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Rapids Notlösung ist keine Befreiung vom System Canadi

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„Wenn man so etwas tut, dann verliert der ganze Verein“. Das sagte Rapids Sportchef Fredy Bickel auf „Sky“, bevor er es tat, nämlich den Trainer zu beurlauben. Die Lösung  kam Sonntag Vormittag, nur 15 Stunden nach der desaströsen Leistung  beim 0:3 in Ried, die dazu führte, dass  Bickel nach Schlusspfiff erstmals nicht mehr vorbehaltlos für Damir Canadi eintrat, fast erwartet. Zumal an diesem schwarzen Samstag in Grün-Weiß alle Klubs, die in der Tabelle hinter Rapid liegen, gewannen. Also gab Präsident Michael Krammer aus seinem lange geplante Osterurlaub grünes Licht für die Trennung vom Trainer, den er im November geholt hatte.  Der die Abwärtsbewegung nicht stoppen konnte. Ganz im Gegenteil. Das geht auf die Kappe von Krammer, Wirtschaftsvorstand Christoph Peschek  und des Präsidiums. Ebenso  die unerwartete Trennung von Zoran Barisic im letzten Juni, mit der die negative Entwicklung begann. Die Fan-Auswüchse davon gab es in den Stunden nach dem 0:3 in Ried. Rapids  Mannschaftsbus wurde auf der Rückfahrt nach Wien von denen der „Ultras“ eskortiert. Auf einem Parkplatz kam´s zur „klassischen“ Aussprache.

Die Spieler sollten sich aber auch ohne solche Aktionen klar sein, dass es nicht für sie spricht, wenn es zweimal in einer Saison zum  Trainerwechsel kommt. Daher  müßte sich die Freude über die Trennung von Canadi, der offenbar nie den richtigen Draht zu ihnen fand und umgekehrt, in Grenzen halten. Es ist ohnehin schlimm, wenn nach Ried mitunter der Verdacht laut wurde, die Mannschaft könnt sich mit Absicht so ausser Rand und Band präsentiert haben, um den Trainerwechsel zu „fixieren“. Sie sollten sich im Klaren sein, was sie mit dem „worst case“,sprich Abstieg, verursachen würde: Einen Supergau, der die Existenz des Klubs gefährdet. Weil kein Spielervertarg für die zweite Liga gilt, das Budget entscheidend reduziert werden müßte. Das würdig  völlig Unschuldigen den Arbeitsplatz kosten und dafür sorgen, dass kommende Saison die zweite Liga mehr  Zuschauer hätte als die erste. Aber dieser Eintrag in die Geschichtsbücher wäre der Tiefpunkt in der 118jährigen Klubgeschichte.

Für die letzten acht Runden steht der bisherige Co-Trainer  Goran Djuricin in der ersten Reihe, begleitet wie vor ihm Canadi von Martin Bernhard. Bickel begründete die Interimslösung auch damit, dass es in der  prekären Lage für die Mannschaft nicht gut sei, wenn sie einem Trainer mit völlig neuen Ideen bekommt. Das würde die Situation nur weiter  erschweren. Es stimmt, Djuricin und Bernhard müssten wissen, woran es lag, dass es heuer keinen Sieg gab. Andererseits hat die Theorie, dass mit dem Chef die Assistenten verabschiedet werden sollten, weil sie ja ebenfalls für die Entwicklung verantwortlich sind, auch etwas für sich.  Daher bedeutet die  Notlösung keine völlige Abkehr vom System Canadi.

Bernhard wird sicher mit ihm weiter in Kontakt bleiben, was nicht verwerflich ist. Er war Trainer im Nachwuchs bei Vienna und Austria, ehe ihn Canadi  2013 nach Altach geholt hatte. Seit damals ist er an sein verlängerter Arm.  Djuricin arbeitet erst bei Rapid mit Canadi zusammen. Der 42jährige hat eine Vergangenheit als Spieler und Trainer im Nachwuchs von Rapid, als Stürmer auch bei Austria. Als Assistent war er bei Österreichs Nachwuchsteams von der U18 bis 20  an der Seite von Ex-Rapidler Andreas Heraf. Chef war Djuricin bei IC Favoriten sowie in Niederösterreich bei Mannsdorf, Neuaigen (zweite Klasse Donau) und zuletzt in der Regionalliga Ost bei Ebreichsdorf. Er galt in Canadis Trainerteam als derjenige, der versuchte, mit ein bisschen Schmäh  für eine etwas lockerere Stimmung zu sorgen. Djuricin beginnt Samstag in Hütteldorf gegen Altach, den Ex-Klub von Canadi und Bernhard. Dann folgt das Wiener Derby gegen die Austria, die derzeit von Rapid schlimmer Krise profitiert. Denn dadurch haben die vier violetten Niederlagen in Serie ein geringeres  negatives Echo als normal.  Die schwereren Zeiten hat Rapid. Canadi muss bis 30.Juni 2018 bezahlt werden, seine Trainerkarriere hat jetzt die ersten Schrammen. Er muss einen Schritt zurückmachen, wird aber wieder aufstehen, sollte an Gerald Baumgartner denken: Dem ging es vor zwei Jahren bei Austria auch nicht viel besser. Und jetzt zieht man den Hut vor dem, was er bei Mattersburg bewegt.

Bickel muss trotz aller aktuellen Sorgen auch schon eine Trainerlösung für nächste Saison suchen und finden.  Und das darf nur eine mit grünweißem Stallgeruch sein, um dem Klub wieder die Seele zurückzugeben. Da wird der Schweizer nicht an Gesprächen mit Andreas Herzog und Didi Kühbauer vorbei kommen. Der war im November die Alternativslösung zu Canadi, die nicht zum Zug kam. Herzog hätte Bickels Job bekommen, wollte ihn aber zu Krammers Bedauern nicht. Als Rapid-Trainer stünde er sicher zur Verfügung, wenn man ihn fragt.

Foto: peterlinden.live.

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