Fußball

Sag mir, wo ein Teamchef zu finden ist

Nur noch eine Woche bleibt ÖFB-Präsident Leo Windtner und seinem Sportchef Willi Ruttensteiner Zeit, um bei der Frage nach dem Teamchef für die nächsten zwei Jahre dem Präsidium eine Kandidatenliste vorzulegen, über die man diskutieren kann, ehe man sich festlegt. Denn der Markt gibt eigentlich nichts neues her, falls es wie erwartet nicht zur dritten Verlängerung mit Marcel Koller (oben) kommt. Um die erfolgreichen österreichischen Trainerlegionäre in Deutschland und der Schweiz braucht man sich gar nicht wirklich bemühen. Da wird man von Ralph Hasenhüttl, Adi Hütter und Peter Stöger ähnliche Antworten hören: Es wäre sicher eine große Ehre, in der Heimat Teamchef zu werden, aber derzeit wollen sie noch die tägliche Arbeit am Platz, könnten sich nicht vorstellen, dass sie acht Spiele im Jahr wirklich ausfüllen. Hütter machte zudem nie ein Hehl daraus, dass ihn am meisten ein Job in Deutschland reizen würde, wenn einmal die Zeit bei Young Boys Bern vorbei sein sollte.

Dann gibt´s qualifizierte Kandidaten im Ausland, die frei am Markt wären, derzeit nirgends unter Vertrag stehen,  aber andere Ziele haben. Das beste Beispiel: Thomas Tuchel, nach Qualifikation für Champions League und Cupsieg mit Borussia Dortmund seit der trotzdem erfolgten Trennung in Wartestellung. Einerseits hat er eine europäische Topliga im Visier, andererseits würden seine finanziellen Vorstellungen garantiert über dem laufenden Gehalt von Marcel Koller liegen. Bei dem der ÖFB vor zwei Jahren schon mindestens an seine Schmerzgrenze gegangen war. Das könnte man sich auch bei Matthias Sammer trotz dessen Freundschaft zu Ruttensteiner vorstellen. Der ehemalige Meistertrainer von Borussia Dortmund (2002), frühere Sportchef des DFB und von Bayern München, wo er 2016 aus gesundheitlichen Gründen aufgehört hatte, begann im August einen neuen Job: Als TV-Experte bei Eurosport.

Schwer zu verkaufen wäre es, einen Teamchef, der wie Koller in der laufenden Qualifikation gescheitert ist, als seinen Nachfolger  zu bringen. Auch die  Terminfrage bringt Probleme: Im Oktober, wenn das Nationalteam seine letzten zwei Qualifikationsspiele gegen Serbien und Moldawien bestreitet, beginnt die Qualifikation für die U21 mit Werner Gregoritsch und die U19 mit ihrem neuen Teamchef Peter Schöttel, der seine neue Tätigkeit erfolgreich mit einem Turniersieg in Norwegen begann. Speziell bei Gregoritsch wäre es fast fahrlässig, ihn zum heiklen Start in Russland und Armenien von einer Mannschaft, die er dafür aufbaute und vorbereitete, abzuziehen.Wenn man ihn auf der Betreuerbank des Nationalteams sehen will,  sollte man ihn trotzdem heuer noch die vier  Spiele bei der U21 lassen.

Wen kann man sich noch als Teamchef vorstellen? Wie immer, wenn die Frage seit 2008 aktuell war, Rekordteamspieler Andreas Herzog. Die mangelnde Erfahrung, die man zweimal vorschob, um ihn nicht zum Teamchef zu machen, gibt es nicht. Erfahrung in dem Job hätte er durch seine Tätigkeit in den USA an der Seite von Jürgen Klinsmann genug. Fast hätte das Duo im Frühjahr in Holland nach der Trennung von Danny Blind die heikle Aufgabe, das WM-Ticket zu retten, übernommen. Aber die Verhandlungen zerschlugen sich im letzten Moment. In Österreich steht nur Herzog allein zur Diskussion, was seinen Freund Klinsmann nicht stört. Im Gegenteil, er wäre einer der ersten Gratulanten.

Eine österreichische Lösung, die durchaus Sinn machen würde, wäre auch Zoran Barisic. Er hat bei Rapid bewiesen, zu wissen, wie man international als Aussenseiter reüssieren kann. Ajax Amsterdam eliminiert, gegen Schachtjor Donezk in Lemberg an einem Stangenschuss in letzter Sekunde gescheitert,  danach Gruppensieger in der Europa League. Wie gut er in Hütteldorf arbeitete, merkten viele erst, als er nicht mehr dort war. Wenn es keine österreichische Lösung gibt, wird es Ruttensteiner schwer fallen, weiterhin die Trainerausbildung des ÖFB als qualitativ höchstwertig, international sehr angesehen, zu verkaufen. Windtner ließ aber bereits verlauten, ihm gehe es um die richtige Lösung. Ganz egal, woher sie kommt. Bei ihm und Ruttensteiner werden sich seit Mittwoch bereits unzählige Manager gemeldet haben und weiterhin melden, um Kandidaten zu platzieren. Auch Max Hagmayr, der zu Windtner einen guten Draht hat.

Interessant, was Herbert Hübel, von dem bei der letzten ÖFB-Generalversammlung die einzige Gegenstimme zur Fortsetzung von Windtners Ära kam, im ORF zum Teamchefthema zu sagen hatte:  Runter vom Gas, kein Schnellschuss, die leider verpasste Qualifikation soll mit Koller beendet werden. Also hat der Salzburger Landesverbandschef wieder eine ganz andere Linie als Windtner.

 

 

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