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Solo für Jürgen Werner oder wie sich der „leibhaftige Satan“ rechtfertigt

Es war nicht der erste Pressetermin in der Geschichte der Wiener Austria, der knapp vor Weihnachten über die Bühne ging. Es gab auch welche zu Frank Stronachs Zeiten. Als 2004 Toni Polster als Teammanager eingesetzt wurde und  drei Jahre zuvor, als Didi Constantini Trainer wurde. Donnerstagvormittag fand er auf Initiative von Investor Jürgen Werner statt. Er stellte sich im Medienraum der Generali-Arena mit AG-Vorstand Gerhard Krisch der Kritik nach der Trennung von Trainer Manfred Schmid. Es war eher ein Solo für Werner, bei dem Sportchef Manuel Ortlechner auf einem „Stehplatz“ zuhörte, aber nicht selbst redete. Bei der Gelegenheit verriet Werner, dass er angeboten habe, bis 2025 operativ als Sportvorstand zu agieren. Natürlich als bezahlter, da es sich um einen Fulltimejob handelt, die Austria wieder auf Kurs zu bringen. Weil er kein Feigling ist, nicht aus der zweiten Linie agieren will. Der AG-Aufsichtsrat wird entscheiden, ob das Angebot angenommen wird. Das wird eine Formsache sein, obwohl Wien-Holding-Geschäftsführer Kurt Gollowitzer Vizepräsident in diesem Gremium ist. Gollowitzer galt stets als großer Förderer von Schmid, für dessen Bestellung er vor eineinhalb Jahren hauptverantwortlich war.

Werner gab zu, dass es ihn irritierte, dass schon im Jänner sein Einstieg als Investor einen negativen Beigeschmack bekam. Das kann er nicht verstehen: „Ich habe meine eigenes Geld investiert. Sonst gäbe es einen arabischen oder amerikanischen Investor, der nicht Austria-Talente fördern würde, sondern Legionäre spielen lässt!“ Er gab zu, dass in den letzten Wochen einiges schieflief, die Kommunikation nicht passte, wofür er sich entschuldigte, ihn die Reaktionen auf die Trennung von Schmid sehr betroffen machten: „Da wurde ich ja wie ein leibhaftiger Satan dargestellt. Ich setzte mich doch nicht aus Jux und Tollerei einem Shitstorm aus!“ Er habe es nicht darauf angelegt, sich von Schmid zu trennen: „Aber wir sind eben, was die Planungen für die Zukunft betrifft, beim letzten Gespräch, zu dem ich trotz Fiebers kam, weit auseinander gedriftet!“  Mit wir, meinte er auch Krisch, Ortlechner und Ex-Teamspieler Sebastian Prödl, der zur Investorengruppe gehört: „Es war ein Gespräch auf Augenhöhe. So gingen wir auch auseinander und vereinbarten, keine Schmutzwäsche zu waschen!“ Ganz ist dies der Austria zum Unterschied von Schmid bisher nicht gelungen.

Er wolle aus der Austria keine Kopie von Red Bull Salzburg machen. Auch nicht wie in seiner erfolgreichen Sportchefära beim LASK mit Trainer Oliver Glasner spielen lassen. Damit habe man fünf Jahre später keine Chance. Er möchte einen proaktiven Fußball sehen, was immer das auch heißen mag. Etwa so wie von Kanada bei der Weltmeisterschaft. Er ist überzeugt, dass der aktuelle Kader der Austria dies auch hergibt: „Ich habe mich nie in die Aufstellung eingemischt oder dem Trainer vorgeschrieben, mit welchen System er spielen soll. Das liegt in seiner Verantwortung!“ Ortlechner wird Sportchef bleiben, keine Marionette von ihm sein: „Für die Verhandlungen mit den Spielern ist weiter er zuständig, das macht nicht der Sportvorstand!“ Sollte es in den nächsten zwei Jahren nicht so laufen, wie er sich das vorstelle, dann werde er persönlich die Konsequenzen ziehen. Nicht nach seinen Plänen gestaltete sich bisher die Suche nach einem Nachfolger für Schmid: „Wir waren auf die Situation nicht vorbereitet!“ Eine Absage bekam er bereits. Von einem Kandidaten, dem das violette Thema zu heiß war. Weil er keinen Kredit bei den Fans haben wird, weil es besser als im Herbst laufen muss, wieder ein internationaler Startplatz wie letzte Saison unter Schmid erreicht werden muss. Werner möchte eine längerfristige Lösung bis zum Trainingsstart am 3. Jänner installieren. Aber da klangen Zweifel durch, ob das gelingt. Daher könnte es bis Sommer die billigste Lösung aus den eigenen Reihen werden, nämlich Harald Suchard von den Young Violets. Zu möglichen Kandidaten wollte Werner nichts sagen.

Vieles, was Werner sagte, etwa zum Investorthema, stimmte durchaus. Einiges wirkte nicht ganz glaubhaft. Etwa, auf die Situation nicht vorbereitet gewesen zu sein. Es gibt die Version, dass vor dem letzten Gespräch zwischen Krisch, Ortlechner, Werner und Schmid die Presseaussendung über die Trennung schon fixiert war. Ebenso, dass im Herbst Schmid mitunter nahegelegt wurde, nur mit drei Innenverteidigern zu spielen. Nachkarten bringt er Austria nichts mehr, das Thema muss einmal beendet werden. Das wird aber nicht von heute auf morgen gehen. Werner gab zu, dass beim Umbruch im letzten Sommer mit elf neuen Spielern nicht alles gelang, etwa mit dem Israeli Matan Baltaxa, mit der Liverpool-Leihgabe Billy Koumetio, der nicht mehr für Austria spielen wird, aber andererseits glaubt er weiter, mit Haris Tabakovic den richtigen Mittelstürmer engagiert zu haben. Nur habe der leider zu wenig von Beginn an gespielt. Dass dies an der mangelnden Fitness von Tabakovic lag, der schon bei Austria Lustenau verletzt war, bevor er nach Wien kam, lag, konnte oder wollte er sich nicht vorstellen. Und das klingt schon nach Vorwurf in Richtung von Schmid.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Foto: Mario Urbantschitsch.

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