Nichts wurde aus der Premiere von fünf österreichischen Mannschaften in der Gruppenphase der europäischen Bewerbe. Es blieben nur drei. Der FC Salzburg in der Champions League, Sturm Graz in der Europa League und die Wiener Austria in der Conference League. Weil die Violett vor 40.000 Zuschauern im Sücrü Saracoglu-Stadion von Istanbul keine Chance, gegen Fenerbahce das 0:2 von Wien aufzuholen und in die Europa League zu kommen. Nach dem 1:4 (1:2) schied die Austria mit einem Gesamtscore von 1:6 aus. Das klingt nicht gut. Aber noch schlimmer war das Scheitern des Wolfsberger AC und von Rapid, in die Conference League zu kommen. Wolfsberg bezog in Klagenfurt gegen Norwegens Tabellenführer Molde nach dem glücklichen Auswärtssieg eine 0:4 (0:2)-Abfuhr, wirkte nach dem schnellen Rückstand ratlos, lag nach 34 Minuten 0:2 zurück. Noch schlimmer erging es Rapid bei der 0:1 (0:1)-Heimpleite gegen den FC Vaduz, den Vorletzten der zweiten Schweizer Liga. Das ist ein sportlicher Offenbarungseid, gegen Vaduz von zwei Spielen keines gewinnen zu können, in zwei Partien nur ein Tor zu erzielen. Das erinnert sehr an das Desaster von 2008 nach dem bisher letzten Meistertitel in der Qualifikation zur Champions League, als Grün-Weiß an Anorthosis Famagusta aus Zypern scheiterte. Auf der Mittelmeerinsel 0:3 verloren, dann im Hanappi-Stadion nur 3:1 gewann. Man kann darüber streiten, welche Blamage größer war. Gegen die Zyprioten gewann Rapid wenigstens das Heimspiel, gegen den FC Vaduz. Daher jubelte die erste Mannschaft aus Liechtenstein, die in der Gruppenphase eines Europacupbewerbes spielt. Mit dem Ex-Rapidler Kristjan Dobras, der 77 Minuten spielte. Rapid macht´s möglich.
Choreographie gestrichen-Wiedergutmachung gefordert. Das stand vor dem Anpifff auf einem Transparent im Fansektor. Schon zur Pause gab es ein gellendes Pfeifkonzert, als das Ausscheiden perfekt war, war es noch lauter. Trainer Ferinand Feldhofer entschied sich für eine 4-1-4-1 mit Roman Kerschbaum vor der Viererabwehr, Yusuf Demir rechts im Mittelfeld und Ferdi Druijf als einzige Spitze vor Guido Burgstalleer und Patrick Greil. Dass mit Nicolas Kühn eine der bisher stärksten in der durchwachsenen Saison fehlte, kam überraschend. Mit Ante Bajic und Michael Sollbauer standen zwei Neuerwerbungen nicht im Kader. Greil vergab nach drei Minuten die erste Chance, ein Pass von Demir brachte Druijf in eine gute Abschussposition, die der nicht nützte. Nach 22 Minuten kam der große Schock: Der Deutsch-Türke Tunahan Cicek, zu Beginn der Aggressivleader von Vaduz und nah an der roten Karte, nützte einen Fehler von Linksverteidiger Jonas Auer. Vaduz gelang das, woran Rapid scheiterte: Die erste Chance zu nützen. Von dem Tiefschlag erholte sich Rapid nicht mehr, der Faden ging völlig verloren. Ein Ballverlust von Demir im Mittelfeld führte dazu, dass Rapid ab der 35.Minute nur noch mit zehn Mann spielte. Kevin Wimmer zog vor dem Strafraum gegen Milan Gajic die Notbremse, die rote Karte des slowenischen Referees Rade Obrenovic war nicht nur regeltechnisch in Ordnung, sondern korrekt. Druijf hatte knapp vor der Pause den Ausgleich am Kopf, traf jedoch nur Tormann Benjamin Büchel.
Feldhofer brachte nach Rot für Wimmer mit Leopold Querfeld daher einen neuen Innenverteidiger. Das konnte man verstehen, aber nicht, dass er mit Greil einen der ballsicheren Spieler, der etwas für die Offensive tun konnte, in die Kabine schickte. Dort blieb zur Pause auch Kapitän Max Hofmann wegen Rotgefahr. Ebenso Torschütze Cicek, den der Bregenzer Manuel Sutter, der beim Hinspiel Rapid schlecht aussehen ließ, ersetzte. Also spielte Rapid mit dem 19 jährigen Querfeld und dem 21 jährigen Martin Moormann im Abwehrzentrum. Das hätte man zu Saisonbeginn nie für möglich gehalten. Nach 66 Minuten kamen Kühn und Bernhard Zimmermann für Demir und den schwachen Druijf. Nicht Kühn mit Demir spielen zu lassen, war der nächste Fehler, den Feldhofer beging. Wenn man einen Rückstand aufholen muss, braucht es Spieler mit Ideen, die auch Stärken im Dribbling haben. Von Demir kam bis dahin der einzige gefährliche Torschuss der zweien Hälfte, in der Vaduz kurz nach der Pause den Sitzer auf die 2:0-Führung vergab. Kühn konnte noch eine Chance vorbereiten, die aber Kerschbaum, der mitunter überfordert wirkte, ausließ, an Büchel scheiterte.
Am Ende war Rapid in Schockstarre. Das ist ein Versagen, das Konsequenzen haben muss. Feldhofer muss sich hinterfragen, ob er in seinen neun Monaten Rapid nicht in eine falsche Richtung führte. Der große Umbruch ist keine Begründung. Es ging um zu viel Pressing und Spiel gegen den Ball, zu wenig um das mit dem Ball. Jetzt hat Rapid einen Riesenkader, der für drei Bewerbe konzipiert war, spielt aber nur noch in zwei. Alle, die im Sommer kamen, sind schon durch die Transferregeln „unverkäuflich“, obwohl manche sich bisher nicht als Gewinn erwiesen. Aber in einer Übertrittszeit darf man nicht zweimal wechseln. Für Wolfsberg ist die Situation als noch siegloser Letzter in der Liga sicher noch unangenehmer, aber bei Rapid sicher explosiver. Was wird Sonntag passieren, wenn Sturm Graz nach Hütteldorf kommt? Dass die Fans zur Tagesordnung übergehen, glaubt keiner. Einige stürmten gleich nach dem 0:1 in Richtung Vorstandsloge, skandierten „Vorstand raus“.
Von einer halbwegs eingespielten Mannschaft ist bei Rapid nach den vielen, mitunter nicht nachvollziehbaren Rotationen keine Spur. Was wird Sport-Geschäftsführer Zoran Barisic in der schwierigen Situation einfallen? Er hat den Trainer ausgesucht. Die Stimmen im grün-weißen Umfeld, dass sein Comeback als Trainer Rapid am meisten helfen würde, mehren sich.Österreich ist in der Conference League nicht nur durch Austria, sondern auch durch zwei Ex-Rapidler vertreten. Florian Kainz und Dejan Ljubicic schafften es mit dem 1. FC Köln durch einen 3:0 (2:0)-Auswärtssieg gegen Fehervar. Die ersten zwei Tore fielen nach Eckbällen von Kainz, der erstmals Kölns Kapitän war.
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