Fußball

Spitz auf Knopf mit Eingreifen der Politik: Der grün-weiße Wahlkampf außer Rand und Band

Wohl noch nie in der Geschichte des österreichischen Fußballs hat ein Präsidentenwechsel so viel Aufsehen erregt  wie der am kommenden Montag bei Rapid. Erstmals in der 120 jährigen Klubgeschichte zwei Kandidaten und eine Kampfabstimmung. Davor ein Wahlkampf, der im Finish immer mehr außer Rand und Band gerät. Mit schweren versuchten Eingriffen aus der Politik, sprich aus dem Wiener Rathaus. Mit drei TV-Konfrontationen der Kandidaten Martin Bruckner und Roland Schmid, wodurch man fast Parallelen zum Nationalratswahlkampf ziehen könnte. Die Premiere vor eineinhalb Wochen bei Sky, letzten Montag bei Puls 4, zum Abschluss einen Tag vor der Generalversammlung im „Sport am Sonntag“ des ORF, womit man Zur gleichen Zeit läuft im Allianz-Stadion Rapids Heimspiel gegen Sturm Graz. Dessen Ausgang auf die Wahl wohl mehr  Einfluss haben wird als alle Konzepte der Kandidaten. Ein Sieg hilft Bruckner, jedes andere Resultat Schmid.

Zum „finanziellen Gewinner des Wahlkampfs avancierte das Schutzhaus zur Zukunft auf der Schmelz, auf der die Rapid-Ikone Hans Krankl regelmäßig als Sänger auftritt, gemeinsam mit Moni Beton für restlos ausverkaufte Abende sorgt: Dort bat Donnerstag die Liste Leitbild von Martin Bruckner zu ihrem einzigen Medientermin in Form eines Pressefrühstücks.  Donnerstag  Abend hatte auch das  Grün-Weiß von Schmid die Räumlichkeiten reserviert: Schmid und auf eigenen Kosten  Fangruppen ein, brachte sie teilweise mit Bussen aus der Umgebung Wiens in den 15.Bezirk, um ihnen bei Freibier und Gratiswürstel sein Team vorzustellen, sein Konzept zu erläutern. Erinnert fast etwas an den amerikanischen Wahlkampf mit versuchter „Beeinflussung“ der Wähler, um es höflich auszudrücken. Freitag Vormittag laden die acht Mitglieder der Liste  Schmid ebenfalls ins Schutzhaus. Zum letzten Check up. Also macht das Schutzhaus dreimal ein gutes Geschäft.

Im Finish des Wahlkampfs kann man fast schon eine Bilanz über die Fouls hinter den Kulissen ziehen, Die begannen irgendwie, als der Chef des Kuratoriums, Dietmar Hoscher, am 8.Mai die Mitglieder Susanne Schicker und Werner Muhm als Vertreter dieses Gremiums in das Wahlkomitee entsandte.Ohne andere Mitglieder vorher zu befragen, ob sie daran Interesse hätten. Erst nach seinem Vorschlag fragte Hoscher, ob es Einwände gäbe. Dann wartete er kurz ab, ehe alles für erledigt erklärt wurde. Das sind drei Personen aus dem Lager der Sozialistischen Partei. Im August verließ Roland Grüneis die Liste von Schmid, um eine eigene beim Wahlkomitee einzureichen, die nach SPÖ aussah. Mit der aktuelle AK-Präsidentin Renate Anderl und Thomas Waldner, der noch zum aktuellen Präsidium gehört, das der SPÖ nahestehende Donauinselfest organisiert. Anderl stand ursprünglich auf Bruckners Liste, teilte dam aber dann mit, dass ihr der Wiener SPÖ-Sportstadtrat Peter Hacker abgeraten habe, sich in die Rapid-Präsidiumswahl einzubringen. Wenig später stand sie auf der Liste von Grüneis, die sich inzwischen mit der von Schmid fusionierte.

Hacker soll auch Helmut Mitter, einen SPÖ-Vizebürgermeister aus Oberösterreich, den Obmann der Rechtshilfe Rapid, den die Mitglieder ins Wahlkomitee entsandten, zu einem Gespräch geladen worden sein. Mitter nahm die Einladung nicht an. Also meldete sich bei ihm später seinne SPÖ-Landesparteivositzende Brigit Gerstorfer mit schönen Grüßen von Wien Ex-Vizebürgermeisterin Renate Brauner und der Empfehlung für die Liste Grüneis zu stimmen. Mitter berichtete von diesen Versuchen im Wahlkomitee, noch bevor er es zur Vereinigung der Listen von Grüneis und Schmid kam. Die versuchten SPÖ-Interventionen dürften also ziemlich massiv gewesen sein. Mitter verhielt sich auch nicht sehr clever, als er nach der Entscheidung des Wahlkomitees, die Listen von Bruckner und Grüneis zuzulassen,  als Vertreter der „Ultras“ eine Wahlempfehlung für Bruckner abgab, die Schmid als Einzelaktion Mitters abqualiizierte. Zu den Fouls zählte auch die verbele Attacke von  Rapids Ehrenoräsident Rudi Edlinger. Dass er für Bruckner eintritt, ist legitim und sein gutes Rechts. Nur die Persoenn auf der Liste Schmid als „Glücksritter“ zu bezeichnen, das ging gar nicht.

Der Satz von Bruckner, von einem Wettbewerb der Ideen sei nicht mehr viel zu merken, vielmehr habe er den Eindruck, dass ein Wahlkampf gegen Rapids Interessen geführt werde, hatte sehr viel Wahres an sich. Bruckner stellte sich nochmals klar vor alle derzeit agierenden Mitarbeiter Rapid. Das galt in erster Linie für die Geschäftsführer Zoran Barisic und Christoph Peschek, aber auch für Trainer Didi Kühbauer, den Schmid vor einer Woche in Frage gestellt hatte. Die grün-weiße Legende Gerald Willfurth, der Mann für die Fußballkompetenz auf der Liste Leitbild, erklärte nochmals durchaus nachvollziehbar und vernünftig, wie er Rapids Weg in eine bessere Zukunft sieht. Stefan Singer, der Vertreter der Fans im Präsidium, der am Rapid-Leitbild mitgearbeitet hatte, meinte, ein Wahlsieg der Liste Schmid würde bedeuten, dass künftig Rapids Sponsoren im Präsidium die Oberhand hatten, quasi mit sich selbst verhandeln würden. Den  Vorwürfen der Liste Schmid, die geplante Nachwuchs-Akademie werde.  so wie sie  Bruckner plant, nicht gut und erfolgversprechend, widerprach Bruckner eindeutig und klar: „Wir finanzieren die Akademie aus Eigenmitteln, ohne finanzielle Abenteuer. Und sie wird trotzdem internationalen Maßstäben gerecht!“

Rapid hat rund 16.565 Mitglieder, etwas mehr als 9000 sind wahlberechtigt. Wer mitentscheiden will, muss sich anmelden, was nichts kostet, erhält eine Stimmkarte. Nach Stand vom Freitag werden Montag rund 2500 Mitglieder ab 19.30 den neuen Präsidenten wählen. Auf zwei Ebenen im Allianz-Stadion.   Wie die Tendenz aussieht?  „Es steht  Spitz auf Knopf“, behauptete der erfahrenen Fanvertreter Singer. Zwischen Bruckners  Devise „Evolution statt Revolution“ und Schmids Rufen nach Erneuerung.

 

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