Fußball

Rapid fehlt weiter die Qualität von Salzburg

Den selbstbewusstesten Spruch am rot-weiß-roten Fußballsonntag lieferte Austrias Kapitän Raphael Holzhauser nach seinem Siegestreffer in Unterzahl zum 2:1 (0:0) in Wolfsberg in der Nachspielzeit. Er bezeichnete seinen 100. Einsatz in der Bundesliga als ein richtiges Schweinespiel beider Mannschaften und schrieb via „Sky“ allen Kritikern an Violett ins Stammbuch: „Was die anderen reden, die können uns alle am Arsch lecken.“ Keine starken Worte, aber anders als in Kärnten starke Leistungen gab es später in Hütteldorf beim Schlager zwischen Rapid und Meister Red Bull Salzburg beim 2:3 (1:1). Vor 25.300 Zuschauern, 7.445 mehr als in den anderen vier Partien der 16. Runde zusammen. Die Erkenntnis aus der für österreichische Verhältnisse wirklich temporeichen, mitreißenden Partie: Rapid fehlt bei aller Verbesserung seit Beginn der  Saison weiter die Qualität des Doublegewinners, der es sich leisten konnte, mit Munas Dabbur seinen Topscorer auf der Bank zu lassen, praktisch in sieben Minuten alles entschied. Und im Finish den Vorsprung über die Distanz rettete, obwohl die Mannschaft mausetot, stehend k.o. war. Die Einschätzung stammt von Trainer Marco Rose, der sich sehr freute, in Hütteldorf  den Mann zu treffen, der vor 22 Jahren den 19jährigen Verteidiger Rose in die Mannschaft des VfB Leipzig in der zweiten Liga geholt hatte.

Das ist Gustl Starek, einer von sieben aus der Rapid-Meistermannschaft von 1967, die sich den Schlager nicht entgehen ließen. Ausser Starek noch Tormann Roman Pichler, Erich Fak, Franz Hasil, Walter Skocik, Jörn Bjerregaard und Leopold Grausam. So viel Klasse fehlt Grün-Weiß 50 Jahre später trotz Riesenaufwand. Obwohl sich Trainer Goran Djuricin etwas einfallen ließ: Philipp Schobesberger an vorderster Front mit der Hoffnung, dass seine Schnelligkeit die Salzburger Innenverteidiger  in Verlegenheit bringt. Hinter ihm Joelinton  im Mittelfeld. Da machte er bessere Figur als oft als Spitze. Louis Schaub, weil er nach der Grippe diese Woche kaum trainieren konnte, was Djuricin geheim hielt, auf der Bank. Veton Berisha meldete sich Samstag mit Hüftbeschwerden ab, die Montag genau untersucht werden. Daher wäre Steffen Hofmann endlich wieder dabei gewesen, doch ihn stoppten Adduktorenprobleme.

Die speziellen Massnahmen von Rose: Mit Paulo Miranda, Marin Pongracic und Duje Caleta-Car erstmals drei Innenverteidiger. Das sollte im 30. Saisonspiel mehr Sicherheit bringen, da Rose doch bei Rapid ohne Europa League-Belastung mehr Power erwartete. Und die zweite Überlegung: Die beweglichen Asiaten Hee.Chan Hwang und Takumi Minamino würden ganz vorne mit ihrer Beweglichkeit und Schnelligkeit Rapids Abwehr mehr zusetzen als Dabbur. Das sollte sich bewahrheiten. Wie die Djuricin-Idee mit „Pfitschipfeil“ Schobesberger. Schon nach sieben Minuten konnte ihn Miranda als letzter Mann nur mit einem Foul stoppen. Referee Markus Hameter bestrafte dies nur mit der geben Karte, Rot wäre die richtigere Entscheidung beweisen. Aber Rapid darf die Niederlage nicht am fehlerhaften niederösterreichischen Referee fest machen, der auch am 1. Juni des Klagenfurter Cupfinale zwischen Rapid und Salzburg geleitet hatte.

Der Freistoss, der zu Rapids 1:0 führt, war umstritten. Denn da zogen sowohl Miranda als auch Joelinton. Das vor der Pause wegen Abseits von Assistent Maxmilian Weiß  annullierte Tor von Minamino war korrekt.  Der Frust-Tritt von Joelinton von hinten gegen Andreas Ulmer nach einer Stunde war nicht Gelb, sondern ganz klar Rot. Die Aberkennung des bereits gepfiffenen vermeintlichen Ausgleichs durch Giorgi Kvilitaia samt gelber Karte für den Georgier waren richtig. Auch wenn erst der vierte Referee Dieter Muckenhammer Assistent Weiß auf das absichtliche Handpiel Kvilitaias aufmerksam machte. Weiß erkannte es zunächst nicht, Muckenhammer sah es am TV-Schirm am Spielfeldrand. Daher griff er ein. Die Premiere des „Videobeweises“ in Rot-Weiß-Rot, obwohl es ihn gar nicht gibt, erinnerte an die Szenen beim WM-Finale 2006 zwischen Italien und Frankreich in Berlin bei der roten Karte für Zinedine Zidane. Rapids Kapitän Stefan Schwab redete nach Schlusspfiff lange auf Muckenhammer ein. Das sah nach Vorwürfen aus.

Rapid ist schon selbst an seinem Unglück schuld, was die Stimmung bei der grün weißen Hauptversammlung am Montag Abend etwas drücken wird. Im zwölften Spiel dieser Saison mit einer 1:0-Führung setzte es danach erstmals eine Niederlage. Weil Thomas Murg in der letzten Aktion  der ersten Hälfte Ulmer nicht einmal am Leiberl zurückhalten konnte und der Hee-Chan Hwangs Ausgleich vorbereitete. Weil alle, aber speziell Murg, Ulmer aus den Augen verloren, als der in der ersten Minute der zweiten Hälfte nach Yabos Rückpass aus vollem Lauf den wiederum starken Richard Strebinger bezwang. Und weil Yabo wenig später nach Pass von Xaver Schlager mitten durch Rapids Abwehrzentrum marschieren durfte, in dem Lucas Galvao diesmal seine Adduktorenprobleme nicht kaschieren konnte. So wie wenig später Hwang. Da verhinderte Strebinger das 1:4. Salzburg hatte Spieler mit je einem Tor und Assist wie Ulmer und Yabo, hingegen keine Vorgabe wie Rapid Eren Keles. Der in den 57 Minuten, in denen er spielte, ehe er Schaub Platz machte, nur mit einem Kunstschuss an die Latte vor der Pause auffiel, aber ansonst überfordert wirkte. Und der Ausfall von Dejan Ljubicic, der wie beim 2:2 in Salzburg den Führungstreffer erzielte, bedeutete eine merkbare Schwächung. Salzburg hatte auch die bessere Bank. Ljubicic blieb nach seinem zweiten Bundesligator zur Pause mit Verdacht auf Gehirnerschütterung in der Kabine.

Die Panne des Schlagers lieferte der holländische Klub AZ 67 Alkmaar. Der schickte seinen Scout Barry van Gaale nach Hütteldorf, um Schobesberger zu beobachten. Seine Vertragsverlängerung vom letzten Montag hatte sich noch nicht bis Alkmaar durchgesprochen. van Gaales „Kollegen“ von Ajax Amsterdam interessierte Rapids Linksverteidiger Boli Bolingboli. Trotz Flanke auf den Kopf von Kvilitaias Kopf zum 2:3, womit der seinen Torbann in dieser Saison brach, konnte sich der Belgier nicht empfehlen. Rapid liegt neun Punkte hinter Salzburg, fünf hinter Sturm. Das ist die bittere Realität, die Djuricin nicht interessiert: „Wir haben in den meisten Phasen gut agiert, uns für unseren Aufwand nicht belohnt, sind für jede Kleinigkeit bestraft worden. Das ist Salzburgs brutale Qualität.“ So kassierte Rapid erstmals im Allianz-Stadion drei Tore, muss weiter seit dreieinhalb Jahren auf einem Heimsieg über Salzburg warten. Platz zwei wird in der Saison drinnen sein, mehr sicher nicht.

 

 

Foto: © FOTObyHOFER/CHRISTIAN HOFER.

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