Fußball

Raunzalarm wie zum Beginn von Marcel Koller

Montag Abend konnte ÖFB-Präsident Leo Windtner aufatmen: Weil der Wahlausschuss des Verbands, in dem vor drei Wochen nur drei von zehn für ihn stimmten, im zweiten Anlauf einstimmig seine Kandidatur für eine dritte Ära  festlegte. Warum die Landesverbandschefs von Wien, Niederösterreich, des Burgenlands, von   Kärnten, Salzburg und Tirol ebenso wie Bundesligachef Hans Rinner ihre Meinung änderten, blieb ein Geheimnis. Da gibt´s zwei Deutungen: Entweder machte Windtner Zugeständnisse, die alle von ihm verlangten oder seine Kritiker fanden keinen Gegenkandidaten. Und kamen zu der vernünftigen Einsicht, dass es nichts bringt, Windtner noch mehr zu beschädigen als ohnehin bereits getan.

Welche Stimmung am 18. Juni in Zell/See bei Windtners Wiederwahl herrschen wird, entscheidet sich eine Woche vorher in Dublin. Verliert dort die Nationalmannschaft ihr drittes Qualifikationsspiel für die WM 2018, wird sie gedämpft sein. Bleibt Österreich hingegen mit einem Punkt oder einem Sieg  noch im Rennen um die Plätze für Russland, wird es für Windtner angenehmer. Bei seinem Teamchef läuten aber die Alarmglocken: Marcel Koller registrierte zuletzt bei Kontakten mit seinen Spielern die gleiche Stimmung wie zu Beginn seiner Ära vor fünfeinhalb Jahren. Das Raunzen kam wieder in Mode.Über den späten Juni-Termin. Dass Spieler wie Sebastian Prödl dies öffentlich artikulierten, passte ihm gar nicht. Daher eine für Kollers Verhältnisse sehr emotionale Bekanntgabe des Kaders, in dem er von allen ein riesiges rot-weiß-rotes Herz einforderte, um in Dublin zu bestehen.

Mit dem „Raunzalarm“ gestand Koller aber auch ein, das irgendetwas beim Team nicht stimmt. Drei Rücktritte seit der Europameisterschaft, jetzt eine Absage  von Andreas Ulmer, den Koller nicht wie zuletzt links liegen gelassen hätte, sondern nach Markus Suttners Rücktritt einberufen hätte, für Irland. Der Salzburg-Verteidiger heiratet am 10.Juni und das wollte er für die unerwartete Teamchance nicht verschieben. Koller kann´s nicht verstehen, da Ulmer zuletzt immer auf Abruf stand. Aber muss man nicht auch Verständnis für den 31jährigen Linksfuss von Meister Salzburg haben? Trotz starker Leistungen im Klub nie eine wirkliche Chance im Team, im  Herbst stand statt ihm Stefan Stangl, der an ihm in Salzburg nicht vorbei kommt, im Kader, weil er  sechs Jahre jünger ist. So argumentierte es zumindest Koller. Da darf er sich nicht groß wundern, wenn Ulmer mit dem Kapitel Nationalteam abschloss.  Dass einer lieber heiratet als zum Team kommt, passiert Koller nicht zum ersten Mal.  Vor Jahren auch bei Rieds Sportchef Fränky Schiemer, als er bei Salzburg spielte. Der Sportchef von Salzburg, Christoph Freund, zeigte sich verwundert über Kollers Kritik an Ulmer. Da er sowohl den Teamchef als auch ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner über eine Knieverletzung Ulmers informiert habe, die verhindert, dass der Verteidiger voll trainieren kann. Die Verwunderung ist durchaus nachvollziehbar.

Zum Juni-Termin feierte Österreich unter Koller schon zweimal Siege in der Qualifikation: 2013 das 2:1 gegen Schweden im Happel-Stadion, zwei Jahre später das 1:0 gegen Russland in Moskau. Wäre optimal, wenn aller guten Juni-Siege drei würden. Gegenüber dem Moldawien-Kader fehlen wegen Gelbsperren  Marko Arnautovic und Stefan Ilsanker, der das Team aber vor Ort in Dublin unterstützen wird, der am Knie verletzte Alessandro Schöpf, der an der Schulter  operierte Altach-Keeper Andreas Lukse sowie Suttner nach dem Rücktritt. Dazu noch Michael Madl, der im Finish der Saison bei Fulham nicht mehr spielte. Daher sind die im März nachnominierten Florian Grillitsch und Markus Kuster von Beginn an dabei, kam Stangl ebenso zurück wie Florian Kainz nach starken Auftritten als Joker bei Werder Bremen. Für den Steirer ist es die erste Einberufung seit dem 1:2 gegen die Schweiz im November 2015.   Zwei Neulinge hat Koller auch dabei: Augsburgs Innenverteidiger Kevin Danso sowie Salzburgs Mittelfeldmotor Konrad Laimer, der sich das  voll verdiente. Der 18jährige Danso kam im Frühjahr an der Seite von Martin Hinteregger zu sieben Einsätzen in der Bundesliga, fehlte im Finish, weil er  die Matura absolvierte,. Kein Länderspiele so wie Danso und Laimer haben von den 23 Spielern für Dublin auch noch zwei der drei Torhüter, nämlich  Heinz Bachmann von Stoke sowie der Mattersburger  Kuster..

Für Sebastian Prödl, bei Watford zum Spieler der Saison gewählt,  gab´s ausser  Teamchefschelte noch etwas Neues:  In London dürfte er nach einem spanischen und italienischen Trainer einen aus Deutschland bekommen. Favorit auf die Nachfolge von Walter Mazzarri ist Roger Schmidt, im Frühjahr bei Leverkusen beurlaubt, zuvor Meistermacher in Salzburg. Da kann sich Prödl während der Vorbereitung auf Dublin bei Kapitän Julian Baumgartlinger und Aleksandar Dragovic über ihre Erfahrungen mit Schmidt erkundigen.

 

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