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So getobt wie in Laibach hat Herzog noch nie: „Wir hauen uns alles zusammen“

Wer wie ich Andi Herzog schon über 30 Jahre kennt, der hat in dieser Zeit  schon mehrmals erlebt, wie er seinem Ärger freien Lauf ließ. Sei es als Spieler, weil er sich mitunter von seinem Trainer oder Teamchef ungerecht behandelt fühlte. Etwa nach Österreichs Ausscheiden bei der WM 1998 gegen Italien im Stade de France von Paris. Als Assistent von Teamchef Jürgen Klinsmann war er 2014 in Salvador da Bahia vor fünf Jahren nach dem Scheitern mit der USA im WM-Achtelfinale gegen Belgien mit 1:2 nach Verlängerung aus Zorn über Kapitän Clint Dempsey ziemlich laut, bei dem er das nötige Engagement vermisste: „Der hat uns alle verarscht“, ärgerte er sich im Kabinengang. Auf Deutsch. Aber wie er Montag Abend als Israels Teamchef nach dem 2:3 gegen Slowenien im Kabinengang des Laibacher Stozice-Stadions über die Niederlage in letzter Minute tobte, das war eine bisher noch nicht gekannte, neue Intensität.

Schon zuvor soll Österreichs Rekordspieler laut Berichten in israelischen Medien in der Kabine explodiert sein, gegen Flaschen getreten haben. Sogar ein Tisch ging zu Bruch. Als er brüllte „ihr seid naiv, ihr  werdet nie etwas erreichen“, sollen Kapitän Bibras Natcho und Routinier Birham Kayal in Tränen ausgebrochen sein. Die Ermahnung von Sportchef Willi Ruttensteiner, dass es nicht gut für sie sein wird, wenn davon etwas in die Öffentlichkeit dringt, nahmen sich offenbar nicht alle Spieler Israels zu Herzen. Auch“Bild“ übernahm die Story über den in Deutschland aus seiner aktiven Zeit bestens bekannten Herzog. Der Titel: „Israels Teamchef rastet in Kabine aus.“ Was Herzog in Abrede stellte. Er habe weder ein Mobiliar zertrümmert und schon gar nicht Spieler zum Weinen gebracht.

Zum Ärgern war schon die letzte Minute der ersten Hälfte, die verhinderte,  sollte Israel trotz schwacher Leistung das 0:0 in die Pause brachte. Der wie erwartet für Munas Dabbur aufgebotene Wolfsberg-Torjäger Shon Weissman hatte nach 20 Minuten sogar die Führung am Kopf, nützte die Chance aber nicht. So fiel mit der letzte Aktion vor dem Pausenpfiff Sloweniens 1:0, weil Verteidiger Orel Dgani nur einen perfekten Begleitschutz für den Torschützen Benjamin Verbic abgab. Aber nach 63 Minuten führte Israel 2:1. Zunächst bezwang Natcho Weltklassetormann Jan Oblak, dann China-Legionär Eran Zahavi mit seinem neuen Tor in der Qualifikation, einem Superknaller aus mehr als 20 Metern. Der Assist kam vom zwei Minuten zuvor eingewechselten Dabbur. Aber Israel führte nur drei Minuten, dann fiel das 2:2.

So stand es bis zur 90. Minute. Israel ließ Chancen aus, nochmals in Führung zu gehen. Und dann kam das schlimme k.o.: Weil der zur Pause eingewechselte Kayal, Legionär in England bei Charlton in der Championship, 20 Meter vor dem Tor einem Slowenen den Ball durch die Beine spielen wollte statt einfach wegzuschießen. Unbegreiflich, dass dies einem 31jährigen Routinier passiert. Ballverlust, daraus resultierte Sloweniens Siegestor: Flanke in den Strafraum, wieder traf Verbic. Diesmal sorgte der 25jährige Legionär von Dynamo Kiew per Kopf für den Jubel von 10.669 Zuschauern. Herzog gratulierte noch artig Sloweniens Sieger Matjez Kek, ehe er in der Kabine und danach beim TV-Interview explodierte. Auf die Frage, ob es bitter sei, so eine gute Leistung zu bieten und keinen Punkt zu holen, lederte er lautstark los: „Ich höre immer, sie  sind  gut, gut. gut. Aber sie verlieren, weil sie viel zu wenig Profis sind. Gar nichts ist daher gut. So ein Tor darf man nicht  kriegen“, tobte er auf englisch. Der israelische Interviewer schien zusammenzuzucken,  als sich Herzog so richtig in Rage gebracht hatte: „Da haben wir Chancen  zu gewinnen und schenken alles her. Natürlich muss man positiv und  Optimist bleiben, aber derzeit fällt´s mir schwer. So macht das wirklich keinen Spaß!“ Israel braucht am 10.Oktober im Happel-Stadion den zweiten Sieg unter Herzog über Österreich, um die Mini-Chance auf das  EM-Ticket zu wahren. Mit solchen Fehlern wie von Kayal eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Es könnte am Ende nur zu Rang fünf reichen. Und dann würden sicher Diskussionen um den Teamchef beginnen.

Dienstag um halb sechs Uhr in de Früh kam aus Tel Aviv eine SMS von Herzog: „Wir verschenken so viele Punkte und hauen uns alles zusammen. Sehr frustrierend!“

 

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