PETERLINDEN.LIVE

Rapid pfeift aus allen Löchern: Gibt es noch Kräfte, die zu bündeln sind? Sturm feuerte el Maestro

Vor der historischen Rekordpleite gegen Red Bull Salzburg kassierte Rapid in 15 Spielen nur 12 Tore, Mittwoch waren es sieben in nur 77 Minuten. So viele bekam Grün-Weiß erstmals im 46 jährigen Bestehen der Bundesliga. Ein total bitterer Abend für Didi Kühbauer, in dessen Trainerära Rapid einmal schon sechs Treffer hinnehmen musste. Im Dezember 2018 gab es das 1:6-Debakel im Derby bei der Austria. Danach verpasste Rapid die Qualifikation für die Meisterrunde. Was passiert 18 Monate später nach dem 2:7 gegen Salzburg? Verliert Rapid noch Platz drei, der als Saisonziel galt? Es traute sich in den fünf Runden, in denen Rapid auf Platz zwei lag, keiner das auszusprechen, was eigentlich alle dachten: Es reicht, Dritter zu werden, weil das einen Fixplatz in der Gruppenphase der Europa League garantiert und Planungssicherheit für die kommende Saison, die in der Bundesliga ab 11.September beginnen wird, bringt. Innerhalb von vier Tagen gelang es durch zwei Heimniederlagen  die Wunschplatzierung  zu schaffen und zu beweisen, dass Rapid kein normaler Klub ist. Sondern einer, dem es gelingt, bei einem Geisterspiel mit einem Fantransparent für Aufsehen und Ärger zu sorgen. Und einer, bei dem der beste Torschütze beim Aufwärmen die gelbe Karte kassiert und damit für das nächste Spiel gesperrt ist.

Mittwoch lief als Reaktion auf das Transparent auf der Werbebande der Slogan, dass Rapid gegen Rassismus, Sexismus und Beeinträchtigung ist. Wer die „Sky“-Übertragung aus dem Allianz-Stadion verfolgte, musste Marc Janko, der mit Kommentator Erich Auer ein nahezu geniales Duo bildete, recht geben, als er meinte, Rapid pfeife derzeit aus allen Löchern. Durch die lange Ausfallsliste. Als Kühbauer am Ende die in solchen Situationen übliche Devise ausgab, jetzt besser die Kräfte zu bündeln statt alles in Frage zu stellen, dann stellte sich andererseits schon die Frage: Gibt es  überhaupt noch Kräfte, die man bündeln kann, wenn man aus allen Löchern pfeift? Kühbauers Ärger wegen des schnellen und irregulären Ausgleichs des Meisters nach Rapids schnellem 1:0 war im leeren Stadion ebenso zu hören wie in den TV-Übertragungen. Die Frage an Schiedsrichterassistent Roland Brandner, der ein Abseits von Patson Daka übersah, warum er denn dastehe, hatte in der  Situation sogar eine Berechtigung. Aber Kühbauer selbst brachte die Dinge später wieder in die richtige Relation, als er meinte, solche Dinge könnten eben passieren, Rapid habe von einer ähnlichen beim Siegestor zum 2:1 gegen Wolfsberg profitiert.

Keinerlei Verständnis fand er für die Sky-Frage, ob denn die Mannschaft wegen seines ständigen Reklamierens in Richtung Schiedsrichter, Assistent und viertem Offiziellen vielleicht total die Linie verloren habe. Aber eine Begründung, warum  seine Mannschaft nach dem 1:1 bis ans bittere Ende so schlecht verteidigte, fand er auch nicht. Ob es gelingt, das bis Sonntag, wenn es darum geht, beim Letzten Sturm Graz den Negativlauf zu stoppen, aus den Köpfen zu bringen? Wenn nicht, dann drohen nach den vier Siegen in Serie vor der Niederlage gegen Hartberg vier oder schlimmstenfalls sogar sechs Pleiten in Serie. Die Aufgabe in Graz wurde durch den Donnerstag vollzogenen Trainerwechsel bei Sturm noch unangenehmer: Der Vorstand um Präsident Christian Jauk entschloss sich, Nestor el Maestro und seinen Assistenten, den  jüngeren Bruder Nikon, zu beurlauben. Da konnte Sportchef Andreas Schicker, der el Maestro für einen guten Trainer hält, nichts mehr retten. Ähnlich war es seinem Vorgänger Günter Kreissl letzten Sommer bei Roman Mählich ergangen. Jauk begründete die Trennung von el Maestro mit dem Entschluss, einen sofortigen Umbau einzuleiten. Bis Saisonende übernehmen die  Amateurtrainer Thomas Hösele und David Tauschmann, unterstützt  von Entwicklungscoach Günter Neukirchner. Dann soll Markus Schopp aus Hartberg kommen. Er überlegt noch, ob er dem Ruf seines Ex-Klubs folgen soll.

Von Rapids langer Ausfallsliste kommt in Graz wahrscheinlich Kelvin Arase zurück. Er sah nach der eine Woche zuvor erlittenen  Gehirnerschütterung die schlimme Demütigung durch Salzburg aus nächster Nahe, hinter dem Spielfeldrand als „Ballhygiene-Beauftragter“, spricht „Ballschani“. Innenverteidiger Matteo Barac wird diese Saison nicht mehr spielen, die Muskelverletzung wurde wieder akut, kaum dass er ins Mannschaftstraining eingestiegen war. Bei Tormann Richard Strebinger muss die Rückenverletzung schlimmerer Natur sein. Er pausiert seit 3. Juni. Das kam vielleicht deshalb in Erinnerung, weil sein Ersatz Tobias Knoflach vor Salzburgs viertem und fünftem Tor offenbar darauf „vergessen“ hatte, dass er bei Eckbällen auch die Linie verlassen darf.

Eine durchaus vernünftige Erkenntnis aus dem schlimmen Debakel formulierte Sport-Geschäftsführer Zoran Barisic nachher vor den ORF-Kameras: „Jetzt müssten einige Spieler und ihre Berater endgültig erkannt haben, dass die Trauben nicht so niedrig hängen wie sie immer behaupten!“ Namen nannte Barisic keine. Yusuf Demir war unter Garantie damit nicht gemeint.

 

Die mobile Version verlassen