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Rapids neuer Präsident Bruckner von Mareks Rückzug wie vom Donner gerührt

Um 22.43 Uhr verkündete Herbert Kretz, der Vorsitzende des Wahlkomitees, im Allianz-Stadion das Ergebnis der Präsidentenwahl Rapids, zu der weniger stimmberechtigte Mitglieder als angenommen, nämlich 2005, nach Hütteldorf gekommen waren: 1059 der 1985 gültigen Stimmen gingen an Martin Bruckner und das Konzept „Evolution statt Revolution“ seiner Liste Leitbild (Bild oben), 133 weniger , also 926 an Roland Schmid und das Team Grün-Weiß, das für Erneuerung stand. Ein knappes Ergebnis. 53,35 Prozent der Stimmen für den bisherigen Finanzchef Bruckner, 46,65 für Schmid. Den wahren Paukenschlag dieses mit Spannung erwarteten Abends gab es schon drei Stunden vorher. Und hatte sicher einen Anteil zur Entscheidung für den 54 jährigen Bruckner.

Denn da verkündete die grün-wieße Stimme, Andy Marek, seinen Rückzug. Nach 27 Jahren, in denen er bei jedem Heimspiel der Platzsprecher war. Gesundheitliche Gründe sind ausschlaggebend, dass Rapid den bei den Fans unter Mitgliedern ungemein populären Marek verliert, das erste Heimspiel im Jahr 2020 gegen WSG Swarovski Tirol  am 15. Februar das letzte sein wird, bei dem der 57jährige zuhören sein wird: „Rapid braucht engagierte Mitarbeiter, die sich zu hundert Prozent für den Klub einsetzen. Das ist mir derzeit leider nicht möglich“, sagte Marek, seit vielen Jahren auch Leiter des Klubservice, der sich Anfang November in Linz einer Operation hatte unterziehen müssen. Nur seine Familie und ein enger Kreis bei Rapid wussten davon, zu dem weder Schmid noch Bruckner, wie er versicherte, gehörten.

Schmid konnte danach als erster Kandidat über elf Minuten sein Konzept vortragen Und beging dabei  den Fehler, überhaupt nicht auf Marek einzugehen. Bruckner, nach eigenen Angaben von Mareks Rückzug wie vom Donner gerührt, hingegen schon. Er verzichtete auf einigen Passagen seiner Rede, um Marek für seine Verdienste und Tätigkeit zu bedanken. Das kam sehr gut an, mag wahrscheinlich die letzten Unentschlossenen beeinflusst haben, für Bruckner zu stimmen. Danach folgten die Stimmabgabe und das lange Warten auf das Ergebnis. Überbrückt durch Berichte der Geschäftsführer Christoph Peschek und Zoran Barisic, der ankündigte, sich vom neu eingeschlagenen Weg nicht verdrängen zu lassen. Wäre Schmid Präsident geworden, der sich ja nicht so wie Bruckner eindeutig für Barisic ausgesprochen hatte, dann hätte man das durchaus als Werfen des Fehdehandschuhs werten können. Auf Barisic ging auch Michael Krammer in seiner letzten Rede als Präsident, in der er sich  bei allen bedanke, auch auf seine Frau Daniela nicht vergas, besonders ein: „Du hast 2016 nicht den Abschied bekommen, der dir gebührt hätte. Ich möchte das jetzt nachholen und dir auch für die drei Trainerjahre danken“, sagte er mit fast tränenerstickter Stimme.

Als das Wahlergebnis bekannt war, ging Sieger Bruckner  zuerst auf Verlierer Schmid zu, reichte ihm die Hand. Seine erste Rede als Präsident hatte er nicht vorbereitet, wie er gesteht. Weil ihm dazu keine Zeit geblieben war, er doch ziemlich angespannt war. Wie erwartet, versicherte er, ein Präsident für alle, denen Rapid am Herzen liegt, sein zu wollen, mit seinem Team in den nächsten drei Jahren „alles, was wir haben“ hineinzuschmeißen.  Zum Abschluss versprach er seinen Vorgängern Krammer und Rudi Edlinger, der mit seinem Enkel gekommen war: „Wir werden auf Rapid sehr gut aufpassen.“

Am Ende der Hauptversammlung nach dem Foto von Bruckner inmitten seines Präsidiums mit der zweifachen Ski-Olympiasiegerin Michaela Dorfmeister, Monika Kaltenborn, früher Chefin des Sauber-Teams in der Formel I, Vizepräsident Nikolaus Rosenauer, Rapid-Legende Gerald Willfurth, Philipp Newald, Stefan Singer und Gerhard Höckner, verkündete  Marek „Freibier für alle“. Bruckner bekam eines von seinem Sohn, gönnte sich nur einen Schluck, musste zu seiner ersten Pressekonferenz als Präsident, bei der ihm ein kecker Medienvertreter mit den sarkastischen Worten „selber schuld“ begrüsste.

„Ich bin mir bewusst, worauf ich mich eingelassen habe“ versicherte Bruckner. Irgendwie muss er jetzt sein Leben etwas neu organisieren. Er will beginnen, die im Wahlkampf aufgebrochenen Gräben zuzuschütten, sich guten Ideen nicht verschließen, auch wenn sie vom geschlagenen Team Grün-Weiß kommen: „Wir haben sicher nicht die Weisheit erfunden!“ Wie Krammer vor sechs Jahren, schloss er aus, länger als zwei Amtsperioden Präsident zu sein: „In sechs Jahren kann man schon etwas bewegen“.  Ein internationales Ziel wie Krammer bei seiner Amtsübernahme, unter die besten 50 Klubs in Europa zu kommen, nannte er nicht: „So viel hat gar nicht dazu gefehlt. Die Top drei in Österreich sind aber eine Verpflichtung!“

Ob es nochmals zu einer Kampfabstimmung mit so vielen medialem Echo kommen soll, das müsste man intern beraten, die Meinung der Mitglieder dazu einholen. Die Ö3-Nachrichten um Mitternacht meldeten nicht, wie die Kampfwahl ausgegangen war. Das registrierte man nach den Aufregungen der letzten Wochen auf der Heimfahrt vom Allianz-Stadion fast mit Verwunderung.

 

 

 

 

Foto: (c) Chaluk / SK Rapid.

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