Red Bull Salzburg herankommen.“ Eine Methode dazu, die er im Kopf hat: Das Training anziehen. Da er weiß, dass Schwitzen noch keinem weh getan hat.

Kaum hatte der Jahrhundertrapidler Hans Krankl Montag Abend beim „Talk und Tore“ von  Sky noch gemeint, es gebe die Rapid-Familie eigentlich nicht mehr, weil keiner mit Rapid-Vergangenheit zu der Chefetage gehört, was einiges für sich hat, war nach zweieinhalb Jahren Pause einer mit Rapid-Vergangenheit Trainer. Der dies nach Krankls Einschätzung eigentlich nicht hätte machen dürfen, weil mit ihm in den letzten zwei Jahren zwar verhandelt wurde, aber dann Damir Canadi und Goran Djuricin den Vorzug erhielten. Wobei Sportchef Fredy Bickel nur bei Djuricin involviert war. Aber für Kühbauer  gab es kein Nachdenken, als sich sein Traumklub, bei dem er immer Trainer werden sollte, bei ihm meldete: „Ehrlich, für mich kam das überraschend.“ Kühbauer sagte zu, deponierte bei St. Pölten den dringenden Wunsch, sich in Richtung Hütteldorf verändern zu dürfen, auch weil er mit Grün-Weiß´international mitmischen kann. Also stimmte St. Pölten nach laut Bickel schwierigen Verhandlungen zu. Für die höchste Ablöse, die je für einen Trainer in Österreich gezahlt wurde. „Ich verliere in St. Pölten keinen Freund“, gab sich Kühbauer überzeugt. St. Pölten will die Kühbauer-Nachfolge in der Länderspielpause regeln. An Manfred Schmid, Peter Stögers Assistenten bei Wr.Neustadt, Austria, dem 1.FC Köln und Borussia Dortmund, wird gedacht. Die Frage ist, ob sich das, was er seit fünf Jahren in Deutschland in jeder Hinsicht gewohnt war, mit den St.Pöltener Realitäten in Einklang bringen lässt.

Zurück zu Kühbauer. Er ging am ersten Tag seiner Ära daran, die Spieler persönlich kennenzulernen. Zwei kennt er aus seiner Zeit  als Admira-Trainer: Christopher Dibon, der bei ihm hoch im Kurs stand, sein verlängerter Arm am Spielfeld war, und Kapitän Stefan Schwab. Damals war wie jetzt bei Rapid Toni Beretzki für die Fitness zuständig. Mit dem hatte Kühbauer am Ende seine Differenzen wie bei Rapid in den letzten Wochen Djuricin. Die Fans will Kühbauer zurück ins Boot holen. Aber dies allein geschah schon dadurch dass er Trainer wurde. Für die Fantribüne ist er die lebende Erinnerung an bessere Zeiten. Denn Kühbauer war zwischen 1992 und 1997 bei Rapid Cupsieger, Meister und im Fiale des Europacups der Cupsieger. Als er damals von Admira nach Hütteldorf kam, sah es ähnlich düster wie derzeit aus, finanziell sogar noch viel düsterer. Was ihm in Hütteldorf nicht gefällt, deponierte Kühbauer in aller Öffentlichkeit schon am ersten Tag: „Der Rasen ist nicht in diesem Zustand, in dem er in solch einem Stadion sein sollte, ist für eine Mannschaft, die daheim das Spiel machen muss, ein Nachteil. Davon hat St.Pölten letzten Samstag profitiert.“

Kühbauers Trainer zu diesen Zeiten, Ernst Dokupil, begrüßte das Engagement von einem seiner Lieblingsspieler: „Er muss auch als Trainer so dominant werden wie damals. Sonst er ist in Hütteldorf praktisch erschossen. Ich wünsch ihm nur, dass er unter die ersten sechs kommt. Man unterschätzt, was fünf Punkte Rückstand auf Wolfsberg  bedeuten.“ Vor allem, weil Rapid derzeit einen Stürmer hat, der sechs Tore erzielte wie der Ex-Rapidler Rene Gartler unter Kühbauer bei St.Pölten. Dokupil, der zuletzt aus Ärger darüber, weil Präsident Michael Krammer behauptete, er habe ihm Canadi empfohlen, was er als komplett falsch bezeichnet, nicht ins Allianz-Stadion mehr ging, wird Sonntag zu Kühbauers Heimpremiere gegen Mattersburg kommen. Das ändert nichts an seiner kritischen Einstellung: „Rapid lobt sich für ein finanzielles Plus in der Transferbilanz. Aber das bedeutet immer  ein Minus an Punkten. Man sieht´s ja derzeit.“

Aus Laibach gratulierte Kühbauer sein Freund aus gemeinsamen Rapid-Spielerzeiten, Zoran Barisic, mit dem er in den letzten Tagen ständig in Kontakt stand: „Didi hat sich das mehr als verdient“, behauptete der letzte Vorgänger von Kühbauer, der auf eine Erfolgsbilanz zurückblicken kann, „aber jetzt ist er in der Waschmaschin!“ Was Barisic damit sagen wollte, weiß sein Freund aber ohnehin: Rapid bedeutet viel mehr Stress als St. Pölten! Das weiß Kühbauer. Er glaubt damit besser umgehen zu können als vor seiner zweieinhalbjährigen Pause zwischen Ende bei Wolfsberg und Neustart in St.Pölten: „Die Zeit hab ich genützt, um mich zu hinterfragen“. Jetzt weiß er, dass es für seine Töchter, inzwischen 14 und 11 Jahre alt, nicht gut ist, wenn sich der Herr Papa unten in der Coaching Zone wie ein Narr aufführt.“ Wird nicht mehr passieren, obwohl er genau mitfiebert wie früher: „Am wichtigsten ist es, authentisch zu bleiben.“

Nicht zur Verfügung stehen wird Kühbauer in den nächsten Wochen  Max Hofmann wegen einer Bänderrisses im Knie. Eine Hoffnung nahm Kühbauer  den Fans aber gleich: „Ich kann nicht über Nacht ein Zaubersystem für die Mannschaft erfinden, das auf Anhieb funktioniert.“ Aber er erwartet doch, dass alle versuchen,s eine Vorgaben am Rasen umzusetzen. Das sagte er der Mannschaft gleich beim Kennenlernen. Und noch etwas: „Mir ist jeder Spieler gleich wichtig. Egal, ob er zum Stamm gehört oder  auf der Bank sitzt.“ Eienr freute sich gestern besonders, Kühbauer wieder in der Rapid-Kabine begrüßten zu dürfen: Masseur Wolfgang Frey. Der hatte schon Didis Wadeln geknetet, als er Rapid-Spieler war!

Foto: © SK Rapid Wien Media.

Meist gelesen

Nach oben