Rapid fixierte letzte Saison in Pilsen mit einem 2:1 durch das berühmte Stolpertor von Philipp Schobesberger vorzeitig den Aufstieg in die K.o.-Phase der Europa League. Donnerstag muss es Austria dem Wiener Erzrivalen gleich machen, um die rot-weiß-rote Ehre zu retten. Sonst ist Fußball-Österreich im Frühjahr 2017 im Europacup nur noch durch Legionäre vertreten: Ohne den gesperrten Kapitän Alexander Grünwald muss ein Sieg gegen den Tschechen-Meister her, um Astra Giurgiu noch überholen zu können. Und auch das klappt nur, wenn die Rumänen daheim gegen Gruppensieger AS Roma, der zwar mit Altstar Totti, aber nicht mit der ersten Garnitur spielen wird, nicht gewinnen. Austrias Trainer Thorsten Fink ist aber trotzdem die Zuversicht in Person. Wer sowohl als Spieler (mit Bayern) als auch als Trainer (mit dem FC Basel) international so viel erlebt hat wie er, dem kann nichts so schnell die Ruhe rauben. Die Anreise nach Pilsen unterscheidet sich: Austria fuhr Mittwoch früh mit dem Autobus nach Tschechien, Rapid flog vor einem Jahr nach Prag, fuhr dann mit dem Bus weiter in die Biermetropole. Zu einem Millionenspiel, wie es Finanzvorstand Markus Kraetschmer treffend ausdrückte.
Rapid kann Donnerstag Abend zur gleichen Zeit vor ausverkauftem Haus (!) in Hütteldorf gegen Bilbao nur darum kämpfen, nicht als Letzter auszuscheiden. Aber Trainer Damir Canadi müssen die letzten zwei Runden dieses Jahres am Sonntag gegen Ried und eine Woche darauf bei seinem Ex-Klub Altach wichtiger sein als der zweite Heimsieg in der Gruppenphase. Zumal bei sieben Ausfällen die Personalsituation ohnehin angespannt ist: Zu Steffen Hofmann, der seit Anfang der Woche wieder mit der Mannschaft trainiert, Stefan Schwab, Mario Pavelic, Thomas Murg und Philipp Schobesberger kamen neu Christoph Schösswendter und Jan Novota dazu. Schösswendter erlitt gegen St.Pölten einen Muskelfaserriss, Novota hat Probleme mit der Schulter. Gegen Bilbao wäre der Slowake im Tor gestanden, ansonst sagte ihm Canadi bereits ehrlich, dass er mit ihm nächstes Jahr nicht mehr plant. Grund: Der Österreicher-Topf, wegen des in der Meisterschaft immer drei der derzeit neun Rapid-Legionäre auf die Tribüne müssen. 2017 noch problematischer, weil dann Steffen Hofmann wieder fit ist. Das Problem bei Novota: Er bekam in der Ära von Ex-Sportvorstand Andreas Müller einen Vertrag bis 2018.
Rapid hat im Moment jedenfalls mehr Ausfälle als seriöse Kandidaten auf die Nachfolge Müllers, von dem man hört, dass er 2017 wieder der deutschen Bundesliga auftauchen könnte, als Sportvorstand. Einem Neuling auf dieser Position Grün-Weiß als Spielwiese zu überlassen, das geht gar nicht. Österreichische Kandidaten wie Oliver Prudlo sind dünn gesät. Einige gibt es in Deutschland. Aber in Deutschland sind auch einiges Klubs aus der Bundesliga (wie der Hamburger SV, Darmstadt) oder der zweiten auf der Suche nach einem Sportchef. Und andererseits bleibt die Frage, ob Rapid nach der Zeit von Müller und den von ihm als Trainer geholten Mike Büskens nochmals mit einer deutschen Lösung leben kann oder will. Aber trotzdem eine Liste der Kandidaten, die am deutschen Markt sind und für Rapid zu haben wären:
Winnie Schäfer, 66, zuletzt Teamchef in Jamaika, zuvor in Thailand und Kamerun, von 1986 bis 1998 sehr erfolgreich Trainer bei Karlsruhe, danch eine Saison beim VfB Stuttgart, als der jetzige Austria-Sportdirektor Franz Wohlfahrt dort im Tor spielte.
Robin Dutt, 51, zuletzt als Sportchef mit dem VfB Stuttgart abgestiegen und entlassen. Zuvor erfolgloser Trainer bei Werder Bremen, ein Jahr lang als Nachfolger von Matthias Sammer Sportdirektor beim Deutschen Fußballbund, Kurzzeittrainer in Leverkusen, erfolgreicher in Freiburg.
Thomas Eichin, 50, bis Sommer bei Werder Bremen, nach verlorenem Machtkampf mit dem inzwischen entlassenen Trainer Viktor Skripnik zu 1860 München gewechselt. Dort vom cholerischen und chaotischen Investor aus Jordanien, Hassan Ismaik, Anfang der Woche vor die Tür gesetzt.
Holger Fach, 54, Montag bei Darmstadt aus Solidarität zum vom Präsidium gegen seinen Willen entlassenen Trainer Norbert Meier zurückgetreten. Zeugt zumindest von starkem Charakter.
Aber trotzdem bleibt die Frage: Ist da einer dabei, der Rapid in ruhigere und erfolgreichere Gewässer steuern kann, den vor allem auch Canadi akzeptiert? Die Sportchefsuche bleibt spannend. Und ist auch für die Zukunft Rapids wichtiger als das Match gegen Bilbao. Die letzte „Wasserstandsmeldung“ aus Hütteldorf in Sachen Müller-Nachfolge: Die Entscheidung ist praktisch schon gefallen, wird noch vor Weihnachten verkündet.