Fußball

Rapid muss sich einiges vorwerfen

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Damir Canadi wirkte etwas  gedankenverloren, als er nach dem 1:1 in St. Pölten inmitten seiner Spieler vor dem Rapid-Sektor stand, den Fans applaudierte, aber ein Pfeifkonzert hörte und Gesten sah, die mehr oder weniger bedeuteten: Verschwindet, ab in die Kabine, wir wollen euch nicht sehen. Vielleicht auch,weil er in dem Moment wusste, dass im Endeffekt nichts bringt, sich via Facebook  bei den Fans zu bedanken, wenn die nicht die Siege sehen, die sie sehen wollen. Oder dachte er, was wäre hier erst los, hätte St. Pölten nicht knapp vor Schluss durch Manuel Hartl nicht nur die Stange getroffen, sondern das 2:1 erzielt. Vielleicht sollte Rapid nicht so viel denken, wie der Block West auf dies oder das reagieren wird. Darauf läßt Candis Satz „wir dürfen nur auf uns schauen, nicht auf das, was die Fans denken“ vor den Sky-Kameras schließen. Dass der Druck auf den Trainer in solchen Situationen, nach acht Spielen ohne Sieg, sieben in diesem Jahr, wächst, empfand Canadi als normal.

Dass dieses Unentschieden Rapid nicht hilft, wusste er auch. Die Ausfälle ließen dem Trainer bei der Aufstellung nicht viel Spielraum. Also dich mit Giorgi Kvilitaia und Joelinton vorne, obwohl jeder weiss, dass die nicht richtig zusammenpassen. Der Brasilianer  sorgte für die Führung und damit für die besten Szenen Rapids, Kvilitaia sorgte im eigenen Strafraum in der Nachspielzeit der ersten Hälfte dafür, dass  St. Pöltens Innenverteidiger Michael Huber zu seinem ersten Tor in der Bundesliga kam. Kvilitaia ließ ihn nach einem Freistoss Huber kommen. Damit kassierte Rapid von den 17 Treffern in der Ära von Canadi nicht weniger als zehn nach Freistössen oder Eckbällen. Bisher war der Höchstwert in einer ganzen Saison acht.

Das hat sich Rapid vorzuwerfen. Ebenso, dass schon eine Situation wie der Ausgleich genügt, die Linie und die Stabilität zu verlieren, wie Canadi zugab. Keine Bewegung mehr, damit stets in der Offensive numerisch unterlegen, kein Spiel nach vorne. Der einzige Schuss auf das Tor von St. Pölten kam nach der Pause erst in der vierminütigen Nachspielzeit. Bezeichnend, dass der Rapidler mit den meisten Torschüssen der  überraschend ausgetauschte Rechtsverteidiger  Mario Pavelic  war. So werden die Versuche aus dem Sky-Studio, Rapid bei acht Punkten Abstand zum letzten Platz, auf dem Ried blieb, da Mattersburgs Joker Patrick Bürger im Finish ein 0:1 in ein 2:1 verwandelte, nicht aufhören. Ebenso die Fragen nach einem Trainerwechsel. Andreas Herzog sah die größte Herausforderung für Canadi, der Mannschaft bis zum Cupviertelfinale in St. Pölten am Mittwoch wieder den Glauben an sich selbst zu vermitteln: „Wenn es aber  so läuft wie nach der Pause, kommt es nach einem 0.0 zum Nachspiel.“ Auf Rapid ist der Druck wegen der letzten Chance, den Sprung ins internationale Geschäft zu kommen, unvergleichbar größer. Sportchef Fredy Bickel sieht den Cup als die nächste Chance, das dringend benötigte  Erfolgserlebnis zu schaffen: „Ich weiß, dass dies in unserer Situation schwer wird. Aber wir haben intern viele Köpfe zusammengesteckt, so gute Gespräche, das ich den Glauben daran nicht verliere.“  Aber die Wahrheit liegt auf dem Platz.

Einige überraschte, dass Bickel bekräftigte, Canadi werde auch im Cup Trainer sein. Das zeigt, welche Chaosaktionen manche Rapid inzwischen schon  zutrauen. Ähnlich bedient wie Grün-Weiß in St. Pölten  war zweieinhalb Stunden später die Austria nach dem 0:2 gegen die Admira im Happel-Stadion. So wird nichts mit Platz zwei, den Trainer Thorsten Fink als Devise ausgab. Mit der desaströsen Leistung ging Platz drei an Sturm Graz (4:0 daheim gegen Wolfsberg) verloren. Aber den Unterschied zwischen dem Vierten Austria und dem Siebenten Rapid machen noch immer 16 Punkt aus.  Bei Admira wirkt der Trainereffekt mit Damir Buric weiter: Keine Niederlage in sieben Partien, das wäre für Rapid ein Traum. Gegen die Admira war noch unter Mike Büskens am 29. Oktober der letzte Auswärtssieg gelungen. 2017 holte Admira drei Punkte mehr als Austria, neun mehr als Rapid. Die Wiener Großklubs sollten sich schämen.

 

Foto: peterlinden.live.

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